Bottrop. Der Umzug an der Prosperstraße steht an. Nach 40 Jahren wird der gesamte Hausrat gepackt. Warum der Umzug notwendig ist und wann es losgeht.

Nicht mehr lange, dann steht der große Umzug an. Der Kinderschutzbund bekommt eine neue Heimat. Die ersten Kisten und Kartons sind gepackt. Weitere werden in den kommenden Tagen folgen.

„Am 8. Mai haben wir hier unseren letzten Tag“, sagt Osama Aljabr, pädagogischer Leiter des Kinderschutzbundes. Ab dem 14. Mai rollt dann endgültig die Umzugskarawane. Sehr weit ist der Weg nicht – nur 210 Meter. Die alte Adresse lautet Prosperstraße 120, die neue Prosperstraße 99. Einige Gegenstände, auf die man zuletzt verzichten konnte, sind bereits umgezogen.

+++ Wollen Sie keine Nachrichten mehr aus Bottrop verpassen? Dann abonnieren Sie hier unseren WhatsApp-Kanal

Nur wenige Dinge werden vorab noch aussortiert. Das meiste Hab und Gut kommt mit. Erst im neuen Haus soll dann geschaut werden, was, wie, wo und ob es überhaupt noch benötigt wird.

Vor allem für Christine Jatzek, langjährige Leiterin des Kinderschutzbundes, wird das Ein- und Auspacken eine Reise in die eigene Vergangenheit. 1979 wird der Kinderschutzbund in Bottrop gegründet. Seit 30 Jahren ist sie dabei. Jahrelang ist sie die Leiterin gewesen, seit drei Jahren engagiert sie sich ehrenamtlich für die Kinder und unterstützt ihren Nachfolger Osama Aljabr, wo es nur geht.

Nur noch an der Vorderseite fehlt die gelbe Farbe. Das neue Haus des Kinderschutzbundes wird ein frischer Farbtupfer auf der Prosperstraße.
Nur noch an der Vorderseite fehlt die gelbe Farbe. Das neue Haus des Kinderschutzbundes wird ein frischer Farbtupfer auf der Prosperstraße. © FUNKE Foto Services | Thomas Gödde

„Ich hätte nie gedacht, dass wir noch einmal umziehen“, sagt sie glücklich. „Natürlich habe ich davon immer geträumt.“ In anderen Städten sind die Gebäude des dortigen Kinderschutzbundes deutlich moderner und komfortabler. Das ist auch der fast 69-Jährigen nicht entgangen.

In Bottrop haben sie immer das Beste aus ihrer Situation gemacht. Sponsoren und Spender halfen mit Geld, Bodenbelägen, Spielzeug oder Mobiliar. Dann tauchte der Wunschzauberer-Verein auf, der nun mithilfe von Oliver Helmke Immobilien das Haus an der Prosperstraße 99 saniert und modernisiert. Das (noch) alte Haus misst weniger als 80 Quadratmeter, das neue Haus ist dagegen dreimal so groß inklusive Keller und Außenbereich.

Kinderschutzbund Bottrop: Die kleinen Räumen bieten keinen Rückzugsort

Trotz des fehlenden Platzes werden Christine Jatzek viele schöne Momente in Erinnerung bleiben. Einer Sache wird sie jedoch keine Träne nachweinen. „Die Nachtspeicherheizung“, sagt sie.

Die kleinen Räume wirken auf den ersten Blick kuschelig und gemütlich, bieten jedoch keinen Rückzugsort für die Kinder und Familien. Alle Räume sind nämlich miteinander verbunden. Möchte man ins Büro, muss man durch das Wohnzimmer, durch die Küche und vorbei am Waschraum.

Osama Aljabr berichtet von Situationen, in denen einige Kinder außerhalb am Haus entlang und in den Nebeneingang gehen mussten, damit Projektgruppen im Wohnzimmer nicht gestört werden.

Doch der mangelnde Platz ist nicht das einzige Problem in all den Jahren. „Wir konnten kein Fenster zur Straße aufmachen“, sagt Christine Jatzek. Es sind Panoramafenster. Hinzu kommt, dass die Scheiben sehr dünn sind. Im Winter sei es kalt gewesen.

Kinderschutzbund Bottrop: „Man konnte die Eingangstür nicht einfach offen lassen“

„Man konnte die Eingangstür nicht einfach offen lassen“, sagt sie. Zu groß sei immer das Risiko gewesen, dass eines der Kinder unkontrolliert in Richtung Prosperstraße gelaufen wäre. „Da haben wir immer Angst gehabt.“

Auch die sanitären Anlagen entsprechen nicht mehr den neuesten Standards. „Es gibt nur eine Toilette“, sagt Christine Jatzek. Dabei besuchen jeden Tag circa 30 Kinder und Jugendliche die Einrichtung. Es gibt Familien- oder Sozialberatung, Hausaufgabenhilfe, Kinder-Krabbel-Gruppen und eine internationale Frauengruppe.

Projektleiterin Sarah Avakian, Osama Aljabr und Christine Jatzek besichtigen die Räume im neuen Haus des Kinderschutzbundes.
Projektleiterin Sarah Avakian, Osama Aljabr und Christine Jatzek besichtigen die Räume im neuen Haus des Kinderschutzbundes. © FUNKE Foto Services | Thomas Gödde

Alle diese Angebote soll es auch im neuen Haus geben. Der Start ist geplant für den 22. Mai. Bis dahin haben Osama Aljabr und Christine Jatzek alle Hände voll zu tun.

„Es wird stressig, aber wir freuen uns“, sagt der pädagogische Leiter. In so vielen Jahren und Jahrzehnten kommt etliches zusammen. Unter anderem zwei große Kühltruhen, eine Waschmaschine, ein Trockner, eine gesamte Küchenzeile (Herd, Hängeschränke, Mikrowelle, Spüle), Schreib- und Küchentische sowie Büroschränke. Nicht zu vergessen Geschirr, Spiele, Stühle und noch vieles mehr. Lkw sollen die Gegenstände transportieren.

Zahlreiche Eltern hätten laut Osama Aljabr schon ihre Hilfe angeboten. Auch Sponsoren und der Vorstand wollen mit anpacken. Die Vorfreude auf den Umzug und das neue Abenteuer sind groß bei Kindern und Erwachsenen. „Es wird Spaß machen, die neuen Räume einzurichten und zu dekorieren“, meint Jutta Pfingsten vom Vorstand des Kinderschutzbundes.

Wunschzauberer-Verein: „Es fehlt an allen Ecken und Enden.“

Doch eines steht jetzt schon fest: Nicht alle Gegenstände wie etwa die Möbel können nach dem Umzug wiederverwendet werden, und der Kinderschutzbund wird weiterhin auf Spenden angewiesen sein. Jessica Helmke vom Wunschzauberer-Verein: „Es fehlt an allen Ecken und Enden.“

Benötigt wird ein Spieltisch für Kinder im Alter von zwei Jahren bis zur ersten Schulklasse. An dem Tisch können sie spielen, basteln oder malen – selbsterklärend gehören dazu altersgerechte Stühle. Der Kinderschutzbund würde sich über eine neue Garderobe für die Jacken der Kinder freuen. In einem neuen Schrank sollen die Schulranzen verstaut werden. Auch ein großer Schuhschrank ist nötig. Ebenso steht eine Couch auf der Liste.

Am 8. Mai ist Schluss an der Prosperstraße 120. Danach zieht der Kinderschutzbund um.
Am 8. Mai ist Schluss an der Prosperstraße 120. Danach zieht der Kinderschutzbund um. © FUNKE Foto Services | Thomas Gödde

In der Vergangenheit sind ganze Familien zum Kinderschutzbund gekommen. Mit dem Umzug wird sich dies nicht ändern. Bisher war es nur kaum möglich, dass man sich ungestört zurückziehen konnte. Das wird im neuen Haus anders sein. Alleine im ersten Obergeschoss gibt es vier getrennte Aufenthaltsräume.

So ist der aktuelle Fortschritt im neuen Kinderschutzbund-Haus

Die Innenarbeiten an der Prosperstraße 99 sind in den letzten Zügen. „Im Treppenhaus müssen noch die Malerarbeiten erledigt werden“, sagt Projektleiterin Sarah Avakian. Außerdem fehlen noch die Türen für die Räume und die Fußleisten. Die Fenster und der Fußboden sind schon drin, das neue Dach ist drauf. Bis auf die Fassade zur Prosperstraße erstrahlt das Haus von drei Seiten schon knallig gelb.

Spenden an den Kinderschutzbund: Sparkasse Bottrop: IBAN DE87 4245 1220 0000 0091 00, Volksbank: DE77 4246 1435 5215 8889 00, Kontakt für Spenden 02041 684477, kinderschutzbundbottrop@t-online.de