Bottrop. Die Stadt Bottrop tritt der Charta Friedhofskultur bei. Die stellt die kulturelle, soziale und ökologische Bedeutung der Friedhofsflächen heraus.

Bottrop ist jetzt der Charta der Friedhofskultur beigetreten. Nachdem die Deutsche Friedhofskultur schon vor zwei Jahren in die Liste des Immateriellen Kulturerbes der Unesco aufgenommen wurde, geht es nun um Erhalt und Weiterentwicklung auch der acht städtischen Bottroper Friedhöfe. Dahinter verbergen sich immerhin 68 Hektar oder 680.000 Quadratmeter Fläche, die nicht nur eine vielfältigere Nutzung als früher erfahren, sondern deren ökologische Bedeutung immer weiter wächst.

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Wie sehr auch in dieser Stadt ein Bewusstseinswandel hinsichtlich der Bedeutung dieser Ruheorte eingesetzt hat, macht Bürgermeister Klaus Strehl am Rande der Unterzeichnung der Charta auf dem Parkfriedhof deutlich. „Der Alte Friedhof sollte vor vielen Jahren sogar einmal in Bauland umgewandelt werden, heute undenkbar, auch aufgrund der Bedeutung für die Stadtgeschichte“, so Strehl.

Auf dem Parkfriedhof erweitert bereits eine Streuobstwiese das ökologische Spektrum. Die Grabstellen werden weniger und sollen künftig in den Kernbereichen der acht Bottroper Friedhöfe konzentriert werden.
Auf dem Parkfriedhof erweitert bereits eine Streuobstwiese das ökologische Spektrum. Die Grabstellen werden weniger und sollen künftig in den Kernbereichen der acht Bottroper Friedhöfe konzentriert werden. © FUNKE Foto Services | Thomas Gödde

Dass man es allerdings von städtischer Seite nicht immer so penibel genau nimmt mit den Friedhofsflächen, zeigt sich in Kirchhellen. Dort hat man immerhin 12.000 Quadratmeter der Anlage an der Schulstraße zur Bebauung freigegeben und für weitere Belegung gesperrt. Begründung: Es würde heute platzsparender als früher bestattet, man brauche diese Fläche in ihrer ursprünglichen Nutzung nicht mehr, berichtete die WAZ vor einem Jahr. So wird das „Dorf“ im Norden immer weiter zugepflastert, versiegelt.

Ökologische Nutzung von Bottroper Friedhofsflächen

Immerhin geht es auch anders. „Zehn von 68 Hektar nutzen wir schon anders, und zwar ökologisch“, sagen Helmut Lüchtefeld (Friedhofsunterhaltung) und Heike Lüning (Umwelt & Grün). Am bekanntesten ist sicher die vor einiger Zeit auf dem Parkfriedhof angelegte Streuobstwiese.

Auf einem nicht mehr als Gräberfläche genutzten Areal am Rande des Friedhofs wachsen nun verschiedene, zum Teil auch alte, Obstsorten. Anderswo sind Staudenflächen oder Blühwiesen entstanden oder es werden Nistmöglichkeiten für viele Vogelarten geschaffen. Da passt es auch, dass der Ostfriedhof in der kommenden Woche vom Naturschutzbund Deutschland (Nabu) als „Schmetterlingsfreundlicher Friedhof“ ausgezeichnet werden soll.

Bürgermeister Klaus Strehl unterzeichnet die Beitrittsurkunde zur Charta Friedhofskultur in der Halle des Parkfriedhofs. Helmut Lüchtefeld, Anna-Sophie Bömer (Friedhofsunterhaltung) und Heike Lüning (Grün & Umwelt) sind für die Umsetzung und Weiterentwicklung der Friedhöfe zuständig.
Bürgermeister Klaus Strehl unterzeichnet die Beitrittsurkunde zur Charta Friedhofskultur in der Halle des Parkfriedhofs. Helmut Lüchtefeld, Anna-Sophie Bömer (Friedhofsunterhaltung) und Heike Lüning (Grün & Umwelt) sind für die Umsetzung und Weiterentwicklung der Friedhöfe zuständig. © FFS | Heinrich Jung

Aber in der Charta Friedhofskultur, der neben Bottrop über 50 weitere deutsche Städte beigetreten sind, geht es um mehr als Ökologie. Es gehe zunächst um das Recht auf eine würdevolle Bestattung, um die Möglichkeit eines ehrenden Gedenkens, so Strehl.

Kulturelle und historische Erinnerung spielten da ebenso eine Rolle, auch das müsse bei der Gestaltung und Weiterentwicklung der Friedhöfe immer mitgedacht werden. „Denn immerhin werden auch heute noch 95 Prozent aller hier Verstorbenen in Bottrop beigesetzt“, sagt Helmut Lüchtefeld. Das sei auch 2021 so gewesen, aller anderen alternativen Bestattungsformen wie Friedwälder oder Seebestattungen zum Trotz. Und die so eingenommenen Gebühren dienten natürlich auch zum Erhalt und Pflege der Areale.

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Bestattungen sollen auf die Kernflächen der Bottroper Friedhöfe beschränkt werden

Perspektivisch wolle Bottrop die Bestattungen, nicht zuletzt auch aus Kostengründen, auf die Kernflächen der Friedhöfe begrenzen, die anderen Bereiche als Naturflächen und auch ökologische Lunge der Stadtlandschaft weiterentwickeln. Vor allem möchte man aber wichtige Punkte der Charta noch stärker als bisher beachten. Dazu gehören vor allem die Bedeutung der Friedhöfe als Orte der Begegnung, des Glaubens, gemeinsamer Erinnerung und so gewissermaßen sich selbst fortschreibender Geschichtsbücher einer Stadt.

Gewandelte Nutzung der Begräbnisorte

In den letzten 50 Jahren hat sich die Nutzung und damit auch die Vorstellung dessen, was auf Friedhöfen erlaubt und angemessen ist, stark verändert. Stand früher der Trauer- und Andachtsgedanke im Mittelpunkt, so werden die Bottroper Friedhöfe immer mehr auch Freizeitort.

Dabei ist längst nicht alles erwünscht oder erlaubt. Individueller Sport sei keine Problem, so Helmut Lüchtefeld von der Friedhofsunterhaltung der Stadt. Aber man solle auf Lärmentwicklung oder Musikbeschallung verzichten. Wie überall in der Stadt sind auch Partys oder Grillgelage verboten. Hunde sollten angeleint bleiben, Hinterlassenschaften beseitigt werden. Auf Trauernde oder Beisetzungen sollte Rücksicht genommen werden.