Duisburg/Oberhausen/Mönchengladbach. Staatsanwaltschaft wirft Rockern schwere Straftaten vor, darunter den Mord an Kai M. (32). Sechs Hells Angels angeklagt, zwei weiter flüchtig.

Die Duisburger Staatsanwaltschaft hat sechs mutmaßliche Mitglieder der Hells Angels nach einem vollendeten und einem zweifachen versuchten Mord angeklagt. Es geht um zwei spektakuläre Fälle, die schon länger zurückliegen: die Attacke auf ein führendes Mitglied eines Chapters der Bandidos in Oberhausen im November 2013 und den gewaltsamen Tod von Rocker Kai M. vermutlich im Januar 2014 in Mönchengladbach. Die Angeklagten im Alter von 34 bis 45 Jahren sollen dabei in wechselnder Zusammensetzung beteiligt gewesen sein.

Wermutstropfen für die Ermittler, Ankläger, Opfer und die Hinterbliebenen des Getöteten: Zwei dringend Tatverdächtige sind weiter flüchtig. Darunter der Mülheimer Mustafa Hendem, der im Herbst vor neun Jahren die Schüsse auf den Bandido und seine Freundin abgegeben haben soll, nachdem deren Wagen von mehreren Hells Angels blockiert worden war. Und vor allem Ramin Yektaparast, zum Zeitpunkt der beiden Taten Vize-Präsident des Hells Angels-Charters in Oberhausen und später dann Boss der Rocker in Mönchengladbach, der den Ermittlern als Rädelsführer beider Taten gilt.

Aktivitäten im Rotlichtmilieu an der Flaßhofstraße in Oberhausen

Zwei der insgesamt acht tatverdächtigen Rocker sollen bei beiden Vorfällen beteiligt gewesen sein: Der flüchtige Yektaparast und ein heute 35-jähriger Komplize, der nicht wegen dieser Taten sondern wegen Drogengeschäften in Wuppertal in Untersuchungshaft im Gefängnis sitzt. Yektaparast soll den damals 32-jährigen Kai M., der im Rotlichtmilieu an der Flaßhofstraße in Oberhausen aktiv war, erschossen haben. Das Opfer traf ein Schuss in den Kopf. Die Täter sollen M. verdächtigt haben, Geheimnisse der Bande zu verraten oder zu den verfeindeten Rockern der Bandidos überlaufen zu wollen.

Die Rocker zerteilten danach den Leichnam des Toten und versuchten, ihn an mehreren Stellen im Rhein und im Rhein-Herne-Kanal verschwinden zu lassen. Letztlich allerdings ohne Erfolg, denn die Polizei fand teils Jahre später die sterblichen Überreste, die inzwischen den Hinterbliebenen übergeben worden sind.

Kronzeuge verhalf der Polizei bei Ermittlungen zum Durchbruch

Die Anklage stützt sich im Wesentlichen auf die Aussage eines Kronzeugen. Tatwaffen etwa sind in beiden Fällen nie gefunden worden. Die Angeklagten haben im Rahmen der laufenden Ermittlungen gegenüber den Behörden nichts gesagt. In der Szene ist das der Regelfall, mit der Polizei sprechen tabu. Umso wertvoller war für die Ermittler der Kronzeuge, zu dem die Behörden aus Zeugenschutzgründen keine weiteren Angaben machen.

Das Duisburger Landgericht war schon mehrfach Schauplatz größerer Verfahren gegen Mitglieder von Rocker-Gruppierungen - stets unter großen Sicherheitsvorkehrungen.
Das Duisburger Landgericht war schon mehrfach Schauplatz größerer Verfahren gegen Mitglieder von Rocker-Gruppierungen - stets unter großen Sicherheitsvorkehrungen. © WAZ FotoPool (Archiv) | Stephan Eickershoff

Vier der Angeklagten sitzen derzeit im Gefängnis, teils in U-Haft, teils aber auch wegen anderer Delikte. Einer von ihnen soll die Leiche zerstückelt, die übrigen bei der Beseitigung der Leiche geholfen haben. Zwei weitere Angeklagte befinden sich unter Auflagen auf freiem Fuß. Bei den U-Häftlingen prüft das Oberlandesgericht Düsseldorf gerade, ob die Fortdauer der Untersuchungshaft angesichts der bisherigen Dauer des Verfahrens noch gerechtfertigt ist. Die Anwälte der Männer hatten Beschwerde eingelegt.

Das Duisburger Landgericht prüft nun im sogenannten Zwischenverfahren, ob es die Anklage zulässt. Einen Termin für einen Prozess gegen die Rocker gibt es daher noch nicht. Wenn es dazu kommt, dürfte er mit hohen Sicherheitsvorkehrungen einhergehen.