Essen. . Der Essener Sportbund (Espo) und seine Mitglieder betreiben stadtweit 23 Sport- und Gesundheitszentren mit jährlich 8,7 Millionen Euro Umsatz. Sie profitieren von der sich verändernden Sportlandschaft und vom demografischen Wandel.

Die Menschen in der Stadt fit zu halten, ob in jungen Jahren oder im hohen Alter, ist dem Essener Sportbund (Espo) seit jeher eine Herzensangelegenheit. 23 Sport- und Gesundheitszentren (SGZ) betreiben er und seine Mitgliedsvereine stadtweit und erzielen damit einen Umsatz von jährlich fast neun Millionen Euro. Da, wo früher ein paar Matten, Bänke, Medizinbälle und Springseile ausgereicht haben, findet der Bürger heute modernste Sportgeräte, umfassende Kursangebote, Therapeuten und Mediziner – in Zentren, die mit jedem guten Fitnessstudio mithalten können.

„Der Sport wird häufig reduziert auf ‘Schneller, höher, weiter’ – und das nicht nur im Bereich des Leistungssports, sondern auch im Breitensport. Doch Sport ist mehr“, betont Espo-Vize Jochen Sander. Die Bewegungsmuster und Erfordernisse der Menschen hätten sich in den vergangenen 25 Jahren stark verändern, der demografische Wandel leiste seinen Beitrag dazu. Espo-Geschäftsführer Wolfgang Rohrberg räumt mit einem weiteren Irrglauben auf: „Fußball ist nicht mehr König unter den Sportarten, sondern Fitness.“ So habe die Zahl der Fitnesssportler in Essen die der Fußballer lange überschritten. „Sport verändert sich heftig und massiv“, so Rohrberg.

„Neu“ muss nicht „teuer“ heißen

Der Espo profitiere von dieser sich wandelnden Sportlandschaft. Man habe frühzeitig darauf gesetzt, neue Wege zu beschreiten und eine, so Sander, „bewegungsanregende Infrastruktur“ für die Stadt zu entwickeln. „Neu“ müsse dabei aber nicht immer gleich „teuer“ bedeuten. Sander: „Wenn sich Bewegungsmuster verändern, gerade im Alter, brauchen wir nicht unbedingt noch mehr teure Normturnhallen oder Sportplätze, sondern andere Orte, an de­nen wir Sport treiben können. Die können auch in einer ehemaligen Fleischerei oder Bäckerei unterkommen.“ Dass das Netz von Sport- und Gesundheitszentren in Essen „landesweit und höchstwahrscheinlich in ganz Deutschland einmalig ist“, sagt Bärbel Dittrich, Vize-Präsidentin des Landessportbunds NRW.

Wolfgang Rohrberg
Wolfgang Rohrberg © Herbert Höltgen

Das Angebot in den Zentren sei von hoher Qualität und flächendeckend, „damit heben wir uns von anderen Anbietern ab“, betont Wolfgang Rohrberg. Und das als gemeinnütziger Anbieter, der seine Gewinne zu Gunsten der Allgemeinheit wieder in seine Angebote investiere. Rohrberg: „Wenn Private beklagen, wir würden ihnen den Markt wegnehmen, ist das falsch. Der Sportmarkt war zuerst da, wir waren zuerst da. Die Privaten haben in den vergangenen Jahren nur aufgegriffen, was wir schon seit Jahrzehnten und teilweise über 100 Jahre machen.“ Und so kämen auch viele Essener im Alter von 60, 70 oder 70 plus in die SGZ, um fit zu bleiben. Rohrberg: „Denn sie kennen und vertrauen uns und wissen, was wir ihnen bieten und was sie von uns erwarten können. Der junge, dynamische Ältere will schließlich ganz normalen Sport machen, keinen Hochleistungssport.“

Dass der Espo Betriebskostenzuschüsse von der Kommune erhält, verschweigen Sander und Rohrberg nicht. „Dafür halten wir die Bäder offen, machen sie Schulen und der breiten Öffentlichkeit zugänglich. Außerdem sind das Gelder, die die Stadt sonst auch bezahlen müsste.“ Als „Leistungsempfänger“ sehe man sich nicht, schließlich fließt ein Teil zurück in die Stadtkasse. So etwa in Rüttenscheid: „Früher wurde der Blumenhof in der Gruga hoch subventioniert. Heute ist ,Kur vor Ort’ profitabel und kein Subventionsbetrieb mehr – im Gegenteil, wir zahlen der Stadt sogar Miete.“

Sauna-Angebote sind vor allem bei den Damen beliebt

Rehasport, ein modernes Fitnessstudio, ein Sauna-Wellnesspark und ein umfangreiches Kursangebot erwartet die SGZ-Besucher in Altenessen, in der Alten Badeanstalt. Dort haben 70 Prozent der Gäste eine Zuwanderungsgeschichte. Beim weiblichen Geschlecht sei vor allem das Sauna-Angebot beliebt. „Viele muslimische Frauen kommen zu uns, um zu saunieren. In dieser Zeit dürfen natürlich keine Männer in den Saunabereich“, betont Geschäftsführer Arndt Zengerle. Ob Zumba-, Joga- oder Aerobic-Kurse, der Trend und die Nachfrage bestimmten das Angebot. Man schwimme mit im Strom und könne sich jederzeit anpassen. Gegründet wurde das Zentrum 1998 mit drei ABM-Kräften. Heute hat das Haus mehr als 30 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte.

