Bottrop. Von „Break Dance“ über Autoscooter bis zu „Schoko-Tauchen von Früchten“: WAZ und Schausteller haben zur Backstage-Tour eingeladen.

„Jetzt werden Sie zur Zuckerwattefachverkäuferin ausgebildet“, scherzt Albert Ritter. Der Präsident des deutschen Schaustellerverbands ist während des Rundgangs auf der Karnevalskirmes in seinem Element – informativ und unterhaltsam zugleich. Die WAZ hatte in Kooperation mit dem Schaustellerverband für 20 Gewinner exklusive Einblicke hinter die Kulissen verlost.

„Ich gebe mein Bestes“, sagt eine Gewinnerin und hält das Holzstäbchen in die rotierende Zuckerwattetrommel. Das Ergebnis kann sich optisch sehen lassen. Der Geschmack überzeugt sofort. Es ist nur eine von vielen Stationen. Der Startpunkt der Tour ist auf dem Kirchplatz von St. Cyriakus.

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Dort befindet sich die Leitstelle des Schaustellerverbands für die diesjährige Karnevalskirmes. „Wir haben hier einen alten Schaustellerwagen, Baujahr 1953“, sagt Ritter. Davor einen Magirus Deutz als Zugmaschine, ebenfalls Baujahr 1953. „79 PS, vier Zylinder, keine Servolenkung“, erklärt Ritter. Das Wort „Kraftfahrer“ ist hier wörtlich zu nehmen.

Bei der Backstage-Tour dürfen die Gewinner der Verlosung einen Wohnwagen der Schausteller aus dem Jahr 1953 besuchen.
Bei der Backstage-Tour dürfen die Gewinner der Verlosung einen Wohnwagen der Schausteller aus dem Jahr 1953 besuchen. © FUNKE Foto Services | Oliver Müller

Die Teilnehmer dürfen einen Blick ins Innere des heutigen Wohnwagens werfen. Die äußere Holzverkleidung des Fahrzeugs besteht aus „Pitch Pine“, so Ritter. Zu Deutsch: Pechkiefer. Wer das Holz mit der Hand berührt, spürt einen etwas klebrigen Zustand. „Das Holz wird mit Leinöl versiegelt“, erklärt Ritter. Nur durch die Pflege bleibt dieser Glanz, auch nach mehr als 70 Jahren, erhalten.

Auf dem Weg zum nächsten Tourpunkt hat Ritter noch ein paar Zahlen parat. „Kirmes bringt nicht nur Leben in die Stadt. Wir sind auch eine Wirtschaftskraft. Wir haben 9700 Kirmisse in Deutschland mit 220 Millionen Besuchern“, hebt er den Stellenwert der Schausteller hervor.

Backstage-Tour: Teilnehmer dürfen ins Herz des „Break Dance“

Dann übernimmt Thomas Grass. Der Schausteller reist mit dem „Break Dance“ durch das Land. Gebaut wurde das Fahrgeschäft im Jahr 1986 und hat seitdem zahlreiche Neuerungen erfahren. Alle Glühlampen sind schon lange ausgetauscht worden gegen energiesparende Leuchtmittel. Die Sicherheit der Fahrgäste ist auf dem neuesten Stand.

Nach den technischen Ausführungen wird es besonders spannend. Die Teilnehmer der Verlosung dürfen ins Herz des „Break Dance“ vordringen. Über eine schmale Klappe führt der Weg unter das Fahrgeschäft. Darunter befindet sich jede Menge Stahl. „Das Herzstück ist der sogenannte Mittelbau“, erklärt Grass. Das Fahrgeschäft wird zunächst horizontal aufgebaut. Eine Wasserwaage hat für die nötige Exaktheit gesorgt.

Albert Ritter, Präsident des deutschen Schaustellerverbandes, vor seinem historischen Schaustellerwagen von 1953.
Albert Ritter, Präsident des deutschen Schaustellerverbandes, vor seinem historischen Schaustellerwagen von 1953. © FUNKE Foto Services | Oliver Müller

Denn, wenn der Mittelbau nicht 100-prozentig richtig steht, können die oberen Metall- und Fußbodenplatten nicht ordnungsgemäß eingebaut werden. Über Hydraulikzylinder wird der Mittelbau schließlich in den gewünschten Neigungswinkel gebracht. Dadurch erhält das Fahrgeschäft die markante Schräge. „Je nachdem wie viel Betrieb ist, benötigen wir pro Tag circa 250 kW“, sagt Thomas Grass über den Verbrauch.

Nach dem „Break Dance“ geht es auf dem Berliner Platz schnurstracks weiter zum Autoscooter. Schausteller Ronny Dreyer erklärt die Funktion der Fahrzeuge. „Eine der ältesten Fahrattraktionen, die wir haben“, sagt Albert Ritter. Die Stoßstangen der Autos sind mit Luft gefüllt, um die Wucht des Aufpralls zu mildern. Das war früher anders.

„Es gab Stahlbandagen. Ab und zu mussten damals ein paar Vorderzähne dran glauben“, scherzt Ritter. Die Zeiten sind sehr lange vorbei. Heutzutage steht die Sicherheit an erster Stelle. Darüber hinaus ist das Lenkrad gepolstert. Und es gibt natürlich Anschnallgurte für die kleinen und größeren Autoscooter-Liebhaber.

Bei soviel Hintergrundwissen knurrt der Magen. Also hält der nächste Backstage-Tour-Stop bei Carsten Ritzenhofen. An seinem Stand läuft einem das Wasser im Mund zusammen: Lebkuchenherze in allen Größen, Popcorn, Schokofrüchte und gebrannte Mandeln. „Ich sorge für das leibliche Wohl“, so der Schausteller.

Die frühesten Belege seiner Schaustellerfamilie datieren von 1877. Seine Vorfahren verköstigten die Kirmesbesucher einst unter anderem mit Gebäck. Kandierte Äpfel heißen bei ihm Paradiesäpfel. Nach wie vor bei ihm eine der beliebtesten Kirmesspeisen. „Ich liebe dich“ steht auf vielen Lebkuchenherzen. „Der Spruch wird auch nie aus der Mode kommen“, sagt Ritzenhofen.

Nach der Theorie folgt die Praxis. Wer möchte, kann hinter den Verkaufstresen und gefrorene Bananen in flüssige Schokolade tauchen – ein Heidenspaß für Jung und Alt. Zum Abschluss der Tour wartet schließlich der „Love Express“ am Pferdemarkt. Hier können sich die Teilnehmer einen Kindheitstraum verwirklichen. Sie dürfen ins Häuschen hinter das Mikrofon und die Ansage machen.

„Wie schaut‘s aus? Wollt Ihr schneller?“, schallt es dann aus den Boxen. Der Express rast bereits. „Jaaaaaaaa“, hallt es durch das Fahrgeschäft. „Das geht bestimmt noch ein wenig lauter, oder?“ Gefragt, getan. Die Fahrgäste geben stimmlich alles. „Okay, dann drehen wir mal auf“, heißt es aus dem Häuschen.