Bottrop/Düsseldorf. Die Auszahlung aus dem Hilfsfonds für die Opfer des Apothekerskandals ist fast abgeschlossen. Nicht alle Antragsteller werden Geld bekommen.

Im Apothekerskandal um gestreckte Krebsmedikamente meldet das Gesundheitsministerium: Die Auszahlung aus dem zehn Millionen Euro schweren Hilfsfonds des Landes ist weitgehend abgeschlossen. Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann hat dem Landtag aber auch gesagt: Obwohl im Fonds noch Geld zur Verfügung stünde, werden einige Antragsteller kein Geld bekommen.

Der NRW-Landtag hatte den Hilfsfonds im Dezember 2021 eingerichtet, als klar wurde, dass die Opfer des Apothekerskandals wieder mal durch das Netz der Entschädigungsbürokratie fallen würden: Das Opferentschädigungsgesetz NRW greift zum Beispiel nicht. Voraussetzung für eine Entschädigung sei ein „vorsätzlicher, rechtswidriger tätlicher Angriff gegen eine Person“. Die sei hier nicht gegeben: Entschädigungsantrag abgelehnt. Vergeblich hatte Stadtmann-Opfer Heike Benedetti eine Petition in den Landtag eingebracht, das Gesetz zu ändern.

Mehr als 4000 Namen standen auf der Liste, die Opfer des Apothekerskandals durch die Innenstadt trugen bei ihren Kundgebungen. In 1706 Fällen  hat das Land jetzt je 5000 Euro aus dem „Unterstützungsfonds Bottrop“ bewilligt.
Mehr als 4000 Namen standen auf der Liste, die Opfer des Apothekerskandals durch die Innenstadt trugen bei ihren Kundgebungen. In 1706 Fällen hat das Land jetzt je 5000 Euro aus dem „Unterstützungsfonds Bottrop“ bewilligt. © Presse | Heinrich Jung

Angesichts dieses offenkundigen Unrechts hatte der Landtag den „Unterstützungsfonds Bottrop“ ins Leben gerufen und mit zehn Millionen Euro gefüllt. Anspruch auf eine „Billigkeitsleistung“ konnten die Patienten oder ihre Angehörige geltend machen, deren Fälle im Urteil des Landgerichts Essen aufgezählt worden waren. Wegen Millionenbetrugs an den Krankenkassen und Verstößen gegen das Arzneimittelgesetz hatte das Gericht 2018 den Ex-Apotheker Peter Stadtmann zu zwölf Jahren Haft verurteilt.

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Bei dieser Regelung wären wieder viele Opfer leer ausgegangen, hatte unter anderem der Rechtsanwalt Manuel Reiger im Namen von mehr als 30 Opfern beklagt: Viel mehr Opfer als die im Urteil Genannten seien geschädigt worden durch gestreckte Medikamente.

Nach einer Mahnwache und einem Gespräch mit Minister Laumann hatte der Landtag Anfang des Jahre die Antragsfrist verlängert und den Kreis der Anspruchsberechtigten erweitert auf „alle Personen, die nachweislich im Zeitraum vom 1. Januar 2001 bis zum 28. November 2016 im Reinraumlabor der ,Alten Apotheke’ individuell zubereitete Krebsmedikamente erhalten haben, beziehungsweise deren hinterbliebene Kinder oder Ehegatten bzw. Lebenspartner“.

Opfer des Bottroper Apothekers: Wer keinen Nachweis führen konnte, geht leer aus

Der Fallstrick in dieser Regelung liegt im Wort „nachweislich“. Diesen Nachweis nämlich konnten Antragsteller nicht führen, wenn ihre Angehörigen vor mehr als zehn Jahren gestorben waren. Nach Ablauf der Aufbewahrungsfrist hatten Ärzte und Krankenkassen die Unterlagen und damit die Machweise vernichtet.

In diesen Fällen werde das Land nicht zahlen, hatte der Minister dem Landtag schon Ende August mitgeteilt. „Uns war bewusst, dass die Nachweiserbringung für die Betroffenen sehr herausfordernd sein kann und dass die Nachweise auch nicht immer erbracht werden können, insbesondere, wenn die Ausgabe der Medikamente schon längere Zeit zurückliegt. Leider gab es jedoch keine andere Möglichkeit, den Erhalt der Medikamente nachzuweisen.“

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Diese Anträge gehören deshalb zu den rund 100 Fällen, in denen das Land bisher nicht gezahlt hat. In einigen Fällen können sich die Angehörigen noch Hoffnung machen, sagt Ministeriumssprecherin Denise Schmidt. Zum Beispiel wenn „noch Unterlagen fehlen oder Hinterbliebene sich noch untereinander abstimmen müssen“.

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Insgesamt hat das Ministerium nach ihren Angaben 1706 Anträge bewilligt, in jedem Fall wurde oder wird die „Billigkeitsleistung“ in Höhe von 5000 Euro ausgezahlt. Auch die Mandanten von Rechtsanwalt Manuel Reiger haben diese Summe bekommen. In ihren Namen hat der Anwalt jetzt an Minister Laumann ein Dankesschreiben geschickt: „Es war ihnen wichtig, sich nicht nur hart auseinanderzusetzen, sondern auch die Leistung des Ministers anzuerkennen.“

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„Für die Menschen ist die Zahlung gleichbedeutend mit einer Anerkennung ihrer jahrelangen Leiden“, schreibt Reiger dem Minister. „Diese Anerkennung ist ihnen viel wichtiger als die tatsächlich geleistete Zahlung und erleichtert auch den Umgang mit der Ungewissheit, die sie zeitlebens weiter verfolgen wird. Darüber hinaus sind wir uns auch bewusst, dass der Sonderfond keine Selbstverständlichkeit war, sondern ein großartiges Zeichen des Landes für den Zusammenhalt und die Menschlichkeit. Dafür gebührt Ihnen Anerkennung.“