Duisburg.
Bürokratie kann kompliziert und unverständlich sein – vor allem, wenn es die Arbeitsagentur betrifft. So schilderte ein Leser der NRZ einen Fall, der ihm „schier unglaublich“ erschien: Ein erst seit kurzem arbeitsloser Ingenieur verließ an einem Freitag Duisburg, um zwei Bewerbungsgespräche an einem Tag wahrzunehmen.
Da sich der Bewerbungsort in der Nähe des Wohnortes seines Sohnes befand, den er selten zu Gesicht bekommt, blieb er übers Wochenende. Er vergaß aber, seine ihn betreuende Arbeitsagentur darüber zu informieren.
Vor Ort brach er sich dann einen Fuß und konnte deswegen nicht mehr mit dem Auto zurück nach Duisburg fahren – und einen Termin bei der Arbeitsagentur am Montag nach dem Wochenende nicht wahrnehmen. Und auch nächsten Termin am darauf folgenden Montag versäumte er – wegen zweier Vorstellungsgespräche, zu denen er auf Krücken humpelte. Auch an darauffolgenden Tagen hatte er Bewerbungsgespräche.
Ungenehmigte Abwesenheit
Die Arbeitsagentur strich dem Arbeitssuchenden nach Schilderung des Lesers daraufhin seine Bezüge rückwirkend ab dem Tag der ersten beiden Vorstellungsgespräche wegen nicht genehmigter Ortsabwesenheit – angeblich, ohne den Arbeitslosen darüber zu informieren.
Spätere Nachfragen ergaben laut des Lesers, dass dem Arbeitslosen vorgeworfen wurde, er habe seine Sorgfaltspflicht verletzt, weil er vorher hätte wissen müssen, dass ihm das Geld gestrichen werde, wenn er ohne Erlaubnis die Stadt verlasse und dann wegen Krankheit den Termin bei der Arbeitsagentur nicht wahrnehme. Daran würden auch die nachgewiesenen Vorstellungsgespräche nichts ändern.
Nach Angaben des Lesers erfuhr der Arbeitssuchende erst sechs Wochen später, dass ihm Leistungen rückwirkend gestrichen würden.
Eine Schikane?
Was scheinbar nach einer bürokratischen Schikane der Arbeitsagentur ausschaut, rückt der Sprecher der Arbeitsagentur Duisburg Hans-Georg Grein aber zurecht: „Früher, als ich selbst noch Arbeitsvermittler war, habe ich das meinen Kunden immer folgendermaßen erklärt: Wenn Sie einen Arbeitsvertrag bei einer Firma haben, dürfen Sie auch nicht einfach unerlaubt von ihrem Arbeitsplatz wegbleiben, sondern müssen sich eine Genehmigung holen.“
Da sei der Bezug von Arbeitslosengeld schon in einem gewissen Maß vergleichbar mit einem Arbeitsvertrag. Über Rechte und Pflichten würde jeder Arbeitslose bei seiner Meldung mündlich und schriftlich ausführlich aufgeklärt – der Arbeitssuchende wusste laut Grein, dass er Bescheid sagen muss. Ein Anruf hätte genügt.
Probleme mit dem Versicherungsschutz
Und das sei keine Kontroll-Schikane, sondern habe verschiedene Gründe: „Es ist zumindest bei der Unfallversicherung problematisch mit dem Versicherungsschutz. Außerdem, um es mal an einem übertriebenen Beispiel zu erläutern: Der Ingenieur könnte sich ja auch bei einer Münchner Pommesbude vorstellen, nur um das Bewerbungsgespräch dazu zu nutzen, seinen Sohn mal wieder zu sehen“. Die Arbeitsagentur prüfe Stellenausschreibungen, ob sie überhaupt sinnig sind. „Wenn er sich beispielsweise von der Arbeitsagentur die Fahrtkosten erstatten lässt, würde das zu Lasten aller Arbeitnehmer gehen. Wir versuchen, verantwortungsvoll mit den Geldern umzugehen“, sagt Grein.
Und, dass Arbeitslose nicht über Kürzungen oder Ähnliches informiert werden würden, werde zwar immer wieder behauptet. „Wir haben aber hier dokumentiert, dass die entsprechenden Briefe rausgegangen sind an die Betroffenen“.
Trotzdem, so Grein, seien solche Fälle aber eher selten.