Essen-Kupferdreh. 1882 vermachte der Unternehmer Wilhelm Kappert der Gemeinde Kupferdreh den Marktplatz. Was den Frischemarkt bis heute ausmacht.

Als sei die Zeit stehen geblieben: Dicht an dicht stehen die Verkaufsstände auf dem Wochenmarkt in Kupferdreh. Es braucht nicht viel Phantasie, um sich beim Betrachten der Aufnahme vorzustellen, wie Marktbeschicker und Bauern unter den Dächern Obst und Gemüse feil bieten. Vieles, was auf der Postkarte aus den 1920er Jahren zu sehen ist, erinnert an den Markt, wie Besucher ihn auch 100 Jahre danach erleben. Damals wie heute diente der Wochenmarkt der Versorgung der Bevölkerung mit frischen Waren für den täglichen Bedarf. Trotz (oder wegen) der Konkurrenz durch Aldi und Co. ist es dabei geblieben.

Kunden wissen es zu schätzen, weiß Andreas Wojda. Der Markthändler aus Dorsten betreibt seit fast vier Jahrzehnten einen Gemüsestand auf dem Wochenmarkt im Essener Südosten. Auch an diesem Freitagmorgen haben er und seine Mitarbeiter gut zu tun. Erdbeeren und Spargel, das Kilo für 13,80 Euro, sind gefragt in diesen Tagen. Die automatische Spargelschälmaschine läuft ohne Pause und beweist: Die technische Entwicklung macht auch auf dem Kupferdreher Wochenmarkt nicht Halt, seit der Unternehmer Wilhelm Kappert den Marktplatz der Gemeinde im Jahr 1882 vermachte.

Andreas Wojda ist mit seinem Stand seit mehr als drei Jahrzehnten auf dem Kupferdreher Wochenmarkt vertreten. Die Mehrzahl der Händler sind alteingesessen so wie er.
Andreas Wojda ist mit seinem Stand seit mehr als drei Jahrzehnten auf dem Kupferdreher Wochenmarkt vertreten. Die Mehrzahl der Händler sind alteingesessen so wie er. © FUNKE Foto Services | Socrates Tassos

Kappert, Betreiber einer Gastwirtschaft, hatte das Grundstück 1873 erworben, um es als Festplatz zu nutzen. Von 1906 datiert eine bis heute erhaltene Marktordnung der Bürgermeisterei Kupferdreh.

Diese Postkarte zeigt den Kupferdreher Markt im Jahr 1920.
Diese Postkarte zeigt den Kupferdreher Markt im Jahr 1920. © Busch

Die Kupferdreher halten ihrem Markt die Treue. 80 Prozent seiner Kunden seien Stammkunden, berichtet Andreas Wojda. Die kamen auch, als der Markt vor ein paar Jahren vorübergehend umziehen musste, weil unter dem Platz ein riesiges Regenrückhaltebecken gebaut wurde. Über Jahrzehnte folgte in Kupferdreh eine Baustelle nach der anderen: Die Kupferdreher Straße, der S-Bahnhof, der neue Busbahnhof und bald wieder die Kupferdreher Straße… So mancher Wochenmarkt wäre daran wohl zugrunde gegangen, nicht der in Kupferdreh.

Besucher zahlen auch einen Euro mehr

Was macht den Kupferdreher Markt zu einem besonderen Wochenmarkt? „Die Qualität des Angebots“, sagt Andreas Wojda, dessen Arbeitstag dafür um 1 Uhr morgens beginnt. Eine Stunde später kauft er im Frischezentrum Ware für den Markttag ein. Qualität lassen sich die Besucher etwas kosten, bestätigt Marvin Tidili, einer von gleich zwei Fischhändlern auf dem Kupferdreher Markt.

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„Die Leute sind durchaus bereit, den ein oder anderen Euro mehr zu zahlen“, berichtet Marvin Tidili. Dafür könne er garantieren, dass der Fisch aus Island erst vor drei Tagen gefangen wurde, bevor er in seiner Auslage landet. „Schneller geht es nicht.“

Marvin Tidili weiß: Gute Qualität lassen sich seine Kunden in Kupferdreh auch etwas kosten. Sein Fisch aus Island liegt spätestens drei Tage nach dem Fang in seiner Auslage, sagt der Fisch-Somelier.
Marvin Tidili weiß: Gute Qualität lassen sich seine Kunden in Kupferdreh auch etwas kosten. Sein Fisch aus Island liegt spätestens drei Tage nach dem Fang in seiner Auslage, sagt der Fisch-Somelier. © FUNKE Foto Services | Socrates Tassos

In der Pfanne brutzelt derweil frischer Seelachs, den der preisgekrönte Fisch-Sommelier für 9 Euro mit Rosmarinkartoffeln serviert. Frischer Fisch kommt auf dem Kupferdreher Markt gleich auf den Tisch. Für Marvin Tidili ist das Teil seines Erfolgsrezeptes.

