Essen. . Bei den Azubi- und Studientagen in der Messe Essen haben sich am Wochenende unter regionale Anbieter auch manche Exoten gemischt, mit verschiedenen Werbebotschaften für ihre Sache. Unis und Firmen buhlen um die Essener Jugend. Auch Ausbildung oder Studium abseits der Heimat sind Thema.
Das Ende der Schulzeit naht, die berufliche Zukunft muss geplant werden – umso mehr, da 2013 zwei Abiturjahrgänge auf die Jagd nach Ausbildungs- und Studienplätzen in der Region gehen. Ist die Nachfrage in Essen und Umgebung höher als das Angebot, lohnt vielleicht der Blick in die Ferne: Ostdeutschland, Schweiz, Niederlande oder doch lieber Österreich? Bei den Azubi- und Studientagen in der Messe haben sich am Freitag und Samstag unter regionale Anbieter auch manche Exoten gemischt, mit verschiedenen Werbebotschaften für ihre Sache. Am Ende zieht es aber doch viele Interessierte zu den renommierten Großbetrieben – vor Ort.
Hüben oder doch lieber drüben?
„Wirtschaftsregion mit Zukunft“ steht an einem Stand am Ende der Halle 1 geschrieben. Mitunter irritiert schauen junge Besucher, Mutti oder Vati im Schlepptau, und winken ab. Nicht etwa das Ruhrgebiet ist gemeint, nein, die „Impulsregion Erfurt-Weimar-Jena“. Jobs in der optischen Industrie, in der Logistik und ein Studienplatzangebot mit optimalen Lernbedingungen wirken auf den ersten Blick sehr anziehend, wäre da nicht die Geografie.
„Die meisten wissen gar nicht, wo wir liegen“, sagt die nette Mitarbeiterin dialektfrei. Im vermeintlichen „nahen“ Osten („Wir liegen genau in der Mitte Deutschlands“) dreht man daher erstmal am großen Rad – ein Glücksrad. Hemmnisse bei den Jugendlichen sollen mit der vielversprechenden Verlosung eines „iPad3“ ausgeräumt werden. „Wir machen auf unsere Region aufmerksam. Die Arbeitslosenquote liegt unter sechs Prozent, es herrscht Fachkräftemangel“, zählt die Vertreterin auf. Auf der Wand hinter ihr steht eine Auflistung mit Lehrstellen. In Klammern dahinter die Zahl der gesuchten Kandidaten – wenn das kein Argument ist?! Für die weibliche Jugend zückt die Mitarbeiterin gerne noch ihre Geheimwaffe: ein Plüschtier für den Schlüsselbund, das angeblich aussieht wie ein thüringischer Kartoffelkloß. Die vielen kleinen Geschenke auf der gesamten Messe wirken überbordend, der Begriff Materialschlacht wäre noch untertrieben. Um beim Kloß zu bleiben: Man kocht eben nur mit Wasser.
Messer vermittelt eine Vorstellung
Bei Regula Stohr gibt es dagegen nichts „abzustauben“. Die Züricherin informiert Besucherin Melina über die Möglichkeiten bei der „Swiss Education Group“, einem Verbund von fünf Schulen im Bereich Tourismusmanagement mit Büro in Köln. Die 16-jährige Bocholderin weiß noch nicht, was sie später mal machen möchte. „Durch die Messe bekommt man zumindest eine Vorstellung.“ Hotelmanagement und die Fluglotsenausbildungen haben einen ersten guten Eindruck hinterlassen – obwohl die Infos der Schweizer Vertreterin harte Kost sind. „90.000 Euro kostet ungefähr die Ausbildung im Bachelor. Die Unterkunft ist natürlich dabei“, berichtet Stohr.
Ihr Programm sei eben nicht kostenlos, daher wolle man nicht durch Geschenke die falsche Klientel an den Stand locken. „Die Schweizer Schule hat Tradition“, betont sie. Internationales Umfeld, englischsprachige Ausbildung und Kontakte zu Hotels und Touristikfirmen weltweit nennt sie als Argumente. Eine Antwort auf die Finanzierung gibt sie nicht. „Pro Jahr haben wir 40 bis 50 Studenten aus Deutschland.“ Man schätze die gute Allgemeinbildung der deutschen Bewerber und ihre Fähigkeit zum selbstständigen Arbeiten. Trotz des hohen Preises ist sie mit dem Zuspruch zufrieden: „Es läuft ganz gut.“ Ein vermehrtes Interesse durch den doppelten Abi-Jahrgang in NRW verspüre sie nicht.
Eltern sind ein Motor für die Suche
Wem das Schweifen in die Ferne schlicht zu teuer oder unangenehm erscheint, landet früher oder später beim schmucken Stand des Energieversorgers RWE. Hier können sich die Interessenten für die Lehrstelle abstrampeln: auf einem Fahrrad, das je nach Antriebskraft des Dynamos verschiedene Haushaltsgeräte im Schaukasten elektrisch versorgt. Davor steht auch René aus Kettwig. „Ich interessiere mich für ein duales Studium, so Richtung Wirtschaft,“ sagt der 18-Jährige. Das bringe etwas, meint er und widmet sich wieder der RWE-Vertreterin.
Seine Mutter Sabine beobachtet das Ganze. „Ich bin der Motor dahinter“, meint sie offen. Der eine gehe mehr, der andere weniger aktiv auf Jobsuche. Die schwierige Entscheidungsfindung kann sie selbst nachvollziehen: „Es gibt so viel Auswahl. Wenn man dann selbst noch nicht weiß, was man will...“