Essen. In Essen stehen aktuell 230.000 Quadratmeter Bürofläche leer. Das ist so viel wie seit Jahren nicht. Makler wiederum finden das gar nicht schlimm.
Der Büroleerstand in Essen hat in den vergangenen drei Jahren stark zugenommen. Nach Zahlen mehrerer Maklerhäuser stehen stadtweit aktuell rund 230.000 Quadratmeter Bürofläche leer. Zur Einordnung: Die Fläche entspricht etwa viermal dem RWE-Turm als dem höchsten Bürohaus in Essen mit seinen Nebengebäuden. Noch Ende 2020 gab es laut Wirtschaftsförderung nur 127.000 Quadratmeter leerstehende Büros in Essen.
Zum Leerstand zählen alle Flächen, die innerhalb von drei Monaten beziehbar sind. Die Quote in Essen lag Ende 2022 je nach Rechnung der Maklerunternehmen bei 7,1 bzw 7,3 Prozent. Das ist der höchste Stand seit mindestens zwölf Jahren. Sie ist zudem deutlich höher als in den Nachbarstädten. Dortmund kommt gerade einmal auf eine Leerstandsquote von 4,7 Prozent.
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Auch unter den wichtigsten acht Büromärkten in der Bundesrepublik ist der Anteil leerstehender Büros nur in Frankfurt und Düsseldorf noch höher als in Essen. Größere Flächen stehen aktuell beispielsweise rund um den RWE-Turm, im Bamlerpark, im Ruhrturm, Am Fernmeldeamt (ehemals Telekom) und im Ruhrtower leer.
Viele Konzerne in Essen gaben Büroraum ab
Die Entwicklung hat nur zum Teil mit der Corona-Pandemie zu tun. In erster Linie haben gleich mehrere Konzerne in der Stadt dazu beigetragen. Sie haben sich in den zurückliegenden beiden Jahren großflächig von Büroraum getrennt. Etwa die Hälfte der aktuell leerstehenden Flächen kommen aus dem Umfeld von Konzernen, heißt es im Marktbericht des Maklerunternehmens Cubion.
Essen- TÜV Nord präsentiert Großmieter für TechnologieparkGründe dafür gab es unterschiedliche: Thyssenkrupp steckt seit Jahren in wirtschaftlichen Schwierigkeiten und hat im Zuge von Verkäufen und Personalabbau Flächen abgegeben. Auch durch den Zusammenschluss der Energiekonzerne Innogy und Eon fielen Arbeitsplätze weg. Aldi Nord und der Energiekonzern RWE, die über Jahre große Flächen stadtweit angemietet hatten, bauten sich neue Firmenzentralen und zogen große Teile der Belegschaft dort zusammen. Allein Aldi hatte bis 2022 drei Standorte angemietet, unter anderem fast 10.000 Quadratmeter im Ruhrturm der mittlerweile insolventen Fakt AG.
Schwache Nachfrage nach Büros in den Jahren 2020 und 2021
Die Corona-Pandemie wiederum hat dazu geführt, dass die Nachfrage nach Büros in der Wirtschaft in den Jahren 2020 und 2021 äußerst verhalten war. Das Jahr 2022 lief in der Vermietung zwar schon wieder besser, fiel aber allenfalls moderat aus. Insgesamt fanden im vergangenen Jahr 133.000 Quadratmeter Bürofläche neue Mieter. Die größten Verträge fielen dabei auf zwei Landeseinrichtungen: die Polizei, die über 20.000 Quadratmeter im Büropark Bredeney anmietete sowie die Uniklinik, die die Immobilie Theodor-Althoff-Straße 1 kaufte und das Gebäude selbst nutzen will.
Flaute am Essener Büromarkt- Warum es bei Vermietungen haktDennoch sehen Makler die enorme Leerstandsentwicklung der vergangenen Jahre nicht mit Sorge. „Galt der Büromarkt noch 2020 mit drei Prozent Leerstandsquote als quasi vollvermietet, bieten sich heute wieder mehr Chancen für Büromieter“, sagt Tobias Altenbeck, Mitglied der Geschäftsleitung bei Brockhoff. Noch vor drei Jahren hätten Unternehmen, die kurzfristig 5000 und mehr Quadratmeter Bürofläche suchten, in Essen keine Chance gehabt und mussten in Nachbarstädte ausweichen. „Heute merken wir, dass wir unseren Kunden durch die freigezogenen Flächen der Konzerne auch wieder mehr Alternativen für Großanmietungen anbieten können“, so Altenbeck.
Makler rechnet mit wieder sinkendem Leerstand
Allerdings sind auch diese Büros in die Jahre gekommen, und brauchen in der Regel erst einmal eine Grundrenovierung durch den Eigentümer. „Mit einem neuen Teppich ist es da meist nicht getan“, sagt auch Markus Büchte, Vorstand des Maklerunternehmens Cubion. Der Vorteil vieler leerer Flächen sei jedoch ihre zentrale Lage rund um den Hauptbahnhof.
Büchte rechnet unterdessen damit, dass der Büroleerstand in diesem Jahr wieder deutlich abnehmen wird. Zum einen steige die Nachfrage nach Büros wieder. Zum anderen werden nur sehr wenige Büroflächen derzeit neu gebaut. Gerade Projektentwickler hatten wegen Corona und hoher Baupreise sowie steigender Zinsen in Folge des Ukraine-Kriegs ihre Neubaupläne auf Eis gelegt. Fertiggestellt werden in diesem Jahr daher nur rund 24.000 Quadratmeter Bürofläche, so Büchte. Davon wiederum stehen auch nur noch etwa 9000 Quadratmeter zur Verfügung – ein großer Teil im neuen Königshof am Willy-Brandt-Platz.
Büromieten ziehen trotz Leerstand an
Den Mietpreisen hat der hohe Leerstand unterdessen keinen Dämpfer verpasst, im Gegenteil. Die Durchschnittsmiete ist laut dem Maklerunternehmen BNP Paribas Real Estate binnen eines Jahres um fast zwei Prozent auf 12,50 Euro pro Quadratmeter gestiegen. Cubion gibt sie gar mit 13,47 Euro an. Die Spitzenmieten bewegen sich mittlerweile zwischen 16 und 17 Euro für den Quadratmeter.
Amedeo Augenbroe, Essener Niederlassungsleiter bei BNP, erwartet bei den Mietpreisen keine Entspannung: „Sowohl bei der Durchschnitts- als auch bei der Spitzenmiete ist aufgrund des anhaltend knappen Angebots bei gleichzeitig hoher Nachfrage nach modernen Flächen von einer Fortsetzung des Aufwärtstrends im Jahr 2023 auszugehen.“