Bottrop-Kirchhellen. Renate Kuchenbäcker wird 90 Jahre alt. Sie hat mit ihrem Mann das Schloss Beck aufgebaut und übergibt den Freizeitpark nun an ihre Töchter.
Sind es gute Gene oder die Arbeit am gemeinsamen Lebenswerk oder einfach glückliche Umstände, dass jemand mit 90 Jahren sich immer noch um ein Unternehmen samt Schloss kümmern kann? Von allem sicher ein bisschen. Die Verwandten väterlicherseits seien alle uralt geworden. Sie selbst habe sich immer um ein gesundes Leben bemüht: „Wenigstens ein gutes Frühstück und sonst: nichts übertreiben.“ Renate Kuchenbäcker lächelt, während sie am großen Holztisch im Nebengebäude von Schloss Beck Platz nimmt.
Dazwischen wuselt der Schlosshund, zwischendurch laufen drei Handwerker durch den Raum. „Endlich passiert was, wir brauchen wohl noch ein weiteres Büro, für Katharina“, sagt die Schlossherrin. Ihre jüngere Tochter (von insgesamt sechs Kindern), die zusammen mit ihrer älteren Schwester Karla – seit Jahren schon mehr als nur die rechte Hand – künftig tatsächlich die Geschicke der „Freizeitpark Schloss Beck Betriebs GmbH“ lenken wird.
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Renate Kuchenbäcker hat die Zügel im Schloss Beck fest in der Hand
Wir sitzen. Es wird ruhiger. „Was wollen sie wissen? Wir haben doch schon alles erzählt.“ Renate Kuchenbäcker hat auch mit (fast) 90, der Geburtstag ist am 11. Februar, die Zügel fest in der Hand. Wie schon seit 20 Jahren. Damals starb ihr Mann Karl Kuchenbäcker und der Betrieb des Freizeitparks musste weitergehen und vor allem auch das denkmalgeschützte Barockschloss des berühmten Architekten Johann Conrad Schlaun (1695-1773) erhalten werden.
Das Schloss war der Traum meines Mannes und wir waren sehr eng verbunden.Renate Kuchenbäcker - Ihr Mann und sie haben das alte Wasserschloss 1966 erworben und erhalten.
„Ja, es war der Traum meines Mannes, dieses Schloss zu kaufen und zu restaurieren“, erzählt Renate Kuchenbäcker. Der Supermarkt- und Kinobesitzer aus Marl hatte sich zuvor in seine spätere Frau verliebt, die damals von Bielefeld als Lehrerin an eine Schule in der Hüls-Werkssiedlung ins Münsterland versetzt worden war.
„Wir wurden damals nicht groß gefragt, sondern einfach versetzt, dahin, wo Stellen frei waren, wir gebraucht wurden“, erinnert sich die Jubilarin, die nach Kriegsende von Schlesien mit Eltern und Geschwistern in den Westen geflohen war. „Der Vater war Chefarzt, er ging mit den Krankenhausmitarbeitern, die Mutter mit uns Kindern.“ Im Nachhinein ein Glück, denn sonst hätte sie Karl Kuchenbäcker wohl nie kennengelernt, an dessen neuem Supermarkt sie damals immer vorbei musste.
Die zweite Liebe ihres Mannes aber galt dem Schloss, das damals drohte, zur Ruine zu werden. 1958 hatte die letzte Eigentümerfamilie, die Grafen Wolff-Metternich zur Gracht, das Wasserschloss an die Hibernia AG verkauft, wo es weiter verfiel. 1966 kam der Kauf zustande: Karl und Renate Kuchenbäcker werden neue Schlossherren. Supermarkt, Kinos: Kuchenbäckers verkaufen, ziehen mit den Kindern nach Feldhausen, das jüngste wird auf Schloss Beck geboren. Das Schloss wird schließlich zur Lebensaufgabe.
„Ein Leben ohne Schloss konnte und kann ich mir nicht vorstellen“
Ein Leben ohne Schloss? „Nein, konnte und kann ich mir nicht vorstellen. Das war der Traum meines Mannes und wir waren sehr eng verbunden“, so beschreibt Renate Kuchenbäcker in einem Satz die Entwicklung zum gemeinsamen Traum vom alten Schloss, das wieder zum Leben erweckt wurde. Erste Tanzveranstaltungen 1966, ab 1967 der Ausbau vom Märchenschloss mit den Szenen, die mit zehn, später 20 Pfennig von den Kindern zum „Leben“ erweckt werden konnten.
Auch an die Verhandlungen mit dem renommierten Stofftierhersteller Steiff kann sich Renate Kuchenbäcker noch gut erinnern. Als bewegliche Tiere ergänzten die bald die Märchenwelt im Schloss.
Schnell merkt die Familie: „Die Idee mit dem Freizeitpark funktioniert, denn von vorneherein war klar, dass wir mit dem Schloss auch irgendwie Geld verdienen mussten, und: Wir haben uns von Anfang an über die Familien gefreut, die hierhin kommen, um einen schönen Tag zu erleben.“ Der Freizeitpark wächst. Die Märchenszenen sind zwar längst passé, aber Klassiker wie die Marienkäferbahn erfreuen bis heute die Gäste, die manche Attraktion selbst schon als Kinder erlebt haben.
Herrin von Schloss Beck: „Nichts ist schlimmer als Stillstand“
Wenn die Schlossherrin heute auf Haus und Park blickt, kann sie sagen: „Nichts ist schlimmer als Stillstand, egal, ob im Leben oder im Geschäft. Ein Freizeitpark muss sich ständig entwickeln, bekommt Neues, wie zuletzt den Waldlehrpfad, bald – endlich! – nach vielem Hin- und Her mit diversen Ämtern auch den neuen großen Wasserspielplatz, das ist nochmal eine Rieseninvestition“, sagt Renate Kuchenbäcker, die immer auch das Schlossareal durch Kauf vergrößert hat.
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Sie steht zwar noch im Impressum, mit ihren Töchtern Karla und Katharina. „Aber ich werden jetzt nur noch beobachten, ich bleibe ja schließlich hier im Nebengebäude wohnen. Entscheiden werden allerdings die Mädchen, ich halte mich raus und freue mich, wenn alles gut läuft.“ Ob schon eine dritte Generation von Kuchenbäckers Interesse am Betrieb hat? „Das weiß ich nicht, aber sie sind ja zum Teil noch sehr jung.“
Vielleicht denkt sie kurz vor dem 90. Geburtstag auch an sie, wenn sie auf das Land, auf die Welt blickt: „Für mich persönlich habe ich keinen Wunsch, aber ich wünsche mir, dass es genügend Menschen gibt, die den jungen Leuten sagen, was im Leben wichtig ist und vor allem auch politische Weitsicht vermitteln können.“ Einen großen Irrweg und dessen Folgen hat sie in Deutschland selbst als Kind erleben müssen.
Renate Kuchenbäcker weiß, wie wichtig Politik und Geschichte als Schulfächer sind. Es sei immer wichtig, einen Weg zu finden, der sowohl persönliche Erfüllung ist, aber auch das Gemeinwohl im Blick behält. Das sage sie als frühere Lehrerin und als Unternehmerin. Auf die große Feier zum 90. Geburtstag freut sich schon. „Die richten meine Töchter aus.“ Gefeiert wird dann im Herrenhaus, wie es sich für Schlossherrinnen gehört.