Duisburg. Rund um den Hauptbahnhof entsteht viel Neues. Der Umbau der Gleishalle lässt weiter auf sich warten. Das ist der Zeitplan der Bahn für die Welle.
Der erste Eindruck, den Bahn fahrende Besucher von Duisburg haben, ist seit vielen Jahren: miserabel. Der Grund: die unvergleichlich marode Gleishalle des Hauptbahnhofs, errichtet von 1931 bis 1934. Sie ist ein Symbol dafür, dass die öffentliche Hand das Ruhrgebiet jahrzehntelang vernachlässigt hat, die Deutsche Bahn ihre Infrastruktur und ihre Kunden. „Wann wird endlich die neue Überdachung gebaut?“, fragt stellvertretend für Duisburger und Fahrgäste Marcus Hastermann: „Möchte die Stadt bei der IGA 2027 die Besucher mit diesem heruntergekommenen Bahnhof begrüßen? Damit beleidigt die Bahn uns Duisburger“, schimpft unser Leser. Ein Grund mehr, zum Stand der Planung nachzufragen.
Im April 2019 hatte die Bahn mitteilen müssen, dass es mindestens drei Jahre länger als geplant dauert, bis die bahnbrechende Modernisierung beginnen kann. Das war freilich nicht die erste Verschiebung. Als der Staatskonzern und der damalige NRW-Verkehrsminister Michael Groschek (SPD) 2012 den „großen Wurf“ bekanntgaben, dass Duisburg eine gläserne Welle bekommt, kündigten sie den Baustart für 2017 an, die Fertigstellung für 2020. Seither gab es etliche Verzögerungen und zuletzt zwei erfolglose europaweite Ausschreibungen: Zum vorgegebenen Preis wollte kein Unternehmen bauen.
Warum es nun, beim dritten Mal klappen soll? Zumal noch unklar ist, ob die Bahn mehr Geld für die geplante schicke „Duisburger Welle“ in die Hand nimmt als 2016 einkalkuliert.
Hauptbahnhof Duisburg: Umbau soll laut Bahn 2022 beginnen
Ein Sprecher der Bahn antwortet, die DB AG übernehme diesmal für die Baufirmen jene Arbeiten, die diese scheuten: „Wir haben damals von einigen Bauunternehmen die Rückmeldung erhalten, dass die Ausführungsplanung ein Hindernis war.“ Die Ausführungsplanung beinhalte „alle Planungs- und Genehmigungsverfahren bis hin zur Berechnung der benötigten Materialmengen“.
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Daran arbeitet nun seit mehr als zwei Jahren die DB-Tochter Station und Service mit Planungsbüros. Wenn all die Pflichtaufgaben im Büro erledigt seien, könnten sich „die Auftragnehmer ganz auf die Arbeitsvorbereitung und das Bauen konzentrieren“.
Das sei die zweite Lehre aus den beiden gescheiterten Ausschreibungen, so der Sprecher: „Es werden jetzt viele Ausschreibungen, kleinere Pakete.“ So werde es auch für mittelständische Unternehmen aus der Region „attraktiver, sich zu beteiligen“. Der Sprecher betont gleichwohl, die seinerzeit eingegangenen Angebote seien „unwirtschaftlich“ gewesen: „Da wir mit Steuermitteln bauen, wäre das nicht vertretbar gewesen.“
Ausschreibung noch im Sommer geplant
An den architektonischen Plänen ändere sich nichts: „Wir halten an der Welle fest, wir stehen dazu.“ Auch am zuletzt 2019 kommunizierten Zeitplan für den erneuten Anlauf habe sich nach Angaben des Sprechers nichts geändert: Die Bahn gehe weiterhin davon aus, dass der Neubau 2022, wohl im dritten Quartal, starten könne.
Die Voraussetzung bleibe gleichwohl, dass sich Bauunternehmen finden. Die Bahn gehe nach Angaben des Sprecher davon aus, „dass die Ausschreibung diesen Sommer veröffentlicht wird. Mit einem Ergebnis ist Ende 2021/Anfang 2022 zu rechnen. Zu den konkreten Kosten können wir uns nach der erfolgreichen Vergabe äußern.“ Ursprünglich hatte die Bahn 100 Millionen Euro für die Duisburger Welle veranschlagt.
