Duisburg. Die Bahn hat die Modernisierung des Hauptbahnhofs mit fünfjähriger Verspätung gestartet – nun auch mit einem symbolischen Akt und Reden.

Splitterndes Glas, das von Klebeband zusammengehalten wird, bröckelnde Stützpfeiler und Fangnetze unter einem Dach, das für seine Durchlässigkeit bekannt war. Wenn tatsächlich der erste Eindruck zählt, hatte Duisburg bei den vielen Hunderttausend Bahnreisenden wohl verloren, die den maroden Hauptbahnhof der Stadt in den vergangenen Jahren passiert oder betreten haben. Seit Anfang August aber bekommen Passagiere in der Gleishalle, Baujahr 1933, zu sehen, wie Arbeiter den ersten Bahnsteig und das Dach darüber abreißen: Die Bahn macht mit fünfjähriger Verspätung endlich die Welle, baut das lange versprochene, schwungvolle Dach. Den Beginn der Modernisierung feierte der Staatskonzern am Montag mit einem symbolischen Startschuss und etwa 150 geladenen Gästen. Und nicht nur Duisburgs Oberbürgermeister Sören Link jubelte, in Duisburg entstehe „der schönste Bahnhof Deutschlands“.

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Trotz der allgemeinen Feierlaune und der großen Versprechen von der Verkehrswende, die Rednerinnen und Redner beim Empfang auf dem gesperrten Bahnsteig im Verkehrs- und Baulärm machten, ließ es sich Sören Link nicht nehmen, die jahrelangen Verzögerungen zumindest zu erwähnen. „Besser spät als nie“ und „Was lange währt, wird endlich gut“, floskelte das Stadtoberhaupt.

Duisburg Hauptbahnhof: Drei Anläufe für bahnbrechende Sanierung

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Zur Erinnerung: Als die Bahn und der damalige NRW-Verkehrsminister Michael Groschek 2012 den „großen Wurf“ bekanntgaben, dass Duisburg endlich eine neue Gleishalle bekommt, kündigten sie den Baustart für 2017 an. 2019 aber musste der Konzern mitteilen, dass es nochmals drei Jahre länger dauert, bis die bahnbrechende Modernisierung beginnen kann: Zum zweiten Mal war eine Ausschreibung der komplizierten Abriss- und Sanierungsarbeiten gescheitert. Zum vorgegebenen Preis wollte kein Unternehmen bauen.

Artikel zur Modernisierung des Duisburger Hauptbahnhofs (chronologisch sortiert):

2016 hatte die Bahn noch 100 Millionen Euro für die Welle veranschlagt, nun investieren Bund, Land Nordrhein-Westfalen und DB AG rund 260 Millionen Euro in die gläserne Gleishalle. Wegen der langen Bauzeit bis 2028 und der Baupreis-Explosion rechnen Experten mit deutlichen Mehrkosten (wir berichteten).

So bedankte sich OB Link bei der Bahn, dass diese „trotz der Rückschläge“ an den „architektonisch anspruchsvollen“ Plänen festgehalten habe. Auch die Stadt werde, etwa durch die Neugestaltung des Bahnhofsvorplatzes auf der Ostseite, „beste Voraussetzungen für den Verkehrsträger Schiene“ schaffen. „Die IGA-Gäste“, so Link, „sollen gar nicht erst auf die Idee kommen, mit dem Auto in die Stadt zu fahren.“ Zur „Internationalen Gartenausstellung Metropole Ruhr“ erwartet Duisburg 2027 Zehntausende Besucher.

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So soll die neue Gleishalle des Duisburger Hauptbahnhofs aussehen. Auch in der Gleishalle wird die Wellenform des Dachs zu erkennen sein.
So soll die neue Gleishalle des Duisburger Hauptbahnhofs aussehen. Auch in der Gleishalle wird die Wellenform des Dachs zu erkennen sein. © Service AG ISBO | Deutsche Bahn

Bis zur IGA 2027 sollen fünf der sechs Bahnsteige erneuert sein

Bis dahin sollen mindestens fünf der sechs Bahnsteige samt Dach erneuert sein, erläuterte Werner J. Lübberink, Konzernbevollmächtigter der DB für NRW, nochmals den Bauplan (siehe Infobox unten). Mit der wellenförmigen Stahl- und Glaskonstruktion bekomme die Stahlstadt „keine 08/15-Umsetzung“, sondern „eine echte Visitenkarte“, so Lübberink. Auch er wagte den Superlativ: „Für mich wird es der schönste Bahnhof Deutschlands.“

