Bottrop. Wenn 2024 die Mehrwertsteuer in der Gastro wieder steigt, können die Wirte das nicht mehr auffangen. Die Preise in Restaurants werden teurer.
Kommt sie oder kommt sie nicht, die Mehrwertsteuererhöhung für Speisen im Restaurant? Die Gastronomie ist inzwischen nicht nur genervt wegen unzähliger Vorschriften, die immer mehr bürokratischen Aufwand erfordern, wegen des Mangels an Fachkräften, nicht einheitlicher Steuersätze und des Anstiegs der Energie- und Lebensmittelpreise. Was über allen, die Speisen auf ordentlichen Tellern und am gedeckten Tisch im Restaurant anbieten, wie ein Damoklesschwert hängt, ist die Anhebung des Mehrwertsteuersatzes auf (wieder) 19 Prozent.
Ab Januar soll der wieder gelten und damit den in der Coronakrise auf sieben Prozent abgesenkten Steuersatz ersetzen. Nur: Sieben Wochen vor dem Stichtag weiß niemand, was kommt. „Wir hängen in der Luft, haben keinen Puffer, der Zeitfaktor ist neben der Erhöhung an sich das, was am meisten nervt“, sagt Georgios Keskilidis, Inhaber des griechischen Restaurants Zorbas auf dem Eigen, einen Steinwurf vom Hotel-Restaurant Große-Wilde entfernt.
Erstes Dehoga-Treffen der Ortsgruppe Bottrop nach Corona
Dort haben sich jetzt Bottroper Gastronominnen und Gastronomen das erste Mal seit Ende der Corona-Pandemie getroffen. Eingeladen hatte der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) Westfalen zu deren Präsidium auch Tina Große-Wilde, Inhaberin des Traditionshauses, gehört. Frühestens Ende November werde man wissen, wie die Entscheidung in Berlin ausfalle, sagt Lars Martin, stellvertretender Dehoga-Hauptgeschäftsführer im Bereich Westfalen.
Der Verband hört gewöhnlich das Gras wachsen im Polit-Bereich, aber jetzt? Keiner wisse wirklich, was passiert, auch wenn der Kanzler selbst sich vor einiger Zeit wiederholt gegen die 19 Prozent ausgesprochen habe. „Es steht wirklich alles auf der Kippe.“ Zwar mache die CDU sich gerade stark für die sieben Prozent oder flexiblere Arbeitszeitregelungen, die der Realität in der Gastronomie eher entsprächen, aber die sei in der Opposition, entscheide also nichts.
Für Betriebe, die noch keine Generationen auf dem Buckel haben, denen die Immobilie nicht gehört und die Einzelkämpfer sind, könnte es prekär werden. „Für mich wird es dann richtig eng“, gibt Christina Berger zu. Sie betriebt seit acht Jahren das beliebte Café Kram in der Innenstadt und findet schon jetzt unterschiedliche Steuersätze auf Kuhmilch (sieben Prozent) und Hafer- oder Sojamilch (19 Prozent) absurd. „Gerade auch vor dem Hintergrund es Umweltgedankens.“
Unmut und Verunsicherung ist bei allen Teilnehmenden zu spüren. Egal, ob es sich um bekannte Innengastronomen wie Janni Gortsas (Piklía) oder Manfred Süselbeck (Bodega) handelt oder Alexandra Schmücker, die auf dem traditionsreichen Kirchhellener Hof den Hofladen und das Restaurant betreibt.
Zu spüren bekommen die Steuererhöhung alle – Wirte und Gäste
Zu spüren bekommen werden es alle, Geschäftsleute wie Kundinnen und Kunden. Der Gewinn nach dem Umsatz werde auf jeden Fall schrumpfen. Und allein die Mehrwertsteuerdifferenz von zwölf Prozent müsste weitergereicht werden, dazu die immer noch trotz allgemein gerade sinkender Inflation steigenden Lebensmittelpreise. Da sind sich alle einig.
Das gelte auch für die Hotels. Zwar seien die Buchungszahlen in diese Jahr recht gut, so Stephanie Linkner, Direktionsassistentin im Ramada Hotel in der City. Aber die Frühstückspreise könnten dann nicht so gehalten werden. Barbara Fuchs vom Hotel Alter Giebel in Kirchhellen nickt.
Auch interessant
Keiner möchte sich ausmalen, wenn im kommenden Jahr auch noch Tarifverhandlungen für die Beschäftigten im Hotel- und Gaststättengewerbe anstehen. Wie also damit umgehen? „Vielleicht sollte alle Bottroper Gastronomen gemeinsam ihre Speisekarten rot überschreiben und alle Erhöhungen kenntlich machen, die von er Politik zu verantworten sind“, sagt Tina Große-Wilde. Das würde die Gäste sensibilisieren.
Als Dehoga-Akteurin warnt sie aber generell: Man könne die Preisschraube nicht unbegrenzt anziehen. Dann verzichteten die Gäste auf die Vorspeise, dann auf das eine oder andere Getränk, für die fast alle ohnehin 19 Prozent Mehrwertsteuer gelten. Irgendwann gingen dann nur noch diejenigen aus, die höhere Preise per se nicht belasteten.
Derzeit läuft noch eine Dehoga-Online-Petition zur Beibehaltung des Steuersatzes von sieben Prozent auf Speisen in Restaurants: dehoga-bundesverband.de.