Duisburg. Entsetzt reagiert die Politik in Duisburg auf die Eskalation der Gewalt am Hamborner Altmarkt. Landtagskandidaten streiten über Reuls Strategie.

Entsetzt sind Oberbürgermeister Sören Link und Politiker aus dem Stadtnorden nach der Schießerei auf dem Hamborner Altmarkt. Übereinstimmend sprechen sie von „einer neuen Qualität der Gewalt“. Kurz vor der Landtagswahl streiten die Kandidaten in Duisburg nun auch über die Sicherheitspolitik von NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) und sein Vorgehen gegen organisierte Kriminalität. Oberbürgermeister Sören Link bat Reul am Donnerstag nach eigenen Angaben in einem Telefonat „um ein klares Bekenntnis, die Hundertschaft der Polizei im Duisburger Norden zu belassen“.

Bei seiner Stellungnahme in Düsseldorf wenige Stunden später versicherte Reul, dass es keine Pläne gebe, die seit 2015 dauerhaft im Duisburger Norden stationierte Hundertschaft abzuziehen. Dies allerdings stand, soweit bekannt, auch nicht in Frage – OB Link hatte diese Bitte an Reul dennoch öffentlich adressiert. Über die Stationierung wird bislang alljährlich neu entschieden.

Schüsse auf dem Altmarkt: Nachrichten, Bilder und Hintergründe aus Duisburg

Duisburgs OB Sören Link: „Unbeteiligte Menschen wurden in Lebensgefahr gebracht“

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Link hatte zuvor erklärt: „Klar scheint: Hier wurden Auseinandersetzungen im Rocker- und Clanmilieu auf offener Straße ausgetragen, unbeteiligte Menschen wurden in Lebensgefahr gebracht.“ Ein ganzer Stadtteil sei „in Angst und Schrecken versetzt“ worden, so Link. „Rocker- und Clankriminalität ist ein deutschlandweites Problem und den Bürgerinnen und Bürger fehlt zunehmend das Verständnis für das, was sich teilweise direkt vor ihren Haustüren abspielt. Hier muss der Rechtsstaat mit aller Härte durchgreifen. Diese Taten müssen bis ins letzte Detail aufgeklärt werden und sie dürfen sich nicht wiederholen.“

Deniz Güner (CDU): Mitbewerber haben den Ernst der Lage nicht verstanden

„Es kann nicht sein, dass am helllichten Tag in Wildwestmanier mitten in Alt-Hamborn herumgeschossen wird“, meint Deniz Güner. Für den Landtagskandidaten der CDU im Stadtnorden „zeigt sich wieder, wie wichtig die Bekämpfung der organisierten Kriminalität ist, die durch unseren Innenminister Herbert Reul tagtäglich forciert wird.“

Güner kritisiert, etwa auf Facebook, seine Mitbewerber Frank Börner (SPD) und Melih Keser (Grüne), die öffentlichkeitswirksame Razzien von Reul im März in Marxloh als „PR-Show“ bezeichnet hatten: „Sie haben den Ernst der Lage nicht verstanden und tragen politische Verantwortung dafür, was am Altmarkt passiert ist.“

Börner (SPD) und Keser (Grüne): PR-Show des Ministers stört Hintermänner nicht

Frank Börner (SPD): Der Kampf muss den Hintermännern der Kriminalität gelten.
Frank Börner (SPD): Der Kampf muss den Hintermännern der Kriminalität gelten. © SPD Duisburg

Sowohl Börner als auch Keser bleiben bei ihrer Wortwahl. „Eine Festnahme und ein paar Geldspielautomaten, das stört die Kriminellen nicht“, sagt Börner. „Es reicht nicht, in Shisha-Bars Tabak einzusammeln“, sagt Keser, „denn die eigentlichen Kriminellen machen weiter. Es muss um die Hintermänner, die Geldströme und die Waffen gehen“. Die Schießerei belege „das Versagen der schwarz-gelben Landesregierung in den vergangenen Jahren“.

Um weiteren Eskalationen der seit Jahren schwelenden Auseinandersetzung zwischen kriminellen Gruppen Einhalt zu gebieten „muss es jetzt massive Polizeipräsenz geben“, fordert der SPD-Landtagsabgeordnete Börner. Die Stationierung der Hundertschaft müsse deshalb dauerhaft gesichert werden. Der Abbau von Stellen erweise sich nun als kontraproduktiv, so Börner weiter. Es gelte nun, „intensiv gegen die Hintermänner vorzugehen. PR-Gags bringen nichts mehr.“

Melih Keser wünscht sich dazu auch eine Stärkung der Polizeiwachen vor Ort: „Diese Beamten kennen die Leute und sind im Stadtteil vernetzt.“

Melih Keser (Grüne): Schießerei belegt das Versagen der Landesregierung.
Melih Keser (Grüne): Schießerei belegt das Versagen der Landesregierung. © FUNKE Foto Services | Tanja Pickartz

„Schockierend, aber nicht vollkommend überraschend“ sei der Gewaltausbruch, meint FDP-Landtagskandidat Dennis Erle. „Die Polizei, die schnell vor Ort war, hat wohl Schlimmeres verhindert.“ Wichtig sei nun eine „lückenlose Aufklärung“ und die Fortsetzung der Innenpolitik der CDU/FDP-Koalition in NRW „mit Rekordeinstellungen bei der Polizei, systematischen Razzien und konsequenter Strafverfolgung“.

Bezirksbürgermeisterin Herrmann ist in Sorge um das Klima im Stadtteil

„Fassungslos und total schockiert“ – so beschreibt Martina Herrmann ihre Stimmung. Die Bezirksbürgermeisterin (SPD) registriert „dass durch diese Eskalation auch Alt-Hamborn auf der Kippe steht.“ Trotz der Erleichterung darüber, dass niemand ums Leben kam, „frage ich mich, was das mit den Menschen macht, die hier leben“, so Herrmann. Ihre Sorge gelte den Unbeteiligten und dem Klima im Stadtteil. Sie meint: „Viele Hamborner gehen abends nicht mehr raus.“

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  • In ihrer Sitzung am kommenden Mittwoch, 11. Mai, wird sich die Bezirksvertretung Hamborn mit der Schießerei am Altmarkt und ihren Folgen beschäftigen, kündigt Martina Herrmann an. Sie werde einen Vertreter der Duisburger Polizei einladen. „Vielleicht kann der ja schon von Ergebnissen der Ermittlungen berichten“, hofft die Bezirksbürgermeisterin.
  • Ein Antrag der AfD auf eine Schweigeminute im Stadtteil-Parlament ging am Donnerstag bereits bei Martina Herrmann ein. Abgewinnen kann sie ihm wenig, sagt sie: „Das ist eine Entwicklung, zu der man nicht schweigen kann.“