Duisburg. Aufsichtsrat und Juristen können über die Impfaffäre hinaus zeigen, dass sie es mit der Aufklärung beim Hafen ernst meinen. Die Mitarbeiter auch.
Die Beschlüsse des Aufsichtsrates in der Duisburger Impfaffäre gehen vielen Kritikern Erich Staakes nicht weit genug. Aber das Vorgehen eröffnet – auch vor dem Hintergrund, dass es bis heute keine Sanktionen gegen Impfdrängler gibt – zumindest Möglichkeiten: Alle zwölf Vertreter von Land, Stadt und Belegschaft sowie die beauftragten Juristen können beweisen, dass sie es nicht nur mit der Prüfung arbeitsrechtlicher Konsequenzen für Impfdrängler Staake ernst meinen, sondern auch mit der Aufklärung im Unternehmen. Das gilt auch für Hafen-Mitarbeiter.
Die Empörung über die Impfdrängelei ist für mehrere Unbekannte Anlass genug, anonym Vorwürfe gegen Staake zu verbreiten. Der Hinweis auf den Porsche, den Staake seinem Arbeitgeber für 37.000 Euro abkaufte, ist nur ein Beispiel. Späte Rache an einer – auch noch angeschossenen – „Lame duck“? Von Mitarbeitern, bei denen sich der Chef unbeliebt machte? Denunziantentum?
Keine Nestbeschmutzung, sondern Aufklärung
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Solche Vorwürfe greifen zu kurz. Denn wenn Mitarbeiter Missstände bei ihren Arbeitgebern öffentlich machen, bewegen sie sich in einer rechtlichen Grauzone. Sie riskieren arbeitsrechtliche Konsequenzen, auch weil es hierzulande keine Schutzgesetze gibt. Nun aber verspricht der Aufsichtsrat, auch „anonym vorgebrachte Vorwürfe von einem Expertenteam untersuchen“ zu lassen.
Wohlan, hier gibt es jetzt also hoffentlich kompetente Adressaten – gegebenenfalls auch für Hinweise auf mutmaßliche Verstöße gegen „Compliance“-Regeln und Straftaten. Mit Verrat hat das nichts zu tun. Schon gar nicht in einem Unternehmen, das zu 100 Prozent in öffentlicher Hand ist.
Wen blendete die strahlende Bilanz des Hafens?
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Eng verknüpft ist mit den Untersuchungen die Frage, wie ernsthaft Aufsichtsratsmitglieder in über zwei Jahrzehnten die Arbeit des Vorstandes kontrolliert haben. Die Bilanzen und der Glamour des internationalen Parketts strahlen – das weiß Staake nur zu gut –, aber sie können auch blenden und ablenken.
Erich Staake hat sich als Manager alter Schule viele Feinde gemacht. Die Impfaffäre passt ins Bild vom rücksichtlosen Macher, der nur eigene Interessen verfolgt – und die des Hafens. Etwa, wenn er die Sicht aufs beliebteste Wahrzeichen der Stadt, Tiger & Turtle, mit einer Halle verbauen lässt. Staake konnte immer auf den Erfolg des Hafens verweisen, auf die Jobmaschine, mit der Stadtspitzen und Landesregierungen als rentables Paradebeispiel für Strukturwandel angeben können.
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Er und sein Team um Thomas Schlipköther, das vielen als Erfolgsfaktor gilt, können stolz und selbstbewusst sein. Der Erfolg mag auch in einem öffentlichen Unternehmen Gehälter ermöglichen, die weit über dem Bruttogehalt der Kanzlerin (350.000 Euro) liegen, mag manche Eitelkeit und teure Zigarren für potenzielle Geschäftspartner legitimieren. Und Egoismus, Arroganz oder ein verstellter moralischer Kompass allein wären nicht strafbar. Aber auch der größte Erfolg – für Stadt, Land und Mitarbeiter – beschert keine Sonderrechte. Im Idealfall klärt die Untersuchung nun, ob man Staake rechtswidriges Verhalten abseits der Impfdrängelei vorwerfen kann.
Und keine Frage: Sollte er als Chef eines öffentlichen Unternehmens Senioren in Todesgefahr und Altenpflegern Impfdosen weggenommen und obendrein öffentlich gelogen haben, wäre es das Mindeste, ihm den Ruhestand nicht auch noch mit Steuergeld für Beraterhonorare zu versüßen.
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