Duisburg. Schüsse auf offener Straße und Massenkeilereien – die Gewalt in Hamborn erinnert an den Duisburger „Rockerkrieg“. Dessen Aufarbeitung dauert an.

Schüsse auf offener Straße und Massenschlägereien – der Gewaltausbruch in Hamborn erinnert an den Duisburger „Rockerkrieg“ in den 2000er- und 2010er-Jahren. Die Gewalt eskalierte damals im Rotlichtviertel rund um die Charlottenstraße, wo die Reviere von Bandidos und Hells Angels aufeinandertrafen.

Ein erster tödlicher Tiefpunkt: Am 8. Oktober 2009 erschoss Höllenengel Timur A. seinen Kontrahenten, „Bandido“ Rudi Heinz „Eschli“ E. vor dem Bandidos-Vereinsheim. A. wurde zu einer elfjährigen Haftstrafe verurteilt, später in die Türkei abgeschoben.

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Ab 2012 forderte ein erster deutscher Ableger der niederländischen Gang Satudarah MC die Platzhirsche in Duisburg heraus. Die Folgen im Stadtgebiet: Massenschlägereien, Anschläge mit Handgranaten und Schießereien auf offener Straße. 2014 wurde Ex-Satudarah-Chef Yildiray K. nach einem Geständnis unter anderem wegen Verstößen gegen das Waffengesetz verurteilt.

Mit dem Verbot der Gruppierung 2015 wurden im westlichen Ruhrgebiet seltener Konflikte im Rockermilieu bekannt. Unter Polizeipräsidentin Dr. Elke Bartels gelang es, die Rockerfehden zu befrieden.

Der Mord an Hells Angel Kai M. (32)

Die Duisburger Bandidos brachte zuletzt Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) in die Schlagzeilen, als auch der hiesige Ortsverein verboten wurde: Die Polizei beschlagnahmte im Juli 2021 das gelb gestrichene Vereinsheim „Fat Mexican“.

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Die Aufarbeitung eines Mordes im Milieu dauert bis heute an: Anfang 2014 hatte ein Angler am Rhein in Mündelheim den Arm des Hells Angels Kai M. gefunden, zwei Monate später tauchte dessen Torso auf. Erst 2022 konnte die Duisburger Staatsanwaltschaft sechs mutmaßliche Mitglieder der Hells Angels nach einem vollendeten und einem zweifachen versuchten Mord anklagen; zwei von ihnen sind flüchtig. Das Duisburger Landgericht prüft zurzeit, ob es die Anklage zulässt.

Clan-Kriminalität: Polizei zählte 2021 in Duisburg 352 Taten

Ein neues Lagebild Clan-Kriminalität hatte NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) erst im April vorgestellt: Die Zahl der Straftaten durch kriminelle Clan-Angehörige war demnach in NRW 2021 von 5780 auf 5460 gesunken. Die meisten dieser Taten 2021 wurden laut Statistik erneut im Ruhrgebiet begangen: 599 waren es in Essen, 444 in Recklinghausen, 391 in Gelsenkirchen, 352 in Duisburg, 299 in Bochum und 283 in Dortmund.

Die Polizei beobachtet in Duisburg 75 kriminelle Clans. Seit 2018 arbeiten zwei Sonderermittler in dem Projekt „Staatsanwälte vor Ort“ daran, Verfahren gegen die kriminellen Großfamilien zu beschleunigen und Erkenntnisse über die Strukturen zu sammeln.

Schüsse auf dem Altmarkt: Nachrichten, Bilder und Hintergründe aus Duisburg