Gelsenkirchen. Trotz oder gerade wegen Corona erreichen die Einsatzzahlen der Gelsenkirchener Feuerwehr einen neuen Rekordwert. So fällt die Bilanz für 2020 aus.

Corona hat über Wochen das öffentliche Leben nahezu zum Erliegen gebracht, dennoch registriert die Gelsenkirchener Feuerwehr erneut ein Rekordjahr. Im Vergleich zu 2019 sind die Einsatzzahlen im Jahr 2020 abermals gestiegen.

Einsatzrekord: Gelsenkirchener Feuerwehr rückt 44.390 Mal in 2020 aus

„Wir sind im vergangenen Jahr zu 44.390 Einsätze ausgerückt“, sagt Feuerwehrsprecher Carsten Jost. Das ist ein Plus von rund 0,5 Prozent. In normalen Jahren läge der Anstieg erfahrungsgemäß aber bei drei bis sechs Prozent. Wo liegen also die Ursachen dafür? Darin: 2020 war kein normales Jahr. Corona hat sich insofern bemerkbar gemacht, als dass das öffentliche Leben über Wochen und Monate nahezu zum Erliegen kam.

Allein die fehlenden Rush-Hours auf den Straßen täglich haben dazu geführt, dass die Retter „aufgrund zurückgegangener Unfalleinsätze zu rund acht Prozent weniger Hilfeleistungen“ (2020: 2083 Hilfseinsätze) eilten, wie Jost weiter erklärt. Ähnlich sieht es bei der Notfallrettung aus. Hier ging die Zahl der Einsätze um drei Prozent auf 25.906 zurück.

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Auffällig dagegen ist die deutlich gestiegene Zahl an Krankentransporten in 2020. Mit einem Plus von acht Prozent (15.099 Fahrten) ist in diesem Bereich erstmals die 15.000er-Marke geknackt worden. In der Nachschau führt das die Wehr auf diffuse Krankheitsbilder und unklare Diagnoselage zurück. Die Symptome bei Grippe oder Corona ähneln sich, erst ein Test schafft Klarheit. Aufgrund großer Verunsicherung haben viele Bürger zum Hörer gegriffen und den Notruf gewählt.

Vier Feuer- und Rettungswachen im Stadtgebiet

Üblicherweise zieht die Feuerwehr zu Jahresbeginn Bilanz, die Corona-Pandemie und die damit verbundenen Kontaktbeschränkungen und Hygiene-Maßnahmen hatten das verhindert.

Die Berufsfeuerwehr unterhält vier Feuer- und Rettungswachen im Stadtgebiet, dazu kommen acht Rettungswachen sowie drei Notarztstationen. Rund 360 hauptamtliche Feuerwehrleute arbeiten in Gelsenkirchen.

Dazu ist Feuerwehr wie kaum eine andere Einheit, Hilfsorganisationen inbegriffen, bestens ausgebildet und ausgerüstet, wenn es um ansteckende Krankheiten geht. Das macht den Zuwachs nachvollziehbar.

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„Schulschließungen, Homeoffice und auch Ausgangsverbote“ hatten zur Folge, dass sich das Leben auf die eigenen vier Wände konzentrierte. Mehr Menschen zuhause erhöhen das Risiko von Unglücksfällen daheim. Auch das schlägt sich in der Statistik der Feuerwehr nieder. „1302 Mal wurde 2020 ein Brandalarm gemeldet“, berichtet Carsten Jost weiter. Das ist ein Zuwachs von rund sieben Prozent. Parallel dazu hat sich die Zahl der Großbrände beinahe verdoppelt – sie stieg von vier auf sieben Prozent (+43 Prozent).

Statistik: Großbrandereignisse in Gelsenkirchen haben sich nahezu verdoppelt

Zahlenmäßig mögen das nicht viele sein, trotzdem verbergen sich dahinter jede Menge Schicksale. Zu den spektakulärsten Ereignissen in dieser Kategorie zählten „der Brand im Wohn- und Geschäftshaus an der De-La-Chevallerie-Straße in Buer im September und das Feuer in der Gewürzfabrik an der Achternbergstraße im Februar“, erinnert sich der Feuerwehrsprecher.

Immerhin, die sinkende Mobilität hatte auch etwas für sich: Sie zog ein Absinken der Personenschäden nach sich. Die Zahlen sind im Vergleich zu 2019 (siehe Grafik) deutlich eingebrochen, sie haben sich je nach Bereich meistens halbiert oder fast gedrittelt.

Nicht weniger in Atem hielten die Rettungskräfte die 1500 lichterloh brennenden Strohballen in einem Milchbetrieb im August in Resse sowie der Fund von hochexplosiven Pikrin-Resten im Oktober des vergangenen Jahres, ebenfalls im Stadtteil Resse. Das sind selbst die hinzugezogenen Spezialisten des Landeskriminalamtes enorm gefordert worden, den Stoff und sich unbeschadet aus der Wohnung zu schaffen. Der Giftstoff wurde später in einer gepanzerten Kugel auf ein Feld hinausgefahren und kontrolliert gesprengt.

Einsätze der Freiwilligen Feuerwehr Gelsenkirchen im Corona-Jahr 2020 gesunken

Das vergangene Corona-Jahr hat außerdem auch zu einem geänderten Arbeitsabläufen geführt, wie Carsten Jost erklärt. Der Sprecher meint damit einen „sensibleren Umgang bei Alarmierung“. Im Regelfall unterstützen Kräfte der Freiwilligen Feuerwehr ihre hauptamtlichen Kolleginnen und Kollegen. Darauf wurde nach Möglichkeit verzichtet, ohne die Einsatzbereitschaft zu gefährden. Ein Grund: Schutz vor langen Infektionsketten – auch wenn die Retter mit zu den früh geimpften Menschen gehörten.

Das Absinken der Einsatzzahlen der Ehrenamtlichen Brandbekämpfer von 459 auf 246 bedeutet einen Rückgang um rund 46 Prozent. Damit korrespondieren die Bereiche Brandeinsätze und Hilfeleistungen: Hier sank die Quote von 235 auf 111 (-53 Prozent) respektive von 224 auf 133 (-41 Prozent).

Und die Prognose für 2022? „Tendenziell wird die Zahl unserer Einsätze weiter steigen“, sagt Carsten Jost zum Abschluss.