Essen. . Klausuren im Gemeindesaal, Zeugnisse in der Grugahalle – der doppelte Abi-Jahrgang erfordert eine andere Organisation als gewohnt. Für die Gymnasien bedeutet dies gewissermaßen Ausnahmezustand. Doch für Engpässe bei Räumen und Personal hat man bereits Lösungen parat, um den Ansturm zu meistern.

Nicht nur für die Schüler, auch für die Schulen ist das anstehende Abitur eine Prüfung, und zwar organisatorischer Art. Knapp 3.500 junge Männer und Frauen treten an den Essener Gymnasien diesmal an – 1.500 mehr als im vergangenen Jahr. Die einen gehören an ihrer Schule zum meist letzten Jahrgang, der das Abitur noch nach neun Jahren erlangt, die anderen schon zur ersten G8-Generation. Das einmalige Zusammentreffen bringt räumliche und personelle Herausforderungen mit sich, manchmal sogar modische, doch dazu später.

„Der doppelte Jahrgang bedeutet wohl tatsächlich den doppelten Aufwand“, sagt Udo Brennholt, Leiter des Nord-Ost-Gymnasiums. Etwa 170 Schüler möchten dort ihren Abschluss machen. Schon 100 sind für die Altenessener Schule unter normalen Umständen viel. Vor allem bei der Abnahme der mündlichen Prüfungen könne es personell schwierig werden, „zumal wir im Ganztagsbetrieb auch am Nachmittag Unterricht haben“. Deshalb wird man wahrscheinlich davon Gebrauch machen, dass die Bezirksregierung den Gymnasien zusätzliche unterrichtsfreie Tage erlaubt. Statt wie sonst an nur einem Tag, dürfen die jüngeren Schüler während der mündlichen Prüfungen zwei Tage zu Hause bleiben (siehe Infokasten).

Altbewährte Variante

So wie das Nord-Ost-Gymnasium wollen es die meisten betroffenen Schulen halten. Doch nicht nur als Prüfer, auch als Aufsicht während der Klausuren werden Lehrer gebraucht. Am Goethe-Gymnasium mit seinen 183 Abiturienten hat man sich deshalb „auf eine altbewährte Variante verständigt“, sagt Schulleiterin Vera Bittner: „Wir werden Klausuren in der Aula schreiben lassen.“ Bis zu 135 Prüflinge finden dort Platz. „Ansonsten bräuchten wir so viele Lehrer zur Aufsicht, dass wir den restlichen Unterricht vergessen könnten.“

Auch die Abiturienten des Gymnasiums Überruhr werden sich bei mancher Klausur in größerer Runde wiederfinden, und zwar im Gemeindesaal der evangelischen Kirche. Am GEÜ ist die schiere Platznot Grund dafür. „So viele Räume haben wir gar nicht, als dass wir alle Klausuren in der Schule schreiben lassen könnten“, sagt Leiterin Gabriele von Heymann, die für dieses Jahr 206 Abiturienten meldet, wo sonst 100 bis 110 zu betreuen sind.

Entlassfeier auswärts – oder in zwei Durchgängen 

Nun haben sich die Gymnasien in den vergangenen eineinhalb Jahren bereits an die Notwendigkeiten einer großen Oberstufe gewöhnen können. „Das letzte Stück schaffen wir auch noch“, sagt Stefan Uhlmann, stellvertretender Leiter des Carl-Humann-Gymnasiums. Beinah schwieriger als die Organisation der Prüfungen sei die Planung der Zeugnisvergabe und – für die Schüler – des Abi-Balls gewesen.

In Ermangelung einer Aula weicht das Humann-Gymnasium sonst in den Festsaal der Franziska-Christine-Stiftung aus. Geschätzte 550 Gäste finden aber auch dort keinen Platz, deshalb geht es nun ins „Hotel Franz“ des Franz-Sales-Hauses.

Noch eine Nummer größer fällt die feierliche Zeugnisvergabe des B.M.V.-Gymnasiums mit seinen 250 Abiturientinnen aus – für die erwarteten 1.200 Gäste hat man die Philharmonie gebucht. Das Goethe-Gymnasium hält seine Entlassfeier in der Grugahalle ab und schließt den Abi-Ball gleich mit an. „Das Gute ist: Man braucht nicht mehr zwei Kleider“, scherzt Schulleiterin Bittner.

Vier Kleider bräuchte dagegen Gabriele von Heymann vom GEÜ, wollte sie bei jeder Zeugnisvergabe und jedem Abi-Ball in neuer Robe erscheinen. Für eine gemeinsame Zeugnisvergabe gibt es in der Schule keinen ausreichend großen Saal, deshalb bekommen G8- und G9-Schüler ihre Entlasszeugnisse in zwei Durchgängen, und auch den Ball feiern sie separat.

Bezirksregierung kommt Gymnasien entgegen

An den 23 Gymnasien in der Stadt wollen diesmal 3.487 Schüler Abitur machen, vergangenes Jahr waren es 2.028. An den Gesamtschulen, die am Abitur nach neun Jahren festhalten, bleibt die Zahl entsprechend konstant. Die acht Standorte verzeichnen 557 Prüflinge (2012: 510). Insgesamt steigt die Zahl der Abiturienten in Essen damit von 2.538 im Jahr 2012 auf 4.044 in diesem Jahr.

Die Bezirksregierung Düsseldorf kommt den Gymnasien bei der Bewältigung der Ausnahmesituation ein Stück weit entgegen. In der Regel geben die Schulen den übrigen Jahrgängen wegen der mündlichen Prüfungen einen Tag frei. „Je nach individueller Situation liegt es in der Verantwortung der Schulen, ob ein weiterer Studientag erforderlich ist“, so Volker Klagges von der Bezirksregierung. An mancher Schule seien bis zu 50 Schüler in einem Fach zu prüfen, „das ist an einem Tag nicht durchführbar“.

Viele Gymnasien wollen auf das Angebot zurückgreifen, so dass für die jüngeren Schüler um den 1. Mai herum ein sehr langes Wochenende entstehen wird. Die Schulleiter betonen freilich, dass es sich um Studien-, nicht um Urlaubstage handelt.