Bottrop. Die Ambulante Hospizgruppe Bottrop gründet eine Kindertrauergruppe. Alle Gefühle haben hier ihren Platz, alle Fragen auch. Das können viele sein.
Ein noch junger Vater stirbt. Für seine Familie gerät die Welt ins Wanken. Die Kinder spüren den Schmerz ihrer Mutter, möchten sie nicht noch trauriger machen. Zögern damit Fragen zu stellen, die doch eigentlich in ihnen brennen. „Bei uns sollen Kinder einen geschützten Raum bekommen, um an ihrer Trauer zu arbeiten“, sagt Christiane Raffel, Koordinatorin der Ambulanten Hospizgruppe Bottrop. Die startet im September eine spezielle Kindertrauergruppe.
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Erklärtes Ziel ist es, den trauernden Kindern und ihren Familien eine gute Verarbeitung des Verlustes einer wichtigen Bezugsperson zu ermöglichen, sie zu stärken. Ein zentraler Punkt der Gruppenarbeit ist dabei der Austausch der Kinder untereinander. Mädchen und Jungen, die einen nahen Angehörigen verloren haben, fühlten sich in der Schule, im Verein häufig sehr allein. „Man ist plötzlich erstmal ein bisschen anders als die anderen“, meint Raffel. In der Gruppe aber sehen die Jungen und Mädchen: Ich bin kein Einzelfall; es gibt andere, die mich verstehen.
Trauergruppe für Kinder in Bottrop: „In der Trauer sind alle Gefühle erlaubt“
Zudem ist es der Trauerbegleiterin wichtig, „dass Kinder lernen, ihre Gefühle zu benennen“. Dabei hilft ein - kreativ selbst erstellter - Gefühlswürfel mit Symbolen vom Herz über den Blitz bis hin zum bunten Konfettiregen, der zum Beispiel am Anfang einer Gruppenstunde in die Hand genommen wird. 25 Karten mit Gefühlsmonstern machen es leichter zu beschreiben, wie man ist, wenn man traurig ist.
Das eine Monster lugt verzagt um eine Ecke, das nächste fährt zornig in die Luft, wieder ein anderes hat lauter Herzen um sich herum. „In der Trauer sind alle Gefühle erlaubt“, betont Christiane Raffel; auch das sollen die Mädchen und Jungen in der Gruppe erfahren und ausleben können. Und natürlich wird auch miteinander gelacht.
„Ich habe meine Ausbildung bei Mechthild Schroeter-Rupieper gemacht“, berichtet die Leiterin der Kindertrauergruppe, viele Anregungen hat die Trauerbegleiterin dort mitgenommen. Schroeter-Rupieper gilt als eine Pionierin der Familientrauerarbeit, sie leitet ein entsprechendes Institut in Gelsenkirchen. Christiane Raffel greift auch auf Schroeter-Rupiepers Bücher zurück wie „Geht Sterben wieder vorbei“ (Gabriel Verlag, 2020). Denn: „Bei Kindern gibt es oft auch ein sachliches Interesse am Tod und an der Beerdigung. Häufig ist es aber schwierig, diese Fragen zu Hause zu stellen“, weiß Raffel. Vor Trauer erschütterte Erwachsene überfordern Fragen wie: Wird Papa jetzt von Würmern aufgefressen?
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„Wichtig ist, Kindern alles altersgemäß zu erklären. Die Situation ist für sie genauso unbeherrschbar. Werden sie einbezogen, fühlen sie sich als Teil und bekommen dadurch Sicherheit.“ Sachliche Information ersetzt beängstigende Phantasie. „Es wird immer noch gesagt: Opa ist eingeschlafen“, nennt Raffel ein weiteres Beispiel. Das soll junge Kinder vermeintlich schützen – bewirkt aber möglicherweise das Gegenteil, weil dieser Satz Ängste vorm Einschlafen weckt.
Typisch für Kinder nach einem Verlust: Trauerpfützen
Gerade wenn die Kinder noch klein sind, springen sie sinnbildlich in Trauerpfützen – eben noch sind sie traurig und weinen, und dann spielen sie fröhlich, als wäre nichts passiert. „Das ist für viele Eltern schwierig“, weiß die Trauerbegleiterin aus Erfahrung. Überhaupt trauern Kindern ja anders als Erwachsene, „das hat mit ihrem Alter zu tun und damit, was für ein Todesverständnis sie haben“. Kinder lebten absolut in der Gegenwart.
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Maximal zwölf Kinder können pro Gruppe mitmachen, Christiane Raffel hat für die Begleitung ein dreiköpfiges Team an ihrer Seite. Angemeldet werden können Kinder jeden Alters. Je nach Bedarf kann es auch zwei Gruppen für verschiedene Altersstufen geben. Das Ende jeder Gruppenstunde markiert jeweils ein gemeinsames Essen.
Anmeldung bis zum 14. September möglich
Die Kindertrauergruppe der Ambulanten Hospizgruppe Bottrop startet am Montag, 26. September, um 16.30 Uhr. Für die Anmeldung, weitere Fragen sowie die Vereinbarung eines Vorgesprächs wenden sich Interessierte bis zum 14. September an Koordinatorin Christiane Raffel, Neustraße 2, 02041 76 38 12, mobil 0171 264 50 01.
Zum Trauernetzwerk Bottrop gehört neben der Hospizgruppe, dem Sozialdienst katholischer Frauen und der katholischen sowie der evangelischen Gemeinde auch der Verein Sternenzelt mit Hauptsitz in Kirchhellen. Zu dessen Schwerpunkten zählt ebenfalls die Trauerarbeit mit Kindern. E-Mail-Kontakt: erde@sternenzelt-bottrop.de