Duisburg verändert rund um den Hauptbahnhof sein Gesicht
Rund um die abzureißende Stahlkonstruktion, die für ihr durchlässiges Dach und das Panzerklebeband auf den löchrigen Glasfassaden bekannt ist, schreitet der Umbau der Duisburger Mitte indes voran:
• Im Westen hat die Stadt die ehemalige Bahnhofsplatte über der A59 fertig gestaltet; mit dem „Mercator One“ steht der neue Eingang zur Innenstadt.
• Am Osteingang in Neudorf ist wie berichtet im Juni die Neugestaltung des Vorplatzes und des Verkehrsknotenpunktes gestartet.
• Südlich des Bahnhofs entsteht im Quartier 1 der Freiheit ein Neubau nach dem anderen.
• Auf dem Loveparade-Gelände ist der alte Güterbahnhof verschwunden, der Zirkus Flic Flac hat seine Zelte dauerhaft aufgebaut.
• Nach dem im März vorgestellten Sieger-Entwurf sollen auf der 30 Hektar-Brache zwischen Hauptbahnhof, A59 und Bahntrasse die „Duisburger Dünen“ der Stadt ein neues Gesicht, Renommee, tausende Arbeitsplätze und viel Lebensqualität bescheren – etwa mit Grünanlagen, die die Dünen mit dem Rheinpark in Hochfeld und dem Gelände der Internationalen Gartenausstellung (IGA) verbinden.
Duisburger Dünen statt alter Güterbahnhof
Zur IGA erwarten Duisburg und das Ruhrgebiet 2027 Zehntausende. Zurück also zur Frage, ob die IGA-Touristen unter dem bröckelnden Bahnhofsdach werden aussteigen müssen.
Abriss und Neubau von Gleis 13 zu Gleis 1
Die Antwort: wohl nur noch einige. Positiver formuliert: Vorausgesetzt, der Umbau startet tatsächlich spätestens Ende 2022, „wäre 2027 der überwiegende Teil der neuen Bahnhofshalle fertig“, so der Bahn-Sprecher. Denn Abriss und Neubau von Bahnsteigen und Dachteilen sollen (wie seit 2018 in Dortmund) Schritt für Schritt erfolgen – in Duisburg von Ost nach West, von Gleis 13 bis 1. „Zur IGA 2027 wäre der Großteil der Bahnsteige und des Dachs fertig.“
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Wobei der Sprecher vorsichtshalber einschränkt: „Es kann immer böse Überraschungen geben.“ Er meint Weltkriegsbomben und nicht verzeichnete Kabel, die Züge und Bauarbeiter ausbremsen würden.
Auch ohne solche Hindernisse wird die künftige Dauerbaustelle eine riesige Herausforderung: Die Bahn muss die Züge jahrelang auf die jeweils freien Bahnsteige umleiten. Von diesen also sollten die meisten 2027 neu gebaut und neu überdacht sein. Wer mit der Bahn reist, weiß allerdings: Bei ihr läuft’s oft nicht planmäßig.
>> NEUE GLEISHALLE: AUF BAHNSTEIGE SOLL VIEL TAGESLICHT FALLEN
• Die Denkmalbehörde hatte die marode Gleishalle bereits 2011 als nicht mehr standsicher eingestuft. Von 2009 bis 2011 wurde die Empfangshalle des Duisburger Hauptbahnhofs saniert.
• Die Sanierung der Bahnsteighalle beinhaltet den Neubau aller Bahnsteige und ein Dach aus gewellten Stahlträgern. Die neue Gleishalle hat mit 124 mal 150 Metern die gleichen Grundmaße wie die bisherige.
• Durch großflächige Öffnungen soll mehr Tageslicht in die Halle fallen. Viele Elemente sollen aus Glas sein. Das Dach sollen schlanke Stahlstützen tragen, die jeweils auf dem Bahnsteig statt im Gleisbereich gründen.