Essen. . In der Affäre um finanzielle Verfehlungen bei den Essener Entsorgungsbetrieben hat Intermins-Chef Dirk Miklikowski einen, wie er findet, „strafbaren Vorgang“ gefunden: Die ungerechtfertigte Höhergruppierung von Ex-Betriebsratschef Thomas Altenbeck sei nachträglich „präziser“ begründet worden.

Der Skandal um die ungerechtfertigte Höhergruppierung von Betriebsräten bei den Entsorgungsbetrieben spitzt sich zu. Interims-Geschäftsführer Dirk Miklikowski berichtete am Dienstag auf WAZ-Anfrage von Untersuchungen, die klar darauf hindeuteten, dass die Personalakte des früheren Betriebsratsvorsitzenden Thomas Altenbeck gezielt frisiert worden sei. Der Zweck dabei sei gewesen, eine im Jahr 2010 vollzogene finanzielle Besserstellung Altenbecks nachträglich präziser zu rechtfertigen. Altenbeck hat die EBE mittlerweile im Rahmen eines Vergleichs verlassen und sich bereit erklärt, dem Unternehmen 50 000 Euro zurückzuzahlen. Berechnungen von Wirtschaftsprüfern zufolge hat er – über die Jahre aufaddiert – bis zu 150 000 Euro zu viel Gehalt bezogen.

Nach Angaben von Dirk Miklikowski habe sich das Frisieren der Akte so abgespielt: Mitte 2013, als der EBE-Skandal bereits Wellen schlug und Gegenstand von Untersuchungen und Recherchen war, sei der damaligen Geschäftsführung aufgefallen, „dass die ungerechtfertigte Höhergruppierung von Betriebsrat Altenbeck etwas dünn begründet war“, so Miklikowski. Man habe offenbar Sorge gehabt vor möglichen Folgen. „Dann begann die Manipulation.“ Der Aktenvermerk von 2010 sei im Juni 2013 herausgenommen und durch einen neuen ersetzt worden, der Altenbecks vermeintliche Qualitäten entsprechend stärker betont habe und mit dem man seine Versetzung in eine höhere Gehaltsgruppe besser glaubte begründen zu können.

Den Vermerk rückdatiert

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„Dabei ist gezielt der Eindruck erzeugt worden, dass es jener Originalvermerk ist, der schon 2010 in die Akten kam“, berichtet Miklikowski. Das heißt, man habe den neuen Vermerk rückdatiert und das gleiche Datum verwendet und den gleichen Stempel wie 2010 – und es hätten auch mit einer Ausnahme die gleichen Namen unter dem Text gestanden. „Unterschrieben haben der damalige Geschäftsführer Klaus Kunze, der EBE-Personalchef und der damalige stellvertretende Betriebsratsvorsitzende“, so Miklikowski. Eine Mitarbeiterin, die 2010 gegenzeichnete, sei 2013 nicht mehr bei der EBE gewesen.

Herausgekommen sei die mutmaßliche Manipulation so: „Ein EBE-Mitarbeiter, dem der Vorgang seltsam vorkam, hat zwei Kopien vom Ursprungsvermerk angefertigt und uns ausgehändigt. Das Original ist offenbar vernichtet worden, jedenfalls nicht mehr in der Akte auffindbar“, berichtet Miklikowski. Der Interims-Geschäftsführer, im Hauptberuf Vorstandschef des Allbau, wird in seiner Bewertung zu dem Vorgang sehr deutlich: „Ich gehe davon aus, dass wir es hier mit einem strafrechtlich relevanten Sachverhalt zu tun haben.“ Die juristische Beurteilung durch Fachleute sei allerdings noch im Gang.

Neuer Betriebsratsvorsitzender Adigüzel zurückgetreten

Mitte 2013 war Sadettin Adigüzel stellvertretender Vorsitzender des Betriebsrats, vor einigen Monaten folgte er Altenbeck als Vorsitzender des Arbeitnehmergremiums und als stellvertretender Vorsitzender des EBE-Aufsichtsrates nach. Lothar Grüll, der Essener Geschäftsführer der Gewerkschaft Verdi, und Miklikowski bestätigten der WAZ am Dienstag (14. Oktober) übereinstimmend: Adigüzel sei am Dienstag von beiden Ämtern zurückgetreten.

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Dass zwischen beiden Vorgängen ein Zusammenhang bestehe, bejahten Miklikowski und Grüll ebenfalls.

Wie sein Vorgänger Altenbeck war Adigüzel auf der Verdi-Liste in seine Ämter gekommen. Grüll sprach von einem „Fehler“, für den er nun geradestehen müsse.

„Ein Vertrauensbruch, der arbeitsrechtliche Konsequenzen haben muss.“

Für Miklikowski ist die Affäre damit nicht ausgestanden. „Das ist ein Vertrauensbruch, der arbeitsrechtliche Konsequenzen haben muss.“ Der beschuldigte Personalchef sei Beamter der Stadt Essen und sei an die EBE ausgeliehen worden. „Die Disziplinaraufsicht liegt in diesem Fall also bei der Stadt, mit der wir uns ins Benehmen setzen müssen.“

Auch bei Adigüzel behalte man sich eine arbeitsrechtliche Prüfung vor. Dem Vernehmen nach soll er aber – als Entgegenkommen für seinen Rücktritt – nicht entlassen werden, sondern an anderer Stelle im „Konzern Stadt“ unterkommen.