Bottrop. Das Bauaufsichtsamt kontrolliert die Attraktionen. Unterdessen machen sich die Schausteller Gedanken über die Aggressionen einiger Besucher.
Kirmesbesuche sind für viele Menschen ein besonderes Vergnügen und für manche auch ein Muss. Dazu gehören auch die Fahrten mit immer spektakulärer und technisch aufwendiger werdenden Fahrgeschäften. Aber Unfälle an Fahrgeschäften haben auch aufgeschreckt.
Im Sommer gab es den schrecklichen Unfall mit Todesfolge beim Einsammeln von Fahrchips in Oberhausen-Sterkrade auf der Fronleichnamskirmes. Vor wenigen Tagen wurden auf dem Münchener Oktoberfest neun Menschen verletzt durch technisches Versagen bei der Achterbahn „Höllenblitz.“
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Menschliches Versagen kann sicherlich nie ausgeschlossen werden, aber die erlebnishungrigen Fahrgäste müssen sich auf die Sicherheit der lockenden Attraktionen verlassen können.
In Bottrop müssen alle Fahrgeschäfte vor Kirmesbeginn abgenommen werden. Zuständig ist dafür Orhan Rüzgar vom Bauaufsichtsamt, der bei seinem Rundgang am Donnerstag von den Platzmeistern Wolfgang Felich und Jonas Kapica begleitet wird.
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Die Betreiber der Fahrgeschäfte sind vorab über den Termin informiert. Der diplomierte Bauingenieur und Statiker Rüzgar macht zuerst eine Sichtkontrolle, sucht nach Stolperfallen, Höhenunterschieden bei begehbaren Teilen, lockeren Absperrungen und Anschlussstellen: „Alles, was man in Augenschein nehmen kann.“ Wichtiges Kontrollmittel ist das gültige Baubuch mit TÜV-Bescheinigung und aktuellem Versicherungsnachweis, das nach der Prüfung mit einem neuen Stempel versehen wird.
Herbstkirmes: An den Kinderkarussells gibt es erwartungsgemäß keine Probleme
Der Prüfer will das Fahrgeschäft auch einmal in Bewegung sehen, aber die Technik ist nicht Gegenstand der Abnahme: „Ich kann nicht jede Schraube überprüfen, das ist ein ganz anderes Fachgebiet. Und wäre viel zu aufwendig.“
An den Kinderkarussells gibt es erwartungsgemäß keine Probleme. Eigentlich gebe es dafür keine Baubuchpflicht wegen der geringen Geschwindigkeiten, sagt Karl Arens, der schon „ein Leben lang dabei ist.“ Weil sein „Kinderparadies“ aber ein Hebewerk für Hubschrauber und Flugzeug hat, muss geprüft werden.
Keine Beanstandungen gibt es auch bei der „Amazona Berg- und Talbahn“ von Andreas Hoster, der aber die Probleme eher im zwischenmenschlichen Bereich sieht: „Das größte Problem ist die zunehmende Respektlosigkeit gewisser Gruppen gegenüber Kirmesbesuchern und Schaustellern.“ Er wolle nicht alles einzäunen, aber den Zugang nur noch auf zahlende Kunden beschränken.
Mehr Gewalt: Schausteller finden Teppichmesser in den Wagen
Zu denken gibt ihm die Gewaltbereitschaft: „Früher haben wir viele Kämme in den Wagen gefunden, heute finden wir in manchen Städten zehn Teppichmesser.“
Beim Autoscooter auf dem Berliner Platz gehen die Bedenken auch eher in Richtung Besucher. Bautechnisch ist bis auf Kleinigkeiten alles fertig, einige Stolperstellen werden noch abgedeckt. Noch sieht Schausteller Ronny Dreyer keine Probleme, aber: „Wir müssen schon aufpassen.“ Er hat einen privaten Sicherheitsdienst beauftragt: „Allein die Präsenz hilft.“
Beim „Double Jump“ am Pferdemarkt legt Hermann Petter mustergültig alle Papiere vor. Der TÜV kontrolliert jährlich, vor kurzem war die alle zwölf Jahre fällige Sonderprüfung für Steuersystem und elektrische Teile an der Reihe. „Wir kommen immer gerne nach Bottrop, sind super zufrieden,“ gibt Petter den Prüfern noch mit auf den Weg.
Die nächsten Prüfungen stehen am Freitag am Eröffnungstag an
Nicht alle Betriebe konnten am Donnerstag geprüft werden: Die Geisterbahn, die Kinderachterbahn, „X-Factor“ und der „Break Dance“ waren noch nicht ganz fertig und müssen noch am Freitag vor Kirmesbeginn abgenommen werden, ansonsten „dreht sich hier ohne unsere Zustimmung nichts“, versichern Prüfer und Platzmeister.
Die Platzmeister sind verantwortlich für die Organisation der Kirmes, sie stellen nach den Bewerbungen der Schausteller ein Mix für alle Altersstufen zusammen, erstellen einen Aufbauplan und weisen die genauen Plätze an, so dass genügend Raum für die Besucher und eine Gasse für Einsatzfahrzeuge frei bleibt.
Eine gewisse Anspannung sei aber bei jeder Kirmes dabei. „Ich bin immer froh, wenn wir hinterher sagen können, es ist nichts passiert“, sagt Wolfgang Felich.