Bottrop. Die Stadt Bottrop prüft die Nutzung von Bodycams für den Kommunalen Ordnungsdienst. Die Polizei nutzt die Kameras bereits erfolgreich.
Die Grünen machen Sicherheitsfragen und das abnehmende Sicherheitsgefühl in der Stadt demonstrativ zu ihrem Thema. Sie wollen darüber mit den Bürgerinnen und Bürgern sprechen. „Und das ohne Denkverbot“, betont Ratsfrau Andrea Swoboda. Das gilt offensichtlich auch für die Grünen selbst. Gerade erst unternahm die drittstärkste Kraft im Rat einen Vorstoß zur Ausrüstung des Kommunalen Ordnungsdienstes (KOD) in Bottrop mit sogenannten Bodycams. Dabei handelt es sich um Kameras, die eng am Körper getragen werden und Personen sowie die nähere Umgebung filmen können.
Mit ihrer Forderung stießen die Grünen im Hauptausschuss bei den meisten anderen Ratsleuten fast kommentarlos auf Ablehnung. In der Verwaltung aber bleiben die für Sicherheitsfragen zuständigen Ressorts deshalb nicht untätig. So macht auch Vize-Stadtsprecher Ulrich Schulze hinsichtlich des Bodycam-Einsatzes Skepsis unter den Ratsleuten aus, doch er erklärt: „Die Verwaltung arbeitet derzeit die Fragen, die damit in Zusammenhang stehen, auf – auch in Bezug auf Gründe, die möglicherweise für den Einsatz sprechen, und Gründe, die dagegen sprechen.“
Grüne hoffen auf abschreckende Wirkung auf Gewalttäter
Antworten erwartet der stellvertretende Stadtsprecher bis Juni. Dann könne sich die Stadt dezidiert zum Einsatz von Bodycams für ihren KOD äußern. Auch über die Arbeit des Kommunalen Ordnungsdienstes in Gänze werde die Stadt dann in einer Sitzung des Hauptausschusses ausführlich berichten. Denn auch dazu wollen die Grünen nach dem KOD-Umzug an die Kirchhellener Straße mehr erfahren. So fragten sie nach der Präsenz und Erreichbarkeit der Ordnungskräfte sowie den Öffnungszeiten des Ordnungsdienstes für die Bürgerinnen und Bürger.
Für die Grünen hat der Einsatz von Bodycams beim Ordnungsdienst einige Vorteile. Sie setzen auf einen abschreckenden Effekt auf Gewalttäter und auch auf die Verhinderung aggressiver Verbalattacken auf die KOD-Beschäftigten. Das diene nicht nur dem Schutz der Ordnungskräfte, sondern steigere auch das Sicherheitsgefühl der Bürgerinnen und Bürger, argumentiert Fraktionsvorsitzende Andrea Swoboda. Die Aufnahmen mit den körpernahen Kameras könnten außerdem bei der Aufklärung helfen, wenn es zu Straftaten komme.
Polizisten tragen die Kameras im Außendienst schon länger
Die Polizei setzt solche Bodycams daher längst ein. „Bodycams können deeskalierend wirken und kritische Einsatzsituationen entschärfen. Dadurch werden Einsatzkräfte vor Übergriffen geschützt“, erklärt Polizeipräsidentin Friederike Zurhausen. Seit 2019 hat das Polizeipräsidium die Geräte schrittweise eingeführt, inzwischen seien die Wachen voll ausgestattet und alle Polizistinnen und Polizisten, die die Bodycams in Einsätzen tragen, intensiv geschult worden, berichtet Polizeisprecher Andreas Wilming-Weber. Dabei ging es vor allem um die Befugnisse der Beamtinnen und Beamten.
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„Die Geräte sind nicht im Dauerbetrieb und dürfen nur angeschaltet werden, wenn es zur Gefahrenabwehr oder zur Verfolgung von Straftaten erforderlich ist“, erklärt der Polizeisprecher. Der Kameraeinsatz diene dem Schutz der Polizistinnen und Polizisten selbst oder auch Dritter vor einer konkreten Gefahr für deren Leib und Leben. „Die Kolleginnen und Kollegen müssen es vorher ankündigen, dass sie die Kamera einschalten, und sich hinterher auch dafür rechtfertigen“, erläuterte Andreas Wilming-Weber. Die Polizei habe die Erfahrung gemacht, dass es in den meisten Fällen, in denen die Bodycams eingeschaltet werden mussten, zu einer Beruhigung der Situation geführt hat.
