Essen. In diesem Jahr droht der doppelte Abiturjahrgang die Kapazitäten der Unis zu sprengen. Auch an der Uni Duisburg-Essen werden ab dem Wintersemester fast alle Studienfächer zulassungsbeschränkt. Die Schüler der Abiturjahrgänge spüren den Druck, einen möglichst guten Abschluss zu machen.

Man kann inzwischen den Eindruck bekommen, sich wahlweise mitten im Krieg oder im Angesicht einer Naturkatastrophe zu befinden, wenn vom doppelten Abiturjahrgang die Rede ist. Der werde für einen „Ansturm“ auf die Universitäten sorgen, hört man stets. Von einer „Monsterwelle“, die auf die Hochschulen zurollt, schrieb jüngst eine große Tageszeitung.

Nun sind wir hier von Tsunamis und bewaffneten Konflikten glücklicherweise weit entfernt, aber es stimmt ja: Die Universitäten müssen sich überlegen, wieviel der zusätzlichen Nachfrage sie bedienen können, ohne unzumutbare Lernbedingungen zu schaffen. Auch vor Ort sieht man sich deshalb gezwungen, den Graben ein bisschen tiefer zu machen. Abgesehen von wenigen Ausnahmen werden an der Uni Duisburg-Essen demnächst wohl alle Fächer mit einem Numerus Clausus belegt werden.

NC bislang bei der Hälfte der Fächer

Bislang ist rund die Hälfte der 117 grundständigen Studiengänge zulassungsbeschränkt. Vor allem in den Lehramtsfächern ist der Andrang schon seit langem groß. Die NCs an der Universität Duisburg-Essen lagen im vergangenen Jahr zwischen 1,5 für das Lehramtsstudium Biologie an Gymnasien oder Gesamtschulen und 2,7 für das Bachelor-Studium der Volkswirtschaftslehre oder zum Kulturwirt. Viele andere Studiengänge waren gänzlich offen.

Studis reden Klartext

Cem (28), 8. Semester VWL:
Cem (28), 8. Semester VWL: "Am Anfang waren die Vorlesungen total überfüllt. Und manche Klausuren können nur einmal jährlich geschrieben werden, nicht einmal pro Semester. Da verliert man viel Zeit. Dafür ist die PC-Ausstattung in der Bibliothek gut." © WAZ FotoPool
Simon (30), 6. Semester WiWi:
Simon (30), 6. Semester WiWi: "Das Bachelor-Studium lässt keinen Platz für etwas anderes. Man muss kontinuierlich lernen, auch am Wochenende, auch abends. Aber ich habe es so gewollt, aus meinem früheren Beruf als Bankkauffrau wollte ich ‘raus." © WAZ FotoPool
Mneg (22), studiert Germanistik in Peking:
Mneg (22), studiert Germanistik in Peking: "Ich bin seit Herbst 2010 hier als Austausch-Studentin. Mir gefällt die Uni gut. Die meisten Kommilitonen sind nett. Also, fast alle. Am besten finde ich die Mensa, das Essen ist spitze." © WAZ FotoPool
Japeth (34), 6. Semester WiWi:
Japeth (34), 6. Semester WiWi: "Ich bin Vater einer Tochter. Ich habe sie hier an der Uni im Kindergarten. Das ist super. Wäre die Uni nicht so familienfreundlich, hätte ich nicht noch studieren können. In Kamerun habe ich früher in einer Bank gearbeitet." © WAZ FotoPool
Malte (25), studiert Primarstufe (Grundschul-Lehramt):
Malte (25), studiert Primarstufe (Grundschul-Lehramt): "Eigentlich nervt mich gar nichts an der Uni. Ich hätte ganz gern Lehramt nach dem Bachelor-/Master-System studiert, aber das fängt ja erst im Herbst an. Das Verschulte fände ich gut." © WAZ FotoPool
Jörn (23), Lehramt Sport und Mathe:
Jörn (23), Lehramt Sport und Mathe: "Ich bin froh, dass ich noch das Lehramt-Studium nach alter Art studieren kann. Ich habe mich auch extra darum bemüht, das war für die Wahl des Studienorts entscheidend." © WAZ FotoPool
Yeter (23), 6. Sem. Lehramt Germanistik:
Yeter (23), 6. Sem. Lehramt Germanistik: "Die Toiletten sind eine Zumutung. Die meisten sind sanierungsbedürftig, dreckig und kaputt. Die Türen kann man oft nicht schließen. Gut sind nur die neuen Klos im Audimax." © WAZ FotoPool
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Dabei wird es nicht bleiben können, so Uni-Sprecherin Beate Kostka. „Wir werden im Wintersemester 2013/2014 voraussichtlich alle Studiengänge nur noch zulassungsbeschränkt vergeben können.“ Davon ausgenommen sind lediglich einige internationale Ingenieur-Studiengänge. Die Uni verweist darauf, sie habe bereits in den vergangenen Semestern erhebliche Zusatzbelastungen geschultert und deutlich mehr Studenten angenommen als mit dem Land vereinbart. Trotz Beschränkung wird die Hochschule zum Wintersemester wohl die 40.000 Studenten-Marke knacken. Derzeit studieren 39.000 Männer und Frauen an der Uni Duisburg-Essen.

Schülervertreter: „Der Druck steigt“

Bei den Abiturienten ist selbstverständlich längst angekommen, dass es beim Wettbewerb um die Studienplätze eng werden wird. „Der Druck ist gestiegen“, sagt Max Reinhard von der Essener Bezirksschülervertretung, der selbst in diesem Jahr das Abitur macht. „Viele gucken längst, mit welchem NC sie rechnen müssen und überlegen, wie sie den schaffen.“ Wer eigentlich gern in der Region bleiben möchte, habe diesen Plan oftmals abgehakt.

Nicht nur Universitäten vor Ort in Betracht zu ziehen, dazu raten auch die Abiturienten-Berater der Essener Arbeitsagentur dringend. „Hier im Ballungsraum ist die Zahl potenzieller Studenten besonders groß“, so Agentursprecherin Katja Hübner. Ein Trend der vergangenen Jahren dürfte sich deshalb unvermindert fortsetzen: das Studium im Ausland und insbesondere in den benachbarten Niederlanden. „Dort gibt es meistens gar keinen NC.“