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Lübberink dankte Bund und Land artig für „den Wiederaufbau West, den wir hier unbedingt brauchen“ und vergaß die Duisburger Mitarbeitenden des Staatskonzerns nicht: „Wenn jahrelang zu wenig gemacht wird, müssen es ganz wenige hinkriegen“. Einer von ihnen ist Bahnhofsmanager Klaus Oberheim, der Hausherr gewissermaßen. Er sprach von einem „sehr emotionalen Moment, auf den wir alle hingearbeitet haben“ und von dem, na klar, „vielleicht schönsten Bahnhof Deutschlands“.

Das neue Dach unter dem alten: das Modell der Duisburger Welle bei der Feierstunde in der alten Gleishalle.
Das neue Dach unter dem alten: das Modell der Duisburger Welle bei der Feierstunde in der alten Gleishalle. © FUNKE Foto Services | Olaf Fuhrmann

Bund steckt 212 Millionen Euro in Duisburger Hauptbahnhof

Susanne Henckel war für das Bundesverkehrsministerium aus Berlin angereist. Die parteilose Staatssekretärin lobte ebenfalls die architektonische Qualität der Welle („ein Highlight“, „etwas Neues, Mutiges“) und betonte den Beitrag des Bundes. Dieser übernehme mit 212 Millionen Euro mehr als 80 Prozent der Kosten. „Wenn wir mehr Menschen vom Bahnfahren überzeugen wollen“, so meinte Henckel, „müssen wir in attraktive Bahnhöfe investieren. Und das machen wir hier in Duisburg.“

Den finanziellen Anteil des Landes bezifferte am Rednerpult Gabriele Matz, Vorstandssprecherin des Verkehrsverbundes Rhein-Ruhr (VRR): NRW investiere allein in die Hauptbahnhöfe in Duisburg und Dortmund – in „Knotenbahnhöfe mit erheblichem Modernisierungsbedarf“ – rund 110 Millionen Euro. In Duisburg werde sich dies „gegen Ende des Jahrzehnts positiv auf die verkehrliche Gesamtsituation der Region auswirken“.

Es kann gleichwohl nur besser werden. Was auch Matz noch einmal attestierte: „Der Duisburger Hauptbahnhof entspricht in seiner wichtigen Funktion als Knotenbahnhof in NRW nicht mehr den modernen verkehrlichen, baulichen und gesellschaftlichen Anforderungen.“

>> SO ENTSTEHT DIE DUISBURGER WELLE

  • Abriss und Neubau von Bahnsteigen und Dachteilen erfolgen während des laufenden Verkehrsbetriebes – unter dem rollenden Rad – etappenweise Bahnsteig für Bahnsteig von Ost nach West, von Gleis 13 bis 1, von 2022 bis 2028.
  • In Bauphase 1 ist seit dem 5. August bis zum Sommer 2023 der Bahnsteig an den Gleisen 12 und 13 gesperrt. Der Fernverkehr hält an den Gleisen 10 und 11, weitere Einschränkungen gibt es laut Bahn nicht.
  • Der Duisburger Hauptbahnhof wird als Knotenpunkte zwischen Rheinland, Ruhrgebiet und Niederrhein nach DB-Angaben von täglich 130.000 Menschen genutzt, darunter 80.000 Fahrgäste.
  • Die Empfangshalle des Hauptbahnhofs war von 2009 bis 2011 saniert worden.
  • Die Gleishalle ist nicht die einzige Bahnhofsbaustelle: Die Stadt wollte nach der Erneuerung des innerstädtischen Bahnhofsvorplatzes (Portsmouthplatz) den Osteingang in Neudorf seit 2016 vom Charme eines Hinterausgangs befreien. Erst im Juni 2021 rollten die Bagger an, doch seit Anfang 2022 ruht der Umbau: Die beauftragte Firma ist nach Angaben der Stadt insolvent (wir berichteten).
So soll sich die Duisburger Welle am Osteingang des Duisburger Hauptbahnhofs präsentieren. Die Glasfassade wird voraussichtlich 2024 eingesetzt.
So soll sich die Duisburger Welle am Osteingang des Duisburger Hauptbahnhofs präsentieren. Die Glasfassade wird voraussichtlich 2024 eingesetzt. © Service AG ISBO | Deutsche bahn