Bottrop. Straftaten erschüttern umso mehr, wenn Kinder und Jugendliche sie begehen. In Bottrop ist weiterhin eine Gruppe junger Menschen auffällig.

Am 10. Februar provoziert am Oberhausener Hauptbahnhof eine Gruppe Jugendlicher zwei junge Männer aus der Ukraine. Sie umkreisen die 17 und 18 Jahre alten Basketballspieler, beleidigen sie. Plötzlich zieht einer der Jugendlichen ein Messer, sticht auf die Beiden ein. Der 17-Jährige stirbt Stunden später im Krankenhaus, der 18-Jährige wenige Tage später. Der Messerstecher ist gerade einmal 15 Jahre alt.

Eine erschütternde Tat, die umso mehr betroffen macht, weil der Tatverdächtige jung ist, weil er nicht mal volljährig ist. Ein Fall von Jugendkriminalität von vor fünf Jahren ist da auch in Erinnerung geblieben: Im Juli 2019 vergewaltigt in Mülheim eine fünfköpfige Gruppe eine junge Frau. Drei Täter sind 14 Jahre alt, zwei von ihnen zwölf Jahre und somit nicht strafmündig. Der Haupttäter wird später zu einer Jugendhaftstrafe verurteilt, die anderen beiden 14-Jährigen kommen mit einer Bewährungsstrafe davon.

Ein weiterer Fall, der bundesweit für traurige Schlagzeilen sorgte und Fassungslosigkeit auslöste, war Anfang 2023 der Mord an der zwölfjährigen Louise, die von zwei gleichaltrigen Mädchen erstochen worden ist. Und vergangene Woche soll ein 13-Jähriger einen Obdachlosen in Dortmund mit Messerstichen getötet haben.

Zahl der jugendlichen Tatverdächtigen in Bottrop ist gestiegen

Werden Jugendliche immer aggressiver? Gibt es ein Problem mit Jugendkriminalität? Die Zahl der jungen Tatverdächtigen ist in ganz NRW in den vergangenen Jahren gestiegen. Dieses Bild zeichnet sich auch in Bottrop: Von insgesamt 3094 Tatverdächtigen, die in 2023 in Bottrop eine Straftat verübt haben sollen, waren 723 zwischen acht und 20 Jahren alt. 170 von ihnen waren noch Kinder, also zwischen acht und 13 Jahren alt.

Im Fünf-Jahres-Vergleich ist die Zahl der Tatverdächtigen zwischen acht und 20 Jahren um knapp 30 Prozent gestiegen. Vor zehn Jahren allerdings lag die Zahl in dieser Altersgruppe mit 758 Tatverdächtigen etwas höher als in 2023.

Sowohl bei dem Tötungsdelikt in Oberhausen als auch bei der Gruppenvergewaltigung in Mülheim vor fünf Jahren handelte es sich bei den Haupttätern um Intensivtäter; das sind diejenigen, die mindestens fünf Straftaten begangen haben sollen. In Bottrop gab es im Jahr 2023 nur vier solcher jungen Intensivtäter, einen unter 14-Jährigen und drei zwischen 14 und 17 Jahren.

Jugendliche werden immer wieder in Gruppen straffällig

Auffällig ist, dass immer wieder Jugendliche in Gruppen aggressiv werden und Straftaten verüben, auch in Bottrop. Da war der 14-Jährige, der an einem Vormittag im September 2023 von 20 Jugendlichen überfallen wurde. Oder der Konflikt zwischen einer Gruppe Jugendlicher und der Trinker-Szene am Berliner Platz Anfang dieses Jahres. Oder der 16-Jährige, der im März ebenfalls am ZOB von einer Horde Jugendlicher angegriffen worden ist. Die Aufzählung ließe sich noch lange weiterführen.

+++ Wollen Sie keine Nachrichten mehr aus Bottrop verpassen? Dann abonnieren Sie hier unseren WhatsApp-Kanal

Schon vor zwei Jahren sorgte in Bottrop eine Jugendbande regelmäßig für Probleme, bestehend aus Mädchen und Jungen unterschiedlicher Schulen und Nationalitäten, die in unterschiedlicher Zusammensetzung straffällig wurden. Zwei der beteiligten Jugendlichen waren zwischenzeitlich in Haft, wie der leitende Kriminaldirektor Jürgen Häusler erklärt. Andere Mitglieder dieser Gruppe fielen aber weiterhin durch Straftaten auf.

Kriminelle Jugendgruppe in Bottrop ist weiter aktiv

Von einer „Bande“ will Häusler nicht sprechen, da sich die Zusammensetzung regelmäßig ändere und die Jugendlichen „spontan bei günstiger Gelegenheit Straftaten verüben“, sagt der Kriminaldirektor. „Die Täter sind weiter aktiv und es sind neue Namen hinzugekommen, von denen drei als Intensivtäter gelten.“

Statistisch erfasst die Polizei allerdings nicht, ob Straftaten von Einzelpersonen oder in Gruppen verübt werden, sodass keine eindeutige Aussage darüber getroffen werden kann, ob Jugendliche tatsächlich häufiger in Gruppen kriminell sind. Aus den Zahlen ablesen lässt sich aber, dass drei Viertel der Tatverdächtigen männlich sind.

Ein Drittel dieser jungen Männer haben keine deutsche Nationalität – das deckt sich in etwa mit der Zusammensetzung aller Bottroper Straftäter. Bei den weiblichen Tatverdächtigen ist der Anteil der Ausländerinnen mit rund 22 Prozent niedriger. Am häufigsten fallen junge Straftäter durch Rohheitsdelikte auf, also Körperverletzung und Raub, gefolgt von Vermögens- und Fälschungsdelikten sowie Diebstahl.