Essen. Kastanien, Pappeln und Platanen zählen zu den Sorgenkindern, denn Pilzerkrankungen setzen den Bäumen arg zu. 1000 Stämme müssen deshalb in den kommenden Monaten weichen. Ab Oktober geht es den, so der städtische Eigenbetrieb „Grün und Gruga“, „Risikobäumen“ an die Rinden.
Andernorts streifen Problembären durch die Wälder, in Essen sind Bäume das Problem: „Risikobäume“ nennt der städtische Eigenbetrieb „Grün und Gruga“ jene bedauerlichen Exemplare, die eine Gefahr für Menschen (oder Autos) darstellen und deshalb gefällt werden müssen. Etwa 1000 Straßenbäumen geht es deshalb in diesem Jahr an die Rinden. Ab 1. Oktober werden die Motorsägen angeworfen. Um Phantomschmerzen in der sensibilisierten Öffentlichkeit vorzubeugen, informiert „Grün und Gruga“ die Bezirksvertretungen frühzeitig darüber, wen es trifft.
Allen voran Kastanien, weiß- wie rotblühende, denen der Austernseitling und sein Kompagnon, der Winterrübling, derart zusetzen, dass befallene Stämme sehr schnell absterben. Der Stadt bleibe keine andere Wahl, als erkrankte Exemplare zu fällen, sagt Arne Thun, Baumexperte bei „Grün und Gruga“.
Auf Esskastanien umstellen
Wen es tröstet: Der städtische Eigenbetrieb experimentiert derzeit mit einer gelb blühenden Sorte, die unempfindlicher gegen Schädlinge zu sein scheint. Sollte sich diese Annahme wider Erwarten dennoch als falsch erweisen, wird „Grün und Gruga“ auf Esskastanien umstellen, die vom Pilzbefall nicht betroffen sind. So oder so: Für jeden Straßenbaum, der krankheitsbedingt weichen muss, wird, so versichert Arne Thun, ein neuer Baum gepflanzt, in der Regel an Ort und Stelle, wenn auch erst im kommenden Frühjahr.
Das gilt auch für Pappeln, die seit einem Urteil des Oberlandesgerichts Saarbrücken nicht nur in Essen unter Generalverdacht standen. In einem Richterspruch aus dem Jahr 2010 erklärte das Gericht Pappeln per se zur Gefahrenquelle, was den Verantwortlichen fürs Grün in dieser Stadt den Angstschweiß perlen ließ. Muss die Kommune doch zahlen, wenn jemand zu schaden kommt. „Leider hat das Gericht keinen Unterschied zwischen den verschiedenen Pappelarten gemacht“, bedauert Thun.
Platanen stehen unter besonderer Beobachtung
Lieb und teuer
1000 „Risikobäume“ sollen in den kommenden Monaten gefällt werden. Das mag man bedauern, aber die Zahl relativiert sich schnell angesichts von 188.000 Bäumen, die in dieser Stadt entlang von Straßen Wurzeln schlagen.
Dennoch: Getrieben von Gerichtsurteilen, die einer Vollkasko-Mentalität Rechnung tragen, schien es zuletzt, als sei die Stadt mit der Säge allzu schnell bei der Hand. Da tröstet es zu hören, dass für jeden Baum, der weichen muss, ein neuer Baum gepflanzt wird. Schön, dass die Stadt sich das noch leisten kann.
Die befürchtete Fällorgie fiel dennoch aus; ohnehin beträgt der Anteil der Pappeln am Straßenbaumbestand nur etwa fünf Prozent. „Grün und Gruga“ beschränkte sich auf Hybridpappeln an Kitas und Kinderspielplätzen. Exemplare an Straßen, so etwa an der Hafenstraße und an der Twentmannstraße, sollen nun genauer unter die Lupe genommen werden.
Apropos: Unter besonderer Beobachtung stehen weiterhin Platanen. Die Massaria-Erkrankung greift bei älteren Exemplaren nach wie vor um sich. Davon befallen, neigen Platanen dazu, selbst schwere Äste ohne große Vorwarnung „abzuwerfen“. Für „Grün und Gruga“ bedeutet dies, dass die Bäume in einem Rhythmus von vier Monaten begutachtet werden. Zum Vergleich: Junge und deshalb mutmaßlich gesunde Bäume werden turnusgemäß im Abstand von drei Jahren auf Bruch- und Standsicherheit hin untersucht. Bei der großen Mehrheit der Straßenbäume fällt das Urteil der Baumdoktoren übrigens positiv aus.