Essen-Kettwig. Die Stadt Essen hat eine Verbindung vom Panoramaradweg zum Ruhrtalradweg durch Wohngebiete geplant. Warum die Kettwiger auf die Barrikaden gehen.
In die Diskussion um die Verbindung vom Panoramaradweg Niederbergbahn zum Ruhrtalradweg in Kettwig vor der Brücke kommt Bewegung. Beide Kettwiger Ratsherren, Guntmar Kipphardt (CDU) und Daniel Behmenburg (SPD), setzen sich für eine andere als die von der Essener Stadtverwaltung in den Ratsgremien vorgestellte Wegeführung ein. Unterdessen hat sich eine „Interessengemeinschaft alternative Radwegeverbindung vdBrücke“ gegründet, die jetzt auf die Barrikaden geht.
Zusammengetan haben sich die Anlieger der Heiligenhauser Straße, Ringstraße, Volckmarstraße, Arndtstraße, Landsberger Straße und vom Mintarder Weg: Dort entlang soll die von der Stadt geplante Wegeverbindung führen. Die Wohnstraßen sollen dabei zu Fahrradstraßen umgewidmet werden – 69 Parkplätze würden dadurch wegfallen. „Das ist schon ziemlich heftig“, findet Bernd vom Berg, der die Interessengemeinschaft mit ins Leben gerufen hat.
Vorschlag: August-Thyssen-Straße als Radweg nutzen
Ihm geht es vor allem gegen den Strich, „dass die Stadt keine Alternativen vorgestellt hat“. Obwohl die auf der Hand lägen: „Vom Kreisverkehr über den breiten Bürgersteig der August-Thyssen-Straße zum Beispiel.“ Oder entlang der dortigen alten Bahntrasse. Besser als extra Fahrradstraßen in einem Wohngebiet anzulegen, sei dies allemal.
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Zumal die Anwohner rund um die Brücker Schule schon immer auf Radfahrende Rücksicht nehmen müssten, die zur Ruhr wollen, „weil die Straße halt eng ist“. Ihn und seine Mitstreitenden sei die Motivation der Stadtplaner nicht einsichtig. „In unserem Viertel wird die Schule neu gebaut, mit einer Aula mit 200 Plätzen, die von Sportvereinen und auch für Veranstaltungen genutzt werden soll. Dafür benötigt man Parkraum in den umliegenden Straßen. Zudem gebe es ein größeres Neubauprojekt am Mintarder Weg, die Kita werde im August an ihren alten Standort zurückziehen und „die Andienung des Wasserwerks durch Lkw könnte auf einer Fahrradstraße auch zu Problemen führen“, zählt der 64-Jährige auf.
Alles Bedenken, die CDU-Ratsherr Guntmar Kipphardt teilt. Zumal eine Investition von 1,7 Millionen Euro im Raum steht, die die Stadt für die Anbindung der beiden Radwege (u.a. für Fahrradstreifen auf Ringstraße und Heiligenhauser Straße, Rück-/Neubau von Parkbuchten) veranschlagt hat. Kipphardt hat bereits mehrere Gespräche mit den Betroffenen geführt. Ihm ist es wichtig, dass die ursprünglich für den 11. August avisierte Abstimmung im Verkehrsausschuss verschoben wird, damit die Verwaltung die vorgeschlagenen Alternativen prüfen könne.
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„Es wird noch ein Gespräch geben mit dem Baron von Fürstenberg, wegen der notwendigen Bereitschaft, einen Fahrradweg rund um das Wäldchen Schloss Hugenpoet zuzulassen“, erklärt Kipphardt. Für den 17. August organisiert die CDU Kettwig zudem eine Bürgerversammlung im Pfarrsaal von St. Joseph, zu der Verkehrsexperten der Stadt und von Verbänden eingeladen sind.
SPD: Besser andere Holperstrecken instandsetzen
Bernd vom Berg und seine Mitstreitenden wollen indes nicht untätig bleiben und haben eine Unterschriftenaktion gestartet. Und 500 Flyer werden in diesen Tagen an die Haushalte vor Ort verteilt.
SPD-Ratsherr Daniel Behmenburg hat bereits nach dem ersten Bekanntwerden der Fahrradstraßen-Pläne Ende Mai ebenfalls Gespräche mit Betroffenen geführt. „Warum man unbedingt Steuergelder in eine funktionierende Situation stecken muss, erschließt sich mir nicht. Fußgänger, Schul- und Kitakinder, Radfahrer und auch Autofahrer haben sich doch hier arrangiert“, so seine Reaktion. „Einzig den engen Knotenpunkt an der Ecke Arndt- und Landsberger Straße sollte man vielleicht überdenken“, so der Vorsitzende der SPD in Kettwig.
Unterschriftenaktion in Geschäften
In Kettwig hat die Interessengemeinschaft eine Unterschriftenaktion gestartet. Fast 500 Bürger haben sich dieser bereits angeschlossen und sprechen sich damit ebenfalls gegen die Pläne der Stadt aus.
Die Listen liegen aktuell bei Edeka Buchmühlen, Rewe Lenk, Ruhrapotheke Vor der Brücke, Landgasthaus Knappmann, Kita Arndtstraße, Döbbe, Buch Decker und Physio Kettwig aus. Zusätzlich wird es bald auch Unterschriftenlisten in der Buchhandlung Folgner, der Apotheke im Höhencenter und im Kiosk Mantei geben.
Eine Bürgerversammlung ist am 17. August um 19 Uhr von der CDU Kettwig im Fachwerkhaus vor der Kirche St. Josef geplant. Dort soll der Leiter des Amtes für Straßen und Verkehr, Rainer Wienke, für eine Diskussion zur Verfügung stehen.
„Wenn Gelder für den Radverkehr zur Verfügung stehen, dann könnte man endlich einmal die Radweg-Holperstrecke an der Meisenburgstraße instandsetzen und damit übrigens einen echten Beitrag für Pendler zur Arbeit in Bredeney, Rüttenscheid und der Innenstadt leisten und damit auch den Modal Split (Aufteilung der Verkehrsmittel) fördern“, so sein Vorschlag. Oder man könnte an eine Verbreiterung des Leinpfades denken, „um hier die oft brenzligen Situationen zwischen Fußgängern und Radfahrer zu entschärfen.“
Bürger haben konstruktive Debatte angestoßen
Behmenburgs Ratskollegin Susanne Gilbert (SPD) ergänzt: „Ich finde es sehr begrüßenswert, dass die Anwohnerinnen und Anwohner sich nicht nur beschweren, sondern konstruktive Debatten zu der Diskussion leisten. Viele angeregte Gespräche durften wir in den letzten Wochen mit den Betroffenen vor Ort führen.“
Eine alternative Streckenführung über die August-Thyssen- und Landsberger Straße halte die SPD im Übrigen nicht für erfolgversprechend, weil dies ein Umweg sei. „Am Ende wird doch mit den Füßen oder besser mit dem Rad abgestimmt – ein teurer Radweg würde dann eher nicht genutzt. Und auch die Anwohnerinnen und Anwohner sagen: Lasst es uns einfach belassen, wie es sich bewährt hat. Damit ist uns allen gedient.“
In diesem Sinne hat Daniel Behmenburg am Mittwoch (20. Juli) auch die Position seiner Fraktion in dem städtischen Arbeitskreis vertreten, der sich genau mit dieser Thematik Radwegeverbindung beschäftigt.