Angebote in Pantoffelnähe 

„Sehr gut“ komme auch das SGZ des TVG Holsterhausen bei den Menschen im Stadtteil an, berichtet der Vereinsvorsitzende Peter Wehr. Neben Kursen wie Spinning, Sport in der Schwangerschaft, speziellen Angeboten für Kinder und Jugendliche und natürlich Fitnessgeräten jeglicher Art gehören auch Ernährungsberatung und Reha-Sport zum Angebot im SGZ, das in einer ehemaligen Metzgerei zu Hause ist. „Es ist ein kleines, sehr feines GSZ. Im Stadtteil besitzt es eine hohe Gemeinnutzfunktion“, so Rohrberg.

 Sportfachkraft Nanni Pottbrock
Sportfachkraft Nanni Pottbrock © Herbert Höltgen

Und weil man die sich wandelnde Sportlandschaft und die sich ändernden Bedürfnisse der Bürger stets vor Augen habe, kommt nun ein weiteres Angebot „in Pantoffelnähe“ hinzu, wie Peter Wehr vom TVG Holsterhausen betont. In einem umgebauten Ecklokal widmet der Verein sich künftig täglich bis zu zwölf Menschen mit beginnender Demenz. „Wir haben festgestellt, dass immer mehr Menschen im Stadtteil hoch betagt sind, alleine leben und eine beginnende Demenz haben. Auch sie wollen wir erreichen.“ Von morgens bis abends kombiniert der Sportverein künftig Gemeinschaftsaktionen wie Kochen oder Gedächtnistraining mit sportlichen Aktivitäten. Wehr: „Wir wollen auch Menschen mit Demenz fit halten und ihnen das Gefühl geben, mitten im Leben zu sein.“

Fast 30.000 Sportler besuchen pro Woche Kurse in den SGZ

Die Kursangebote der SGZ werden von fast 30.000 Sportlern pro Woche genutzt, davon sind gut 70 Prozent Frauen und etwa 7.000 Mitglied in einem der Espo-Vereine. Insgesamt sind 135.000 Essener in Sportvereinen organisiert. 5.000 Menschen besuchen pro Woche das Sportstudio in ei­nem der 23 SGZ, 5.500 machen bei Rehasportangeboten mit.

Das Sport-und Gesundheitszentrum in der
Das Sport-und Gesundheitszentrum in der "Alten Badeanstalt". © Herbert Höltgen

919 Menschen arbeiten in einem oder für eines der Sport- und Gesundheitszentren: 69 in Voll-, 50 in Teilzeit, 140 in geringfügiger Beschäftigung; sieben gehen dort in die Lehre, 660 sind als Honorarkräfte tätig. Zudem gibt es 70 Ehrenamtliche.

Der Jahresumsatz aller Essener Sport- und Gesundheitszentren liegt bei 8,7 Millionen Euro, darunter 695.000 Euro Betriebskostenzuschüsse, die zumeist für die Schwimmbäder verwendet werden, die von Vereinen, Interessengemeinschaften oder dem Espo über seine eigens dafür gegründete Essener Sport-Betriebsgesellschaft geführt werden.

Zu diesen Bädern zählen das Friedrichsbad, die Alte Badeanstalt, das Nordost-Bad, das Bad am Südpark sowie die Stadtbäder in Borbeck, Kupferdreh und Werden. Neben dem Kursbetrieb an Land und im Wasser werden diese Bäder zusätzlich genutzt von Schulen (178.000 Stunden), Vereinen (134.000 Stunden) sowie der Öffentlichkeit (153.000 Stunden). Dies geht aus dem Bädergutachten 2008 hervor.

Die Essener Sport- und Gesundheitszentren im Überblick 
23 Sport- und Gesundheitszentren gibt es in der Stadt, die grün markierten betreibt der Essener Sportbund selbst.
23 Sport- und Gesundheitszentren gibt es in der Stadt, die grün markierten betreibt der Essener Sportbund selbst. © Faber

Die Essener Sport- und Gesundheitszentren (SGZ) bieten für jeden Sportinteressierten Kurs-, Präventions- und Rehabilitationsangebote in den einzelnen Stadtteilen an. Die Broschüre „Sport – Mein neuer Kurs“ bietet einen Überblick der Angebote, sie ist im Internet unter www.essener-sportbund.info zu finden. Hier alle Zentren im Überblick: