Bottrop. Osama Aljabr (37) löst Christine Jatzek (66) als pädagogische Leitung beim Kinderschutzbund Bottrop ab. Das sind sein Werdegang und seine Ziele.

Der Kinderschutzbund Bottrop hat einen neuen pädagogischen Leiter und vollzieht damit gleichzeitig einen Generationenwechsel: Osama Aljabr (37) hat die Nachfolge von Christine Jatzek (66) angetreten, die dieses Amt bald 30 Jahre mit Herzblut ausfüllte. Über Aljabr sagt sie: „Ich habe ihm immer gesagt: Du musst mein Nachfolger werden.“ Er verfüge nicht nur über eine soziale Ader, sondern bringe genau die Portion Empathie mit, die für die Aufgabe vonnöten sei. Dazu kommt die fachliche Ausbildung in der Arbeit mit Kindern.

Christine Jatzek bleibt dem Kinderschutzbund Bottrop als Ehrenamtliche treu

Und nicht zuletzt steht ihm Christine Jatzek auch als Rentnerin noch weiter ehrenamtlich und bei Projektarbeiten mit ihrem reichen Erfahrungsschatz zur Seite. Sie kam 1994 zum Bottroper Kinderschutzbund und hat dessen pädagogische Ausrichtung seither geprägt. Die Arbeit mit Kindern und Familien, die wie sie selbst eine Zuwanderungsgeschichte haben, lag und liegt Christine Jatzek besonders am Herzen.

„Sie hat erkannt, was Kinder brauchen – und dass auch die Mütter und Eltern dazu gehören“, würdigt Vereinsvorsitzende Claudia Schmitz die Verdienste der langjährigen pädagogischen Leiterin. „Wir haben immer schon Integrationsarbeit gemacht – auch schon, als da noch keiner von gesprochen hat“, so Schmitz weiter.

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Zum Angebot des Kinderschutzvereins mit Sitz an der Prosperstraße 120 gehören heute Hausaufgabenbetreuung, Ferienprojekte, die Mutter-Kind- und die Internationale Frauengruppe, Familien- und Sozialberatung. Knapp 30 Kinder sind – aktuell unter Corona-Bedingungen – regelmäßig da. „Und da gehören die Familien dazu“, unterstreicht Christine Jatzek. Durch den Kontakt mit den Familien lerne man deren Strukturen kennen und könne so auch bessere Unterstützungsarbeit leisten.

Osama Aljabr kam 2015 als Flüchtling aus Syrien nach Deutschland

Sicher wird Osama Aljabr auch eigene Impulse setzen, aber vom Grundsatz her setzt er die Arbeit seiner Vorgängerin fort. Sein Werdegang weist ihm gewissermaßen den Weg. 2015 kam der heute 37-Jährige als Flüchtling aus Syrien nach Deutschland. In seiner Heimat war er Lehrer, erzählt Osama Aljabr, und zunächst allein und ohne Familie in Bottrop war er froh, 2016 eine Arbeitsgelegenheit beim Kinderschutzbund antreten zu können. „Ich kam hier hin, und ich wurde von Frau Jatzek und allen, die da waren, aufgenommen“, erinnert er sich an das Gefühl der Zugehörigkeit, das er gleich empfand.

Und er erzählt ein Detail, das große Bedeutung für ihn hat: „Frau Jatzek hat mich empfangen und als erstes gesagt: Möchtest du Chai trinken?“ Sie fragte nicht nach Kaffee oder Tee, sondern explizit nach Chai. „Ich habe wahrgenommen: Jemand weiß, wer ich bin.“

Osama Aljabr mit seiner Vorgängerin Christine Jatzek (re.), der Bottroper Kinderschutzbundvorsitzenden Claudia Schmitz (li.) und seiner Familie Sma, Nermen Saemovah und Dani (v. li.).
Osama Aljabr mit seiner Vorgängerin Christine Jatzek (re.), der Bottroper Kinderschutzbundvorsitzenden Claudia Schmitz (li.) und seiner Familie Sma, Nermen Saemovah und Dani (v. li.). © FUNKE Foto Services | Lutz von Staegmann

Während seiner Arbeit beim Kinderschutzbund habe er viel von der deutschen Kultur kennen gelernt, die Sprache geübt, durch Vermittlung des Vorstandes etwa eine eigene Wohnung gefunden. Nach rund zwei Jahren seien Christine Jatzek und Claudia Schmitz mit der Idee auf ihn zugekommen, eine Erzieherausbildung zu machen. Die trat er bei der Johannes-Kessels-Akademie in Essen an. „Die Ausbildung war überhaupt nicht leicht“, erzählt der zweifache Familienvater, dessen Frau übrigens ganz frisch in ihrem Beruf als Physiotherapeutin anerkannt worden ist. „Am Anfang habe ich nicht alles verstanden und fühlte mich nicht wohl.“ Er kämpfte sich durch, auch mit Unterstützung von Christine Jatzek, und schloss die Ausbildung erfolgreich ab.

Und jetzt leitet er die pädagogische und integrative Arbeit beim Kinderschutzbund. Diese Chance zu haben, berühre ihn, gesteht Osama Aljabr. „Ich weiß, was Orientierung bedeutet, für Menschen, die hilflos sind. Es braucht nicht immer Geld, sondern manchmal ein Lächeln und eine Hand, die führt.“

Für neu Zugewanderte sei es zum Beispiel wichtig, Begriffe und kulturelle Eigenheiten zu verstehen, die in keinem Lehrbuch stehen. Wenn man zudem die Sicherheit habe, dass es jemanden gibt, der jederzeit unterstützt, dann könne man in einem Jahr lernen, wofür andere viel länger brauchen. „So können sich die Menschen schneller integrieren. Und das ist ein Ziel des Kinderschutzbundes“, sagt der neue pädagogische Leiter.

Für eine gute Zukunft

Der Kinderschutzbund in Bottrop wurde im November 1979 gegründet. Der Verein versteht sich als Anlaufstelle für alle Kinder. Dabei wird kein Unterschied gemacht „zwischen Religionen, Jungen und Mädchen, Herkunft, Behinderten und Nichtbehinderten“.

Für die Aktiven des Kinderschutzbundes steht fest: Nur in einer Gesellschaft, „die durch Offenheit, Toleranz, ein friedliches Miteinander, Gerechtigkeit, Verständnis und Solidarität gekennzeichnet ist, werden Kinder eine gute Zukunft haben“.

Infos und Kontakt:02041 68 44 77, , www.kinderschutzbund-bottrop.de