Holsterhausen. . TVG Holsterhausen baut eine ehemalige Bäckerei zu einem Treffpunkt für Menschen mit leichter Demenz um. Nach den Osterferien soll die Tagesbetreuungseinrichtung, die vom Gesundheitsministerium NRW gefördert wird, eröffnet werden.

Das Projekt, das die Turnvereinigung Holsterhausen (TVG) gerade realisiert, dürfte in NRW einzigartig sein: Der im Stadtteil gut vernetzte Sportverein baut gerade eine ehemalige Bäckerei in unmittelbarer Nähe des Sport- und Gesundheitszentrums an der Keplerstraße zu einer Tagesbetreuungseinrichtung für Hochbetagte und Menschen um, die unter leichter Demenz leiden. Der Umbau ist fast abgeschlossen, nach den Osterferien soll die Eröffnung sein. „Wir haben den ehemaligen Verkaufsraum zum Bewegungs- und Mehrzweckraum umgestaltet, die Wohnung nebenan wird Gemeinschaftsraum mit Küche und Bädern“, erklärt Peter Wehr, Vorsitzender von TVG Holsterhausen.

Sein Sohn Tobias Wehr (29), studierter Betriebswirt, wird die Einrichtung leiten und voraussichtlich mit zwei weiteren hauptamtlichen, mehreren ehrenamtlichen Kräften sowie Schülerpraktikanten die Senioren betreuen. „Ganz bewusst haben wir den Charakter einer normalen Wohnung erhalten, denn die Menschen sollen sich ja heimisch fühlen“, erläutert Peter Wehr.

Im Gegensatz zu anderen Treffpunkten für Demenzkranke, wo man oft beim Kaffee zusammensitze, gehe es TVG als Sportverein um ein Betreuungsangebot mit Bewegung sowie die Anbindung an das benachbarte Gesundheitszentrum. Die Wirkung von Sport bei Demenzerkrankungen müsse stärker beachtet werden. Auch Aktivitäten im Freien seien geplant.

Die Senioren können je nach Bedarf stundenweise kommen oder auch ganze Tage in der Einrichtung verbringen. „Manchmal hilft es ja schon, wenn die Angehörigen mal einen Tag in der Woche entlastet werden“, so Peter Wehr. Rund anderthalb Jahre wurde an dem Konzept gefeilt. Der Projekt wird von Gesundheitsministerium NRW und den Pflegekassen gefördert und läuft über drei Jahre. Danach muss der Verein TVG die Finanzierung komplett selbst übernehmen. Schon jetzt denke man deshalb über alternative Finanzierungsmöglichkeiten wie Fundraising nach. Zusätzlich zu den Zuschüssen für Umbau und Einrichtung in Höhe von 40 000 Euro habe der Verein noch mal eine ähnliche Summe investiert.

Für die Tagesbetreuung steht eine Fläche von 120 Quadratmetern zur Verfügung. „Gleichzeitig können wir zehn Leute betreuen, insgesamt natürlich mehr, da ja nicht alle jeden Tag und von morgens bis abends herkommen“, sagt Tobias Wehr. Zehn Euro pro Stunde werde man wohl für die Betreuung nehmen. „Wer keine Pflegestufe, aber die ärztliche Diagnose Demenz hat, hat Anspruch auf 225 Euro Sachmittel im Monat, die man auch für niedrigschwellige Angebote wie dieses nutzen kann“, sagt Peter Wehr, der mit den Ärzten der Umgebung zusammenarbeitet.

Durch die beiden getrennten Bereiche lassen sich in der Betreuungseinrichtung Bewegung und normaler Alltag verbinden. Die Besucher können gemeinsam einkaufen, kochen und essen, sich unterhalten, spielen, Filme sehen, handarbeiten und vieles mehr.

Ein spezielles Beleuchtungssystem mit Tageslichtspektrum soll mit höherem Blauanteil morgens wachmachen und aktivieren, im Laufe des Tages mit zunehmendem Rotanteil die Senioren zum Abend hin zur Ruhe kommen lassen - also den natürlichen Biorhythmus unterstützen.

Auch der gelbe Bodenbelag weist Besonderheiten auf: Es sind keine Fugen und damit keine Schatten zu erkennen, die Fußleisten sind wie die Wände weiß. „Man hat festgestellt, dass Menschen mit fortgeschrittener Demenz bei Schatten auf dem Boden Angst haben, sich frei zu bewegen, weil sie glauben, der Boden sei nass. Und wenn sie glauben, der Boden krabbele die Wände hoch, bekommen sie Angstzustände“, erläutert Peter Wehr die Besonderheiten im Umgang mit Demenzpatienten. Bodenhaftung sei von elementarer Wichtigkeit.

Der Bewegungsraum lässt sich bei Bedarf problemlos in einen Entspannungs-, Kino- oder Seminarraum verwandeln. In der Wohnung gibt es einen Beratungsraum sowie zwei barrierefreie Duschen.