Essen. . Die Fahrdienst-Affäre der EBE für ehrenamtliche Bürgermeister mit SPD-Parteibuch reicht laut Christian Hülsmann (CDU) viel weiter zurück als bisher bekannt, und zwar bis ins Jahr 2006. Seine eigene Rolle hängt der ehemalige Personaldezernent der Stadt dabei tief.
Man lese und staune: Über Jahre haben die Entsorgungsbetriebe Essen (EBE) den Fahrdienst für ehrenamtliche Bürgermeister mit SPD-Parteibuch finanziert. Wie es dazu kommen konnte? Christian Hülsmann, ehemals Büroleiter von Oberbürgermeister Wolfgang Reiniger (CDU) und Personaldezernent der Stadt, hat in seinen Erinnerungen gekramt. Nicht ganz freiwillig, denn die SPD hat dieser Tage die Frage aufgeworfen, welche Rolle Hülsmann in dieser unangenehmen Geschichte eigentlich gespielt hat. Im Kommunalwahlkampf schlägt die Affäre längst Wellen, die SPD kommt in Erklärungsnot. „Ich lasse mich nicht mit Dreck bewerfen“, kontert Hülsmann und trägt zur Wahrheitsfindung folgendes bei:
Im Oktober 2006 habe Bürgermeisterin Annette Jäger (SPD) ihn „zwischen Tür und Angel“ auf dem Rathausflur angesprochen: Sie brauche dringend einen neuen Fahrer, EBE-Chef Klaus Kunze habe da jemanden, der dafür in Frage komme. Im städtischen Fahrdienst habe es damals offenbar einen Engpass gegeben, glaubt Hülsmann sich zu erinnern. Er habe Jäger empfohlen, sie solle sich den Fahrer ein paar Wochen ansehen. Sollte sie zufrieden sein, könne der Mann in den städtischen Fahrdienst wechseln. Mit EBE-Chef Kunze sei noch vereinbart worden, dass die Entsorgungsbetriebe die Probezeit nicht in Rechnung stellen. „Danach habe ich nichts mehr davon gehört“, betont Hülsmann.
EBE sind jährlich hohe Einnahmen entgangen
Augenscheinlich war Annette Jäger zufrieden, denn der Mann von der EBE blieb über die Probezeit hinaus ihr Chauffeur. Die Bürgermeisterin habe es aber verabsäumt, dies den zuständigen Dienststellen der Stadtverwaltung anzuzeigen. „Sie hat mich auch nicht angerufen“, so Hülsmann. Da die EBE auch nach Ablauf der Probezeit keine Rechnungen gestellt habe, sei niemandem aufgefallen, dass da etwas nicht sauber lief.
Hülsmann spricht im Rückblick von einem „Genossen-Deal“ zwischen der SPD-Bürgermeisterin und EBE-Chef Klaus Kunze, auch er ein SPD-Mann. Zu wessen Vorteil, bleibt offen. Dass der EBE jedes Jahr Einnahmen in fünfstelliger Höhe entgangen sind, liegt auf der Hand. Und wie steht es um seine Verantwortung als Personaldezernent? Ein Verwaltungsvorstand könne sich nicht „um jede Kleinigkeit“ kümmern, sagt Hülsmann.
Annette Jäger hat bestätigt, dass ihr Fahrer von der EBE kam. Mit der Frage, wer den Mann bezahlt hat, habe sie sich nicht befasst. Und überhaupt sei das alles ja schon Jahre her. Besagte „Kleinigkeit“ dürfte die Stadt nun wohl teurer kommen als jene 250.000 Euro, welche die Entsorgungsbetriebe rückwirkend für 2010 bis 2014 für den Chauffeur von Bürgermeister Rudi Jelinek (SPD) berechnet haben. Warum hat die EBE vier Jahre auch Jelineks Fahrer gestellt, ohne dies abzurechnen? Weil es so üblich war? Diese Frage bleibt bis auf weiteres unbeantwortet.