Essen-Stoppenberg. Welche Vorteile Corona für den Wochenmarkt in Essen-Stoppenberg hatte. Und mit welchen Herausforderungen der Markt jetzt zu kämpfen hat.
Was wäre ein Wochenmarkt ohne frisches Obst und Gemüse? Mitten auf dem Barbarossaplatz sorgt Petra Solano am Stand von Sorin Iacobuta dafür, dass Stoppenberg und umliegende Stadtteile mit Vitaminen versorgt werden. Es ist nicht viel los an diesem regnerischen Freitag, da ist Zeit für das ein oder andere Pläuschchen, und im Miteinander von Kunden und Markleuten kommt tatsächlich auch typische Markt-Stimmung auf. Für die Kunden werden kleine Stückchen mundgerecht vorbereitet. „Die Leute gehen nie weg, ohne etwas zu probieren; das kriegen Sie im Supermarkt nicht“, sagt Solano. Für sie längst nicht der einzige Vorteil des Wochenmarktes. „Da sind natürlich auch noch die Gespräche mit den älteren Leuten. Die freuen sich über Unterhaltung.“
Die meisten Kunden kennt die Markthändlerin seit Jahren und selbstverständlich mit Namen. Der ältere Herr, der einfach am Stand vorüberläuft, wird daher auch sofort begrüßt. „Guten Morgen, brauchen Sie heute noch was?“ – „Ich komme später vorbei, ich muss zum Arzt.“ – „Alles Gute, bis später.“ Früher sei immer seine Frau gekommen, erinnert sie sich, doch die sei jetzt sehr krank. „Er kommt aber trotzdem regelmäßig zum Einkaufen her, und wenn er sich bei uns ausweint, dann nehme ich ihn in den Arm. Das gibt’s auch nicht im Supermarkt.“
Wochenmarkt in Stoppenberg hat die Klassiker im Angebot
Zweimal wöchentlich, jeweils mittwochs und freitags, findet der Markt in Stoppenberg statt, und er ist auf den ersten Blick schon, sagen wir mal: besonders. Weil er so klein ist. Gerade mal sechs Stände verlieren sich auf dem Barbarossaplatz, den sich die Händler mit geparkten Autos teilen müssen. Das Angebot ist dem entsprechend begrenzt: kein Fisch, kein Foodtruck, keine Kaffee-Bar. Dafür aber die Klassiker: Obst und Gemüse, Kartoffeln und Zwiebeln, Fleisch, Wurst und Käse, Blumen, mittwochs auch Kleidung.
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Das war nicht immer so. Vor zehn, 15 Jahren sei der gesamte Platz noch voll mit Ständen gewesen, erinnert sich ein Kunde. Tatsächlich hat der Markt eine lange Tradition: In den 1950er-Jahren sind hier zum ersten Mal Waren angeboten worden, die Familien der Händler sind teilweise schon über Generation hier vertreten. „Es gibt ja kaum noch Markthändler“, sagt Ulrike Ries, die an ihrem Stand Eier und Kartoffeln verkauft. „Die junge Generation möchte das nicht mehr machen. Es ist ja auch ein harter Job: früh aufstehen, um drei Uhr zum Großmarkt fahren, dann hierher.“
Serie: Wochenmärkte in Essen
In Essen gibt es über 20 Wochenmärkte, ihre Frequentierung schwankt. Zu einigen kommen bis zu 70 Händler, wie etwa in Rüttenscheid. In Stadtteilen, wie etwa Burgaltendorf ist es ein Einziger. Die meisten Märkte finden vormittags statt, auf der Margarethenhöhe und in Heisingen auch am Nachmittag.
Haben Wochenmärkte eine Zukunft? Das wollen wir mit unserer neuen Serie, dem Wochenmarkt-Check, in den kommenden Wochen herausfinden.
Wir schauen uns jeden Essener Wochenmarkt an. Welche Stände bieten die Märkte, wer geht dort einkaufen, wer flanieren? Dabei sprechen wir mit Händlern, Besuchern und Marktmeistern. Wir kaufen ein und schauen uns auch das Drumherum an. Gibt es genügend Parkplätze, gibt es Toiletten, und wie ist die Anbindung im Stadtteil?
