Bottrop. Die Bottroper Wirte klagen über zu wenig Bierkonsum in diesem Sommer. Sorge bereitet der Anstieg der Mehrwertsteuer: „Ein echter Tiefschlag.“

Deutschlandweit ist 2023 der Bierkonsum im Vergleich zum Vorjahr zurückgegangen. Allein im ersten Halbjahr sollen die Menschen laut Angaben des Statistischen Bundesamtes 2,9 Prozent weniger Bier getrunken haben als 2022 – jedenfalls was die alkoholhaltigen Varianten angeht. Bislang jedenfalls. Da macht auch Nordrhein-Westfalen keine Ausnahme. Meldungen, dass beim Parookaville-Festival in Weeze rund 20.000 Liter Bier weniger getrunken wurden oder die Altbierbrauerei Diebels, ebenfalls am Niederrhein, eine Abfüllanlage schließen möchte, scheinen die Statistikangaben zu bestätigen.

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In Bottrops klassischen Biertempeln scheint sich diese Tendenz teilweise zu bestätigen. Dabei reicht das Spektrum der Angaben von eindeutig und spürbar gesunken über etwas weniger bis hin zu eher konstant. Die gute Nachricht eines gestiegenen Konsum beim Gerstensaft war jedenfalls nirgends zu vernehmen.

In traditionellen Kneipen ließ der Bierkonsum nach – der Sommer lief schwach

„Beim Bier eindeutig weniger“, sagt Ramona Fleer von Bottrops Traditionskneipe Hürter an der Gladbecker Straße. Die Wirtin hat zuletzt den Preis für 0,3 Liter Pils auf 3,60 Euro angehoben. Aber schließlich müsse sie ja die gestiegenen Preise beim Einkauf, Personal, Küche – das Hürter hat auch eine ansprechende Speisekarte – mit einkalkulieren. Nach über zehn Jahren auf Bottrops Kneipenmeile stellt sie aber fest: „Das Vor-Corona-Niveau ist nicht erreicht und vor allem die spontanen Besuche auf ein, zwei Feierabendbierchen sind merklich zurück gegangen.“ Nicht auszudenken, wenn die Mehrwertsteuer auf Speisen wieder auf 19 Prozent hochgesetzt würde.

Irini Hubert, Wirtin der Domschänke in der Bottroper Innenstadt, hat den verregneten Sommer gemerkt.
Irini Hubert, Wirtin der Domschänke in der Bottroper Innenstadt, hat den verregneten Sommer gemerkt. © FUNKE Foto Services | Thomas Gödde

Spürbar gesunken ist der Bierkonsum in Bianca Naglieris „König-City“ am Berliner Platz. „Deutlich weniger als noch 2022, man spürt, dass die Leute auf ihr Geld achten“, sagt die Wirtin, die seit vielen Jahrzehnten auf dieser Seite der Innenstadt aktiv ist. Einige Stammgäste seien auch ausgeblieben – auch wenn bei ihr 0.2 Liter Pils nur 1,90 und das 0,4-Liter-Glas 3,80 Euro kosten. Aber: „Der Rückgang hat natürlich auch etwas mit der Situation am ZOB und Berliner Platz zu tun, was da trotz Polizei und KOD abgeht, ist einfach geschäftsschädigend“, sagt Bianca Naglieri. Nun öffnet sie ihr „König-City“ bis auf die Markttage Mittwoch und Samstag erst ab 13, statt wie bislang schon ab 10 Uhr.

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Die Folgen des teilweise verregneten Sommers hat auch Irini Hubert gespürt. Die Freiluftplätze der „Domschänke“ im Schatten der Cyriakuskirche in der Innenstadt waren dann leerer als sonst. Dabei hat sie Preise in diesem Jahr gar nicht angehoben: 0,2 Liter Pils für zwei Euro, 0,3 für drei und der halbe Liter sogar für vier Euro. Es gibt fünf Sorten Pils, Alt und Weizen vom Fass. Von einem Einbruch allerdings spricht sie nicht. „Die Stammgäste sind auf jeden Fall treu geblieben, das sind ja immerhin fast 80 Prozent der Kundschaft“, sagt die Wirtin, die am Kirchplatz seit vielen Jahren eine Institution ist.

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Schließlich noch der Blick nach Norden, auf Kirchhellens letzte traditionelle Bierkneipe an der Hauptstraße: „Ja, der Sommer war etwas mau“, bestätigt Zlatka Furman, die das „Klosterstübchen“ im Winter von Bärbel und Dieter Werner übernommen hat. Aber inzwischen laufe auch das Biergeschäft wieder an, so die Wirtin. Eine Tendenz kann sie aber auf jeden Fall ausmachen: Es werde mehr alkoholfreies Bier verkauft als früher. Das kann sie mit Sicherheit sagen, denn bereits bei Werners hat sie oft zur Aushilfe am Zapfhahn gestanden.

Eines macht Zlatka Furman aber vor allem Sorgen – und damit ist sie sich mit Ramona Fleer vom Hürter und allen einig, die frische Gerichte anbieten: Wenn die Mehrwertsteuer auf Speisen in Kneipen und Restaurants von jetzt noch sieben auf wieder 19 Prozent angehoben werde, können sich alle warm anziehen – Gäste und vor allem die Wirtinnen und Wirte. Das wäre in diesen Zeiten von Inflation und steigenden Lebensmittelpreisen für alle nur eins: „Ein echter Tiefschlag in die Magengrube.“