Revierstädte statten Ordnungsdienste mit Bodycams aus
Die Grünen wollen daher erreichen, dass sich auch der Bottroper Stadtrat frühzeitig mit einer Optimierung der Ausstattung des Ordnungsdienstes befasst und dafür auch das nötige Geld bereitstellt. Die Anschaffung von Bodycams wie bei der Polizei gehört für sie auch beim KOD dazu. „Andere Kommunen haben sich schon auf den Weg gemacht“, stellt Andrea Swoboda fest. In Duisburg etwa stattet der Ordnungsdienst seine Beschäftigten jetzt mit solchen Kameras aus. Die Anschaffung der 110 Bodycams inklusive Schultergurt und Klick-Halterung wird Duisburg bis 2026 gut 150.000 Euro kosten, heißt es. Die Kameras sollen aber in jedem Fall noch in diesem Jahr zum Einsatz kommen.
Deren Wirkung hatte die Revierstadt im vorigen Jahr in einer Pilotphase getestet, weil sich Angriffe auf die Ordnungskräfte häuften. Die Tests ergaben, dass in 75 Prozent der Fälle eine Eskalation der Lage schon durch Einschalten des Displays der Kameras verhindert werden konnte. Meistens handelte es sich um verbale Angriffe auf die KOD-Kräfte. Eine ähnliche Testphase ist Mitte Februar 2023 auch in Gelsenkirchen angelaufen. Der Anlass ist derselbe: eine Vielzahl von verbalen und tätlichen Übergriffen. In der Schalke-Stadt hätten solche Attacken auf Beschäftigte des KOD und des Verkehrsüberwachungsdienstes zu 82 Strafverfahren geführt, heißt es.
Bottroper Schüler machen abends Bogen um den ZOB
Offene Tür bei den Grünen
Die Grünen in Bottrop, öffnen am Samstag, 4. März von 11 Uhr bis 14 Uhr wieder ihre Geschäftsstelle auf der Kirchhellener Straße 16-18. Eingeladen sind alle Bürgerinnen und Bürger, die die Geschäftsstelle innen kennenlernen und sich über aktuelle Bottroper Themen unterhalten möchten. Das Leitthema der Grünen lautet diesmal: Wie sicher fühlt sich Bottrop an?
Das Land erlaubt den Bodycam-Einsatz längst auch für städtische Ordnungskräfte. In Essen soll der Einsatz der am Körper getragenen Kameras daher demnächst ebenfalls für mehr Sicherheit sorgen. Die Stadt will alle Beschäftigten des Ordnungsdienstes und auch die Außendienst-Mitarbeiter der Ausländerbehörden in der zweiten Jahreshälfte 2023 mit Bodycams ausrüsten. In Bottrop halten unterdessen die Grünen die Diskussion über die Sicherheit in der Stadt in Gang. „Gibt es Angsträume und wenn ja, wo liegen diese?“, fragt Ratsfrau Andrea Swoboda fast schon suggestiv. Von einem dieser Angsträume wissen die Grünen ja auch nur zu gut – dem Zentralen Omnibusbahnhof (ZOB) am Berliner Platz.
„Ich selbst habe bei der Diskussionsrunde im Berufskolleg Bottrop von zirka 45 Schülerinnen und Schülern erfahren müssen, dass nur zwei von ihnen nach 20 Uhr den Bottroper ZOB nutzen würden“, sagt Sprecher Joachim Gutsche und macht klar, dass dies kein neues Phänomen sei. Denn vor über fünf Jahren konfrontierten Schülerinnen und Schüler der Willy-Brandt-Gesamtschule ihre Gäste mit einer ähnlichen Aussage. Auch CDU-Ratsherr Volker Jungmann hatte schon vor mehreren Jahren berichtet, dass Schülerinnen und Schüler der Bottroper Gymnasien abends den ZOB meiden. Joachim Gutsches Fazit lautet: „Auch eine gefühlte Unsicherheit schmälert die Attraktivität Bottrops und hier besonders der Innenstadt gravierend.“