Essen. . Täglich werden gut 330.000 Fahrgäste von 752 Fahrerinnen und Fahrern auf drei U-Bahn- und sieben Tram-Linien, 32 Bus- und 16 Nacht-Express-Linien durch Essen gefahren. Gute Noten geben die Essener im NRZ-Bürgerbarometer für die Evag, nur nicht beim Fahrpreis. Nicht einmal jeder fünfte ist mit den Tarifen einverstanden.
Sind 2,40 Euro für eine einfache Fahrt zu teuer, 57,57 Euro für ein Ticket 2000 im Abo zu viel? Ausgerechnet bei den Fahrpreisen steht die Essener Verkehrs AG in der Kritik. Das NRZ-Bürgerbarometer jedenfalls zeigt deutlich: Gerade einmal 18 Prozent der 521 befragten Essener Bürger sind einverstanden mit den Tarifen.
Die Evag wird die Kritik gerne weitergeben: Die Preise legt der Verkehrsverbund Rhein-Ruhr fest, an der Zweigert-straße sind sie dabei nur eine von vielen Stimmen. Damit ist bereits der Ausreißer benannt – der das gute Ergebnis der Evag allerdings kaum trüben kann: Die Essener sind mit ihrem Verkehrsunternehmen „eher zufrieden“. Gute bis befriedigende Noten gibt es für Sauberkeit, Pünktlichkeit, Fahrtzeiten, Fahrpreis und Streckennetz. „Wir haben uns fast überall verbessert“, stellen die Evag-Sprecher Nils Hoffmann, Olaf Frei und Susanne Köster (Angebotsmanagement), mit Blick auf die Barometer-Werte vor zwei Jahren fest.
In der Straßenbahn-Fahrschule
„Wir bewegen Essen“, bei der Evag ist das in der Tat der Fall: Täglich werden gut 330.000 Fahrgäste von 752 Fahrerinnen und Fahrern auf drei U-Bahn- und sieben Tram-Linien, 32 Bus- und 16 Nacht-Express-Linien durch Essen gefahren. Rund 68.000 Kilometer kommen dabei täglich zusammen. In den zurückliegenden Jahren hat die Evag von der Entwicklung profitiert: Zählte sie Mitte der ‘90er Jahre gerade einmal 30.000 Abo-Kunden, sind es heute über 115.000. Der Anteil der Wege, die mit Bus und Bahn zurückgelegt werden, ist seit ‘89 von zwölf auf heute 19 Prozent gestiegen, damit aber auch die Ansprüche an das Nahverkehrsunternehmen:
– Sauberkeit
Bei der Sauberkeit kommt die Evag auf eine glatte Drei. 25 Prozent der Essener zeigen sich „eher zufrieden“, 21 Prozent geben schlechte Noten. Gegenüber 2010 hat sich die Evag leicht verbessert, in Düsseldorf, der Vergleichsstadt, kommt die Rheinbahn allerdings auf eine 2,85. Jüngere Männer im Essener Süden empfinden die Bahnen als sauberer, umgekehrt kritisieren ältere Essener (ab 70) im Norden diesen Punkt deutlich. Die Evag gibt jährlich allein 1,7 Millionen Euro für die Reinigung der U-Bahnanlagen aus, jede Bahn und jeder Bus wird täglich gesäubert. „Früher haben wir nachts geputzt, um unsere Kunden nicht zu stören“, sagt Nils Hoffmann. „Heute reinigen wir tagsüber, damit die Leute sehen, dass wir dran sind. Seitdem sind die Anlagen auch sauberer.“
– Pünktlichkeit
Bei der Pünktlichkeit zeigen sich die Essener eher zufrieden mit den Evag-Leistungen: Eine Note von 2,73, das ist besser als 2010 und besser als die Rheinbahn (2.86). Jüngere Essener, egal ob im Norden oder Süden, weiblich oder männlich, klagen am häufigsten, ältere Kunden am seltensten über mangelnde Pünktlichkeit. Das ist leicht zu erklären: Schüler sind auf pünktliche Busse und Bahnen vor allem morgens angewiesen, Pensionäre oder Rentner blicken da eher geduldig auf die Anzeige.
Bei der Evag ist die Pünktlichkeit ein zentrales Thema: Die Fahrzeiten der Wagen werden genau erfasst. Zwar bleiben 99 Prozent aller Linien im Takt, doch das eine Prozent macht Arbeit. „Baustellen werfen uns immer wieder aus dem Zeitplan“, sagt Susanne Köster. Ärgerlich vor allem, wenn die Kunden keine Infos erhalten, ihre Anschlüsse verpassen und sich in volle Fahrzeuge quetschen müssen. „Daran arbeiten wir permanent und wir versuchen, darauf flexibel zu reagieren.“
– Fahrtzeiten
Komme ich in einer akzeptablen Zeit von A nach B, oder stecke ich mit Bus und Bahn im Berufsverkehr fest? Für die meisten Essener schwimmt die Evag ganz gut mit im täglichen Verkehr. Immerhin 44 Prozent sind „eher zufrieden“ mit den Fahrtzeiten, eine Note von 2,48 bedeutet einen Spitzenwert. Dabei fahren die Evag-Linien nur zu 20 Prozent auf eigenen Trassen, 80 Prozent müssen sich an der Ampel anstellen. Frauen zeigen sich da geduldiger als Männer, vor allem im Alter zwischen 30 und 39. Zehn Jahre später ist es mit der Geduld dann vorbei: 40 bis 49-Jährige sind hier die kritischsten Kunden.
– Streckennetz
Das ist eigentlich die Parade-Disziplin der Evag: Beim Bürgerbarometer 2010 gab es sogar eine 2,19. Dieses Jahr „stürzt“ die Note auf eine 2,44 ab. Schlechter als Düsseldorf – aber immer noch der Bestwert im ÖPNV-Umfragefeld. „Und dabei haben wir am Netz nichts geändert“, sagt Evag-Sprecher Nils Hoffmann. Macht ja nichts: 44 Prozent sind immer noch sehr oder eher zufrieden, lediglich zehn Prozent vergeben eine durchweg schlechte Note. Das gilt stadtweit und für alle Geschlechter, während die 40- bis 49-Jährigen noch am ehesten zur Kritik neigen, sind die 14- bis 19-Jährigen geradezu glücklich mit dem Streckennetz, oder es ist ihnen schlicht egal.
– Fahrpreise
Bei den Fahrpreisen sieht es dagegen ganz mies aus. Richtig zufrieden sind nur 18 Prozent, 21 Prozent stehen für ein „geht so“ oder „gerade noch“, für 33 Prozent aber sind die Tickets definitiv zu teuer. 2010 lag die Zustimmung zum Tarifwerk zwar noch niedriger, aber so recht trösten mag das nicht. Im „reichen“ Düsseldorf waren die Preisklagen übrigens noch lauter. Wer derlei Vorurteile in Essen pflegen will, wird enttäuscht: Das Nord-Süd-Gefälle ist nicht ausgeprägt, Frauen üben häufiger Kritik als Männer, Jüngere klagen seltener als Ältere. Aber wie bereits gesagt: Diese Kritik will die Evag an den VRR weitergeben.