Duisburg. In einer weiteren Folge der WAZ-Serie “Alte Schätzchen unterwegs“ stellen wir das Replicar Lafer mit VW-Chassis und MG-Aufbau von Jürgen Königsmann vor. Er erzählt, wie der schmucke Zweisitzer aus Brasilien nach Duisburg kam. Einst soll er sogar eine Rolle in einem James Bond-Film gehabt haben.
Mit Gau-Bickelheim wissen sicher die wenigsten Duisburger etwas anzufangen. Für Jürgen Königsmann (58) aus Rheinhausen steht die rheinland-pfälzische Ortsgemeinde bei Bad Kreuznach ganz oben auf der Beliebtheitsskala. Dort hat er nämlich vor rund acht Jahren ganz zufällig sein Traumauto gefunden – ein Replicar Lafer mit VW-Chassis und MG-Aufbau, Baujahr 1988.
Es ist eine irre Geschichte, die der 58-Jährige dazu erzählen kann: Das alte Schätzchen sieht er damals an einer Pommesbude stehen. Als Projektleiter für Systembrücken hat er ganz in der Nähe mit einem Kollegen einen Geschäftstermin. „Um 14.15 Uhr waren wir fertig, um 14.30 Uhr fuhr mein Zug, aber ich wollte unbedingt noch mal zu diesem Auto“, erzählt der Rheinhauser. Er geht zweimal um den Wagen herum und ist Feuer und Flamme. „Es war wie bei meiner Frau: Liebe auf den ersten Blick.“
Mit einem Koffer voller Geld am Hauptbahnhof
Der Pommesbudenbesitzer wird auf Königsmann aufmerksam und erzählt, dass er ihm den schicken Zweisitzer im Auftrag der Besitzerin verkaufen kann. Nichts lieber als das, denkt sich der Duisburger, wenn er nicht dringend den Zug nehmen müsste. So bittet er seinen Kollegen, eine Probefahrt zu machen und ihn danach sofort anzurufen. Der willigt ein, Königsmann fährt mit der Bahn zum nächsten Termin nach Hannover und sitzt auf heißen Kohlen, bis er abends endlich den Anruf erhält. „Jogi, der Wagen ist top!“, sagt der Kollege nur.
Danach geht alles ganz schnell. Anruf beim Pommesbudenmann, Anruf bei seiner Frau Renate: „Ich hab ihr nichts vom Auto erzählt. Sie sollte nur Ja sagen und mir 8000 Euro besorgen.“ Offenbar kann Frau Königsmann nichts aus der Ruhe bringen, denn am nächsten Tag steht ihr Vater Raimund mit einem Koffer voller Geld im Duisburger Hauptbahnhof am Bahngleis, an dem der Zug mit seinem Schwiegersohn einfährt. „Ich bin gar nicht ausgestiegen“, erzählt der 58-Jährige mit einem Schmunzeln, „habe den Koffer genommen und bin gleich weiter bis nach Gau-Bickelheim gefahren.“
Dort macht Königsmann mit dem Pommesbudenmann alles klar und tritt mit dem bis zu 120 km/h schnellen Zweisitzer-Cabrio glücklich die Heimreise an – zwar ohne Radio, das in dem Auto schlichtweg nicht vorhanden ist, aber mit offenem Dach bei Sonnenschein. Die Bedienungsknöpfe rechts neben dem Lenkrad für Licht, Fernlicht, Zigarettenanzünder, Warnblinker und Scheibenwischer muss er erst einmal gar nicht austesten.
Auto aus James-Bond-Film
Weitere alte Schätzchen gesucht
In unserer Serie stellen wir in loser Folge Menschen und ihre alten Schätzchen mit zwei, drei und mehr Rädern vor, die noch auf Duisburgs Straßen unterwegs sind. Alle Folgen unter: www.derwesten.de/alte-schaetzchen.
Wir suchen weitere Oldies. Schicken Sie uns bitte Fotos mit ein paar Zeilen per Mail an
redaktion.duisburg@waz.de oder per Post an die WAZ Duisburg, Harry-Epstein-Platz 2, 47051 Duisburg. Bitte Name und Telefonnummer nicht vergessen.
Doch als Königsmann nicht mehr weit von Rheinhausen entfernt ist, zieht sich der Himmel zu. Es wird so dunkel, dass er an der Raststätte Hösel abfährt, um das Dach zu schließen. Doch das ist gar nicht so einfach. „Ich habe es eine Stunde probiert, während gegenüber ein Typ an seinem Wohnmobil in aller Seelenruhe zugeschaut und Äpfelchen und Butterbrot gegessen hat“, erzählt der 58-Jährige und schüttelt den Kopf. „Irgendwann hat er gefragt, ob ich Hilfe brauche...“ Zu Zweit klappt’s mit dem Dach – gerade rechtzeitig, bevor es wie aus Kübeln gießt. Zu Hause empfangen schließlich Frau und Schwiegervater den stolzen Besitzer des Cabrio-Oldies und sind genauso happy.
Später ruft er die frühere Besitzerin an – eine deutschstämmige Brasilianerin, erzählt Königsmann, die einst ins südamerikanische Sonnenland ausgewandert sei und dort das Auto 1988 gekauft habe. Vor rund acht Jahren habe es die Dame zurück nach Bad Kreuznach, in ihre Heimat, gezogen – mit dem alten Schätzchen, das nun längst in Rheinhausen ein neues Zuhause gefunden hat. „Sie hat mir damals noch erzählt, dass das Auto mal für einen James-Bond-Film verwendet worden sein soll. Ich kann’s nicht belegen, aber die Geschichte ist ja auch so schon schön genug“, sagt Königsmann, der auf jeden Fall regelmäßig nach Gau-Bickelheim fährt – zum Pommesbudenmann, der immer wissen will, ob mit dem Replicar Lafer noch alles in Ordnung ist. Da kann ihn der Rheinhauser stets beruhigen.