Essen-Kray. Viele Textilien hat der Krayer Wochenmarkt an einem Mittwoch, freitags gibt es Gemüse und Fisch. Baudenkmäler und Falschparker prägen das Bild.
Bunte Shirts mit Streifen, Katzen oder Smileys darauf hängen an den Kleiderständern neben Hosen und Blusen. Unterwäsche, Gürtel, Geldbörsen, Turnschuhe und Milchprodukte wie verpackte Brühwürstchen zählen zum Angebot an diesem Mittwochvormittag auf dem Krayer Wochenmarkt. „Früher gab es verschiedene Stände mit Käse, Fleisch, Wurst und gleich mehrere mit Obst und Gemüse“, zählt eine Kundin auf. Ein richtiger Treffpunkt sei es gewesen: „Hier war alles Markt.“ Vier Stände und manch alte Bekannte sind geblieben – mitunter auch die gute Stimmung.
„Freitags kommen noch Stände mit Gemüse, Obst, Kartoffeln, Eiern und Fisch dazu“, sagt Ahmed Gulzer, der Schuhe verkauft. Als er vor mehr als 15 Jahren nach Kray kam, „da gab es hier kaum einen Platz“, erinnert er sich, da er heute manchmal Mühe hat, die Standmiete hereinzubekommen. Viele kauften inzwischen im Internet, glaubt er an die Ursache für den Rückgang an Kunden.
Händler erinnern sich an bis zu 50 Stände auf dem Krayer Wochenmarkt in Essen
An etwa 50 Stände erinnert sich Sukhwinder Singh, als er vor zwölf Jahren auf den Krayer Wochenmarkt kam: mit Bekleidung, die er nun auf einer Länge von rund 20 Metern auf Kleiderbügeln präsentiert, davor stehen weitere Kleiderständer. Einheitsgröße, zehn Euro, so steht es auf einigen Schildern. Bald folgt die Sommerkollektion. „Handeln ist möglich“, sagt der Verkäufer freundlich lächelnd und packt einer Kundin ein Shirt ein. Freitags laufe es besser, das sei ganz ok. Er versuche es einfach weiter, obwohl es kaum Stammkunden gebe.
Nach Corona sei es noch ruhiger geworden, ergänzt Ali Iftikhar. Auf seinen Tischen liegen Handtaschen, Socken mit und ohne Gummi sowie Dessous und Hosenträger. Manchmal stünde er ganz allein da, erzählt der Händler und weiß doch, dass ein Markt bunt sein müsse, damit dieser funktioniere.
„Seit über 100 Jahren dient dieser Platz dem Handel, wenngleich sich die Markttage in den letzten Jahren auf zwei in der Woche reduziert haben. Es ist ein großzügig bemessener Platz von über 4000 Quadratmetern Marktfläche“, steht auf einer Denkmaltafel am Rande des Platzes geschrieben, der zum Kulturpfad Kray und Leithe gehört. „Die Weite unterstreichen vier einrahmende Straßen.“
In den Häusern um den Platz in Essen-Kray gibt es Pizza, Podologie, Kebab
Den Marktplatz umgeben zudem große Pappeln (beim letzten Umbau gepflanzt) und Jugendstilbauten (erbaut zwischen 1903 und 1910) mit ihren farbigen Fassaden, deren Zustand recht unterschiedlich ist. Ins Erdgeschoss der Häuser rundherum sind Kiosk, Pizzeria, Podologe, Kebab-Imbiss und Spielhalle gezogen. Wer abseits des Wochenmarktes einkaufen möchte, findet auf der nah gelegenen wie belebten Krayer Straße beispielsweise Apotheken, Bäckereien, Drogerie, Boutiquen, Supermärkte, Eiscafé und Sanitätshaus.
Am Rande des Marktplatzes befinden sich die öffentlichen Toiletten mit einigen eingeworfenen Glasbausteinen und Öffnungszeiten von 6 bis 22 Uhr, Januar bis Dezember. Per Knopfdruck lassen sich die Türen öffnen, was nicht gleich auf Anhieb gelingt und wofür man durchaus etwas Kraft benötigt. Davor steht ein Putzwagen mit Besen und Müllbeuteln. Die Anlage selbst ist sauber. Das gilt auch für den Marktplatz, allerdings nicht für die Baumbeete, in denen leere Getränkepackungen gelandet sind.
