Bottrop. Oberbürgermeister und katholischer Stadtdechant befürworten eine gemeinsame Entscheidung der Städte. Die Entscheidung trifft aber die Politik.
Die Nachricht, dass der 1991 verstorbene Gründer des Ruhrbistums, Kardinal Franz Hengsbach, vor Jahrzehnten junge Frauen sexuell missbraucht haben soll, lässt auch viele Bottroperinnen und Bottroper nicht unberührt. Und während Essen Bürgermeister Thomas Kufen schon verkündete, dass der nach dem Kardinal bekannte Platz in der Nachbarstadt umbenannt werden soll, stellt sich in Bottrop noch die Frage: Was soll mit der Kardinal-Hengsbach-Straße am Gelände der ehemaligen Zeche Prosper III geschehen?
Für Markus Elstner, Missbrauchsopfer vom berüchtigten Ex-Priester H. und Mitglied im Betroffenenbeirat des Bistums, ist klar: „Ich möchte, dass die Straße umbenannt wird.“ Er hatte am Mittwoch zusammen mit Missbrauchsopfer Wilfried Fesselmann der nun ebenfalls umstrittenen Hengsbach-Skulptur neben dem Essener Dom im Rahmen einer Mahnwache demonstrativ die Augen verbunden. Als Hinweis darauf, dass die Kirche bei Missbrauchsfällen jahrzehntelang weggeschaut habe.
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Auch den Umgang mit dem Fall von Kardinal Hengsbach kritisiert der Bottroper: Medienberichten zufolge soll der heutige Ruhrbischof Franz-Josef Overbeck schon 2011 von Vorwürfen gegen Hengsbach gewusst haben – in dem Jahr, in dem dem Gründerbischof das besagte Denkmal gesetzt wurde. Für Markus Elstner jedenfalls steht fest: „Es kann nicht sein, dass Straßen und Plätze nach Missbrauchstätern benannt sind. Ich als Betroffener dulde das nicht.“
Demgegenüber geben sich Oberbürgermeister Bernd Tischler, aber auch Stadtdechant und Propst von St. Cyriakus, Jürgen Cleve, noch zurückhaltend. Beide setzen vor allem auf eine einheitliche Handhabung bei einer möglichen Umbenennung von Straßen oder Plätzen, die nach dem Kardinal benannt worden sind. „Es ist sicher nicht wünschenswert, wenn es in einer Stadt noch eine Kardinal-Hengsbach-Straße gäbe, während die Nachbarstadt schon umbenannt hätte, sagen sowohl Bottrops Oberbürgermeister als auch der Stadtdechant.
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Bislang sei aber diesbezüglich kein Wunsch oder eine Aufforderung zum Handeln an ihn herangetragen worden., sagt Tischler Wenn das dann käme, müsste die Politik sich mehrheitlich für eine mögliche Umbenennung entscheiden. So eine Entscheidung trifft nie ein Oberbürgermeister allein. Wie auch in anderen Städten, zum Beispiel Essen oder Gladbeck, werde es natürlich auch Gespräche mit der Kirche dazu geben.
Jürgen Cleve könnte eine Entscheidung zur Umbenennung nachvollziehen und würde die durchaus begrüßen. Die Anzeichen, wie auch das offene Vorgehen in der Kommunikation der beiden beteiligten Bistümer Essen und Paderborn, sprächen für den Willen zur Aufklärung, wie auch die Tatsache, dass Opfer oder mögliche Zeugen offensiv gesucht werden. Aber natürlich könnten nicht mehr beide Seiten gehört werden wie in einem richtigen Prozess, da der Bischof tot sei.
Es stellt sich die Fragen nach dem Umgang mit weiteren Ehrungen
Neben einer möglichen Umbenennung von Straßen und Plätzen stellt sich auch die Frage, wie mit mit anderen persönlichen Ehrungen um zugehen ist. Hengsbach, ein Mitbegründer des Initiativkreises Ruhrgebiet, ist unter anderem auch Ehrenbürger der Universitäten Bochum und Essen, erhielt zwei Mal das Große Verdienstkreuz mit Stern, später auch mit Schulterband, der Bundesrepublik, eine ähnliche Auszeichnung auch der Republik Österreich und er ist „Bürger des Ruhrgebiets“.
Die Bottroper Kardinal-Hengsbach-Straße im Prosper-III-Viertel rückt den Namen in einen Kontext von Männern, die sich wie Hengsbach um Bergbau, Industrie, aber auch Gewerkschaftsbewegung verdient gemacht haben: Hugo Reckmann, Heinrich Gutermuth oder Otto Joschko.