Ein anderer Markthändler, der nicht namentlich genannt werden möchte, stimmt zu: „In den Beruf muss man hineingeboren werden“, sagt er. „Das ganze Drumherum muss passen, die Persönlichkeit macht einen Wochenmarkt aus. Sie können hier nicht irgendwelche Sachen verkaufen, die nicht okay sind. Und vor allem bei Lebensmitteln muss alles gepflegt und sauber sein.“
Tatsächlich habe der Wochenmarkt in Stoppenberg mit Corona einen Auftrieb erlebt, erzählt er weiter. „Wir haben halt den Vorteil, dass man bei uns draußen einkauft.“ Doch nun sei alles wieder beim Alten. Die wenigen Kunden aber, die weiterhin kommen, „sind treue Seelen, die uns unterstützen. Aber es werden halt immer weniger.“ Warum er dennoch Woche für Woche mit seinem Verkaufswagen wiederkommt? „Aus Sympathie. Meine Kunden sind meine Kumpels und keine Fremden, ich weiß meistens schon, was sie einkaufen wollen.“ Ans Aufgeben denkt er nicht. „Wir machen so lange weiter, wie es geht.“
Der Überblick:
Markttage: Mittwochs und freitags ist von 8 bis 13 Uhr geöffnet.
Erreichbarkeit und Parkplätze: In der Straße Am Mühlenbruch gibt es Stellplätze für Autofahrer, auch auf der Hallostraße sollte zur Not noch etwas zu finden sein. Die Straßenbahn 107 hält an der Essener Straße, zahlreiche Buslinien direkt in der Nähe, Haltestelle: Ernestinenstraße.
Vielfalt des Angebots: Eher bescheiden; freitags ein Stand mit Kartoffeln, einer mit Kartoffeln, Eiern und Zwiebeln, außerdem Obst und Gemüse, Wurst und Käse, ein Fleischer, der unter anderem Lamm und Wild im Angebot hat, sowie ein Blumenstand. Mittwochs ist das Angebot etwas kleiner, hinzu kommt dann allerdings noch ein Kleidungsstand.
Andere Einkaufsmöglichkeiten: Ein türkischer Supermarkt und eine Supermarktkette mit Parkplatz und Getränkemarkt erleichtern den Markthändlern nicht gerade das Leben. Auf dem Barbarossaplatz gibt es außerdem einen Kiosk und um die Ecke einen Blumenhändler und eine Metzgerei.
Snacks und Aufenthaltsqualität: Fehlanzeige. Natürlich kann man an den Ständen probieren. Aber spezielle Angebote wie Kaffee, Kuchen, Wein oder gar ein Foodtruck, die den Aufenthalt verlängern, sind nicht vorhanden.
Toiletten und Sauberkeit: Am Kiosk auf der Hallostraße gibt es eine kostenpflichtige öffentliche Toilette, an der Sauberkeit war bei den Test-Besuchen auf dem gesamten Markt nichts auszusetzen.
Preise: Einige Besucher beschwerten sich, der Einkauf sei zu teuer, doch im Vergleich zu anderen Wochenmärkten in südlicher gelegenen Stadtteilen sind die Preise niedrig bis durchschnittlich.
Ambiente und Kundenstruktur: Es war recht wenig los bei unseren Besuchen, was sowohl an der geringen Auswahl als auch am schlechten Wetter gelegen haben mag. Die Kunden sind eher älter und kommen aus Stoppenberg, einige auch aus Frillendorf, da es dort keinen Wochenmarkt mehr gibt. Auch an Markttagen verliert der Barbarossaplatz sein „Ambiente“ der marktlosen Tage nicht, da niemand das auf die Marktzeiten begrenzte Halteverbot ernst zu nehmen scheint. Es stört sich aber auch niemand an den Autos. Damit wirkt der Markt- eher wie ein Parkplatz, auf den sich ein paar Händler verirrt haben. Die aber sind sehr freundlich und kommunikativ und freuen sich über jeden (Stamm-)Kunden.