Achtlos weggeworfene Zigaretten, Kippen sowie zahllose Schalen von Kürbiskernen liegen auf der anderen Seite des Platzes, der mit seinen vier Bänken (ohne Lehnen) und den gerade blühenden Kirschbäumen drumherum zum Verweilen einladen soll und doch verlassen und schmucklos wirkt. Leer sind auch die Fahrradständer am Rand der Fläche.
Eine Bushaltestelle liegt direkt am Marktplatz in Essen-Kray
Direkt neben dem Wochenmarkt befindet sich die Haltestelle Krayer Markt, den die Linien 144, 146, 170, 194 ansteuern, zu fortgeschrittener Stunde auch NE 3 und NE 14. Parkmöglichkeiten gibt es an den Straßen um den Platz, eine Parklücke eher selten. Daher haben viele ihre Pkw auf dem Marktplatz selbst abgestellt, obwohl an Markttagen absolutes Parkverbot gilt. So teilen sich die Beschicker die Fläche mit den Autos, die das Bild des Wochenmarktes ebenso prägen und vor allem dann ein Ärgernis werden, wenn die Händler gegen fünf Uhr morgens aufbauen möchten.
Standbetreiber wie Jan Pavlicek können den Abschleppdienst rufen. Angenehmer mache es das lange Warten bei fünf Grad nicht. Er wünschte sich, die Verantwortlichen würden sich besser kümmern, manchmal entstehe stattdessen das Gefühl, Wochenmärkte seien gar nicht mehr gewollt.
Er selbst kommt schon seit 1987 her, war montags, mittwochs und freitags da, erst mit Textilien, zwei Jahre später wechselte er zu Lebensmitteln. Den Krayer Wochenmarkt von damals beschreibt er kurz: „Brechend voll.“ Aber auch jetzt beschwert Jan Pavlicek sich nicht, er ist mit seinem Umsatz zufrieden. Den macht er mit Restposten, die kurze Zeit haltbar sind und in seinem Kühlwagen liegen und abgepackt sind, so dass Marktbesucher selbst zu Fleisch- und Bratwurst, Milchreis, Käse, Butter oder Margarine greifen.
Wochenmarkt-Atmosphäre flackert in Essen-Kray auf
„Die Kunden wollen erschwingliche Lebensmittel, da alles immer teurer wird“, berichtet der Händler von seiner Erfahrung, vor dessen Stand mal mehr, mal weniger los ist. Seine Kunden seien oftmals Senioren und junge Familien, unter ihnen seien viele verschiedene Nationalitäten. Was er ihnen anbieten kann, weiß er bis kurz vor dem Markttag selbst nicht. Als Überraschung beschreibt er sein Angebot, das aus dem Großhandel stamme. Wurst und Fleisch wiederum seien Metzgerware. An diesem Morgen gibt es Wurstaufschnitt, drei Packungen für einen Euro, zwei, drei Tage haltbar.
„Hast Du Fischdosen“, ruft ein Kunde fragend, ein anderer bezahlt gerade die Zwiebelmett, während eine junge Frau einen Sechserpack Pudding einpackt. Manchmal bekommt Jan Pavlicek mehr als Geld von seinen Kunden und Kundinnen: „Sie bringen mir Kaffee oder mal ein Stück Kuchen.“
Ein Tisch wäre schön, an den man sich stellen könnte. Ein kleiner Plausch gehört aber auch so dazu. Anekdoten über Michael mit seinem Vorwerkstand. Von ihren Kindern erzählt eine Kundin (59), sie seien schon vor 30 Jahren hergekommen. Sie selbst bereits als kleines Mädchen. Und da flackert sie dann doch auf, die Wochenmarkt-Atmosphäre. „Weil wir uns kennen“, sagt Jan Pavlicek, er genießt das und mag den Krayer Wochenmarkt immer noch: „Ich fühle mich wie zu Hause.“