Bottrop. Bottrops Parkfriedhof hat nun eine Stelle für Menschen, die mit ihrer Trauer sonst allein wären. Helferinnen der Hospizgruppe betreuen den Ort.
Wer gerade in Bottrop trauert und nicht allein sein oder reden möchte, hat dafür jetzt einen besonderen Ort: die Trauerbank auf dem Parkfriedhof. Dort ist seit Anfang Mai, also noch ganz frisch, an jedem Dienstagnachmittag jemand von der ambulanten Hospizgruppe anzutreffen, der oder die ein offenes Ohr und vor allem auch Zeit hat, zuzuhören.
„Das ist ein neuer Baustein in unseren Angeboten zum Thema Trauerarbeit“, sagt Anja Lenzyk. Sie ist eine der Koordinatorinnen bei der ambulanten Hospizgruppe. Das Trauercafé, die individuelle Begleitung oder die Trauergruppe mit einem festen Teilnehmerkreis sind bereits über längere Zeit etabliert. Die Trauerbank hingegen, übrigens eine Idee, die es in Nachbarstädten schon länger gibt, gehört zu den offenen Angeboten, für die auch keine Anmeldung notwendig ist.
14 Trauerbegleiterinnen wechseln sich jeden Dienstag auf der Bottroper Trauerbank ab
„Wir sind einfach da, egal, ob zwei oder zehn Personen kommen und haben auch keinen Zeitdruck, also: Wir hören nicht Punkt 16 Uhr auf und schicken die Besucher weg, weil die angegebene Stunde um ist“, sagt Anne Wohlfahrt. Sie ist eine von 14 ausgebildeten ehrenamtlichen Trauerbegleiterinnen der Hospizgruppe. Männer seien unterrepräsentiert, „in der Trauerarbeit haben wir derzeit nur einen ehrenamtlichen Kollegen“, so Anne Wohlfahrt.
Aber was passiert nun auf der Trauerbank? „Wir nehmen uns auf jeden Fall erst einmal zurück“, sagt Anne Wohlfahrt. „Oft wollen die Trauernden in der Situation zunächst selbst reden, müssen vielleicht Worte finden in so einer Ausnahmesituation.“
Sie selbst gebe vorher erst einmal ihre persönlichen Befindlichkeiten ab, lasse die Situation sich entwickeln, so die Trauerbegleiterin. Manche seien allein, hätten niemanden, mit dem sie reden können. Andere können oder wollen nicht in der Familie über ihre Gefühle sprechen. Sie denkt an eine Dame, die sagte, ihr Sohn helfe ihr schon mit so vielen Dingen, jetzt wolle sie ihn nicht auch noch mit ihrer eigenen Trauer belasten.
Eine Situation, an die sich ähnlich auch Heike Lüning erinnert, als vor vielen Jahren ihr Vater gestorben ist. Als Abteilungsleiterin in der Friedhofsverwaltung war sie genauso wie ihre Kollegen Helmut Lüchtefeld und Anna-Sophie Böhmer sofort für die Einrichtung der Trauerbank. Es gebe doch keinen besseren Ort dafür. Man blicke ins Grüne, auf die großen alten Bäume, eine Atmosphäre, die immer auch etwas Tröstliches habe.
„Und die Bank, besser: die Bänke, stehen ja nicht frei herum, sie sind überdacht, vor Regen und Sonne geschützt, ein Halbrund ist angedeutet, es gibt Platz auch für sechs oder zehn Leute“, sagt Helmut Lüchtefeld und blickt auf das hölzerne Schutzhäuschen, das schon lange an der Erhöhung hinter der Trauerhalle steht. Seit Kurzem hängt dort ein Schild: „Platz für Trauer“. Auch die Uhrzeiten stehen dort. Dienstag, 15 bis 16 Uhr. Aushänge, die auf das neue Angebot im Parkfriedhof hinweisen, gebe es übrigens bereits auf allen Friedhöfen der Stadt.
Wo früher Geistliche die ersten Ansprechpartner waren, fehlt diese Rückbindung heute oft
An den letzten beiden Dienstagen waren bereits Menschen da, ohne große Werbung. Und es seien nicht nur alte Menschen, die kämen, obwohl gerade die oft niemanden aus ihrem Umfeld mehr haben, der zuhört, dem sie vertrauen, so Anne Wohlfahrt. Auch das sind Anzeichen einer rapide alternden Gesellschaft. Dazu kommt eine abnehmende Kirchenbindung. Wo früher Geistliche oder andere Kirchenleute die ersten Ansprechpartner waren, fehle diese Rückbindung heute oft, gerade auch bei jüngeren Menschen.
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„Wir sehen uns bewusst als eine neutrale Anlaufstelle, die, wie bei der Sterbebegleitung in der Hospizarbeit, auch in der Trauerarbeit natürlich werteorientiert handelt, aber nicht eine Religion oder Konfession ins Zentrum rückt“, sagt Anja Lenzyk. Und sie weiß: Gerade Trauerbegleitung für Kinder, Jugendliche und Familien werde immer wichtiger. Daher bilden sie in der Hospizgruppe derzeit auch Trauerbegleiterinnen für diese Altersgruppe aus.
Im Unterschied zur Hospizarbeit und Sterbebegleitung wird die Trauerbegleitung nicht gefördert oder bezuschusst, ist also auch auf Spenden angewiesen. Die Hospizgruppe führt dennoch alle Trauerangebote kostenlos durch, selbstverständlich auch die Gespräche auf der Trauerbank. „Wir arbeiten ehrenamtlich und eine von uns ist immer dort, man muss sich doch darauf verlassen können“, sagt Anne Wohlfahrt.
Trauerbank: Auf dem Parkfriedhof, Hans-Böckler-Straße, dienstags, 15 bis 16 Uhr. Schutzhäuschen oberhalb der Trauerhalle. Auf der Tafel gibt es auch weitere Infos. Mehr zur ambulanten Hospizgruppe: hospizgruppe-bottrop.de.