Auf dem Kupferdreher Markt finden Kunden Flair und Bodenständiges

Am Stand nebenan bietet Franck Roullé Käse und andere Spezialitäten aus Frankreich an. Ein Land mit mehr als 1000 Käsesorten kann nur zentralistisch regiert werden, heißt es über unser Nachbarland. Ob es 1000 Sorten in seiner Auslage sind, sei dahin gestellt, aber für jeden Geschmack ist etwas dabei. Viele seiner Kunden hätten ein Herz für sein Heimatland, verbrächten oft ihren Urlaub dort, erzählt Franck Roullé, den die Liebe vor 30 Jahren aus der Bretagne nach Essen verschlagen hat. Ob Comté, Cantal oder Roquefort – wer die Liebe für französischen Käse noch nicht entdeckt hat, den lässt Franck gerne probieren.

Toni (l.) und Franck Roullé verkaufen auf dem Kupferdreher Markt Spezialitäten aus ihrem Heimatland Frankreich.
Toni (l.) und Franck Roullé verkaufen auf dem Kupferdreher Markt Spezialitäten aus ihrem Heimatland Frankreich. © FUNKE Foto Services | Socrates Tassos

So finden Kunden auf dem Kupferdreher Markt französisches Flair und Bodenständiges, letzteres auf Wunsch auch Bio aus eigenem Anbau wie am Stand von Bauer Maas. Nur frische Tomaten lassen mangels Sonne aktuell noch etwas auf sich warten, berichtet Lisa Maas. Geistige Nahrung gibt es ein paar Schritte weiter im Bücherschrank, im Angebot: schwere Kost und leicht Verdauliches.

Alteingesessene Kupferdreher vermissen nur den Kaiser-Wilhelm-Brunnen

Erreichbarkeit und Parkplätze: Der Kupferdreher Marktplatz liegt kaum einen Steinwurf entfernt vom S-Bahnhof und vom zentralen Busbahnhof und ist folglich mit öffentlichen Verkehrsmitteln gut zu erreichen. Parkplätze sind an Markttagen schon mal knapp. Der neue Parkplatz unter der Brücke der A44, dem Busbahnhof gegenüber gelegen, ist häufig voll belegt. Der zweite Bauabschnitt unter den Brückenpfeilern steht noch an. So lange geht es dort, was das Parken angeht, mitunter wild zu.

Für den schnellen Hunger zwischendurch: Fisch aus der Pfanne, frisch gepresster Orangensaft, mediterranes Gebäck… auch was das angeht, hat der Wochenmarkt einiges zu bieten. Wer mehr will, hat es aufgrund der zentralen Lage nicht weit. Bis zu Döner, Pizza oder Vegetarischem aus dem Suppentopf sind es nur ein paar Schritte.

Der Kaiser-Wilhelm-Brunnen stand bis in die 1960er Jahre auf dem Kupferdreher Marktplatz.
Der Kaiser-Wilhelm-Brunnen stand bis in die 1960er Jahre auf dem Kupferdreher Marktplatz. © Busch

Das Umfeld: Der Kupferdreher Marktplatz ist architektonisch keine Schönheit. An Markttagen sieht man dies wegen der Stände nicht. Alteingesessene Kupferdreher trauern bis heute dem alten Kaiser-Wilhelm-Brunnen hinterher, weiß Ortshistoriker Johann Rainer Busch zu berichten. Auch wenn sich nur noch die Älteren daran erinnern dürften. Der Brunnen wurde 1964 abgetragen. Das Umfeld aus A44 und S-Bahnhof wird häufig als Bausünde beschrieben. In Kupferdreh versuchen sie das Beste daraus zu machen.

Öffentliche Toiletten/Sauberkeit: Die gibt es am Marktplatz nicht. Ein Toilettenhäuschen, das Busfahrer der Ruhrbahn nutzen, wurde abgerissen. Anschlüsse und Leitungen liegen noch im Boden. Neue öffentliche Toiletten gibt es seit kurzem beim Eisenbahner-Sportverein am Baldeneysee etwa 500 Meter vom Kupferdreher Marktplatz entfernt. Der Markt selbst machte bei unserem Besuch einen sehr sauberen und aufgeräumten Eindruck.

Ambiente: Der Kupferdreher Wochenmarkt wirkt fast schon familiär. Das liegt an seiner überschaubaren Größe; bis zu 26 Händler bauen ihre Stände regelmäßig auf dem Marktplatz auf, viele davon schon seit Jahren oder gar Jahrzehnten. Das Angebot ist breitgefächert, frische Waren überwiegen, anders als auf so manchem Wochenmarkt beherrschen nicht Stände mit Textilien das Bild. Markttage sind in Kupferdreh mittwochs und freitags jeweils von 8 bis 13 Uhr.