Bottrop. Regina Dübbert arbeitete Jahrzehnte selbst in der Altenpflege. Nun begleitet sie im Wünschewagen todkranke Menschen zu ihrem letzten Wunschziel.

Wünsche sind fast wie Träume, nicht immer werden sie wahr. Manchmal aber doch. Immer, wenn sich das Team vom Wünschewagen meldet, geht so ein Traum in Erfüllung. Das Traurige daran ist nur, dass es bei fast allen Menschen höchstwahrscheinlich der letzte Wunsch in diesem Leben ist. Das weiß auch Regina Dübbert, die seit September in diesem Ehrenamtsprojekt des Arbeiter-Samariter-Bundes (ASB) mitarbeitet.

Auch Krankheit und Tod sind für die 64-jährige Fuhlenbrockerin keine Unbekannten. Wer über 30 Jahre im Bereich der Altenpflege unterwegs war, die allermeiste Zeit davon im Seniorenheim St. Teresa der spanischen Ordensfrauen, könnte viel davon erzählen. Wer mit Regina Dübbert spricht, kann sich schnell denken, dass Ruhestand im Wortsinn keine Option für die energiegeladene Frau ist. Vorstandsarbeit in der Caritas, Aufgaben in der Frauengemeinschaft kfd in St. Ludgerus, Sängerin im Da-Pacem-Chor und nun der Wünschewagen. Soviel ehrenamtliches Engagement bekommen andere im gesamten Leben nicht zusammen. Und seit der Pensionierung im vergangenen Jahr kann sie sich allem noch intensiver widmen.

Seit September gehört die Fuhlenbrockerin zum Wünschewagen-Team

Vom Wünschewagen ist sie nicht nur begeistert, sondern von Anfang an überzeugt. Seit September gehört sie zum Team Ruhr in Essen. Vor dort werden auch die drei Wagen organisiert. Bei der Erfüllung von neun letzten Wünschen habe sie seither geholfen. Als examinierte Pflegerin ist sie eine ideale Ergänzung des Teams. Und sie hat wohl auch genügend emotionale Krft, diese Fahrten zu begleiten.

Denn Regina Dübbert weiß: „Es ist meist der letzte große Wunsch von Todkranken, zumeist alten Menschen, sehr häufig Krebspatienten, die wir begleiten. Zuletzt wollte ein Ehepaar zur eisernen Hochzeit noch einmal nach Bad Sassendorf, wo sie früher viel glückliche Zeit verbracht haben. Wir konnten helfen, dass vor allem der sterbenskranke Ehemann diese Fahrt noch einmal überstehen konnte“, erzählt Regina Dübbert. „So etwas bleibt im Gedächtnis.“

Das bewegendste Erlebnis in ihrer noch recht kurzen Wünschewagen-Zeit war aber die Begleitung eines achtjährigen Mädchens. „Sie konnte sich kaum noch bewegen, wollte aber noch einmal ins Schwimmbad und Meerjungfrau sein, also in so ein Kostüm schlüpfen.“ Als später auch noch der Vater zu seinem kranken Kind ins Becken stieg und ihr half, habe sie selbst nicht nur einmal schlucken müssen. „Das war schwer, das Mädchen im Alter meiner Enkelkinder konnte schon gar nicht mehr schwimmen, spürte nur noch das Wasser, die Hände des Vaters, ihr Meerjungfraukostüm und war trotz allem so glücklich.“

Nein, man dürfe nicht zu zart besaitet sein bei diesem Ehrenamt. Und: „Wir halten auch nach dem Wunsch keinen Kontakt mehr zu den Menschen, das wäre einfach zu viel.“ Aber manchmal gebe es Resonanz, auch in Form von Spenden an den Wünschewagen. „Wir merken aber, dass viele ein Interesse haben, das Projekt zu unterstützen, denn oft können Angehörige diese Wünsche nicht erfüllen, einfach aus medizinischen Gründen und: Wer hat schon einen Wagen mit Spezialstoßdämpfern, Rundumverglasung und notfallmedizinischer Ausstattung?“, sagt Regina Dübbert.

Arbeitsweise zwingt Ehrenamtliche nicht in ein Zeitkorsett – Sie haben die Wahl von Ort und Zeit

Das Konzept funktioniert so: Schwerstkranke oder deren Angehörige oder Pflegepersonal im Heim oder Hospiz nehmen Kontakt zum Wünschewagen-Team auf. Das bespricht dann Details, Ort und Dauer des Wunsches und informiert die Ehrenamtlichen über die angenommen Wünsche. „So können wir uns aussuchen, welchen Wunsch wir erfüllen, denn nicht immer passt ja auch für uns ein Zeitpunkt oder eine Dauer“, erklärt Regina Dübbert. Sie war auch schon einmal mit einer 94-jährigen kranken Dame über Nacht in Schwerin, die dort noch einmal ihre jüngere Schwester zum Geburtstag sehen wollte. Und sie weiß auch von letzen Wünschen, die nach Mallorca führten.

Normalerweise werde der oder die Kranke und ein Angehöriger und das Begleit-Team mit genommen. Alle anderen oder aufwändige Spezialwünsche müssten von Angehörigen selbst getragen werden. Aber das komme nicht so oft vor. Schön an diesem Ehrenamt sei neben der Kernaufgabe natürlich, dass niemand einfach zur Begleitung eingeteilt werde. Nicht jeder könne alles leisten, man kann selbstständig planen.

Der Wünschewagen wirkt wie ein Krankentransporter, ist aber komfortabler. Regina Dübbert vor dem Aufbruch zu einer letzten Wunschtour.
Der Wünschewagen wirkt wie ein Krankentransporter, ist aber komfortabler. Regina Dübbert vor dem Aufbruch zu einer letzten Wunschtour. © Dübbert

Es ist auch nicht immer das Meer, das Fußballstadion oder der Besuch im Zoo: Einmal sei der Wunsch eine letzte Wallfahrt ins französische Lourdes gewesen. „Die haben zwei jüngere Ehrenamtliche begleitet, die auch der Ort und das Thema Wallfahrt interessiert hat“, erinnert sich die engagierte Fuhlenbrockerin. Nur: Einen Wunsch aus Bottrop habe sie bislang nicht erfüllt. „Vielleicht ist das Projekt hier noch nicht bekannt genug.“ Dabei gibt es den schon seit zehn Jahren.

Als Sängerin im Da-Pacem-Chor freut sie sich über die Bereitschaft „ihres“ Chores, ein Benefizkonzert für den Wünschewagen zu geben: Am Sonntag, 23. Juni, 15.30 Uhr in der Kirche St. Bonifatius, Im Fuhlenbrock 186. Der Eintritt ist frei. Um reichliche Spenden wird natürlich gebeten. Zu Gast ist dann die ehemalige Nonne Edeltraud Müller aus Essen, die jetzt in der Nachbarstadt für ihr Engagement ausgezeichnet wurde. Sie stellt die Wünschewagen-Idee vor.

Kontakt zum Wünschewagen Ruhr: wuenschewage.de/rhein-ruhr. E-Mail: wuenschewagen@asb-ruhr.info oder Tel.: 0201-8700 10.