Gelsenkirchen. Das Ordnungsamt in Gelsenkirchen ist mit Bodycams unterwegs. Wer noch Videokameras bekommt und welche Ziele die Stadt damit verfolgt.
Die heiße Phase beginnt mitten im Winter: Ab Freitag schwärmt ein Teil der Einsatzkräfte des Kommunalen Ordnungsdienstes (KOD) in Gelsenkirchen mit Bodycams an der Uniform aus. Die Testphase dauert drei Monate.
„Unser Ziel ist es, Übergriffen entgegenzuwirken und unsere Einsatzkräfte zu schützen“, betonen Stadtrat Simon Nowack und Hans-Joachim Olbering, Leiter des Referates Sicherheit und Ordnung, einen Tag vor Beginn der Testphase ab dem 10. Februar.
Maßgeblich dazu beigetragen, die Kontrolleure mit den Kameras auszustatten, hat eine Vielzahl von verbalen und tätlichen Übergriffen in den vergangenen zwei Jahren. „Als Dienstherr sind wir verpflichtet, uns schützend vor unsere Mitarbeiter zu stellen“, so die beiden Führungskräfte weiter. Die Attacken auf Mitarbeitende des städtischen Verkehrsüberwachungsdienstes und des KOD hatten zu insgesamt 82 Strafverfahren geführt.
Der Einsatz der Bodycams soll daher vor allem in zweierlei Hinsicht wirken. Sie dienen zum einen der Abschreckung potenzieller Aggressoren, zum anderen der Strafverfolgung bei der Beweisführung im Prozess.
Städtische Einsatzkräfte erhalten 55 Bodycams – auch Gelsenkirchener Ausländerbehörde
In den kommenden drei Monaten werden 16 Mitarbeitende drei unterschiedliche Modelle verschiedener Kamera-Hersteller einem Praxistest unterziehen. Ihre Bewertung dient als Entscheidungsgrundlage, „mit einem Modell nach der Testphase in den Dauerbetrieb überzugehen“, wie Olbering und Nowack weiter ausführen. Acht Kameras bekommt der KOD, vier die Verkehrsüberwachung und vier das sogenannte Rückführungsmanagement, also die Ausländerbehörde. Die Planungen der Stadt sehen außerdem vor, die Gewerbeaufsicht entsprechend auszustatten.
Der KOD-Mitarbeiter Fabio Ingenerf aus Raesfeld begrüßt die Einführung der Bodycams. „Für uns bedeutet das mehr Sicherheit, ich selbst bin schon bepöbelt und tätlich angegriffen worden“, sagt der 26-Jährige. Eine Kamera wirke weniger aggressiv als beispielsweise Schlagstöcke, davon ist Ingenerf überzeugt. Das Risiko, gefilmt zu werden, wenn man Ordnungskräfte attackiere, lasse zumindest unentschlossene Angreifer zurückschrecken.
Stadt Gelsenkirchen investiert rund 55.000 Euro in die Ausstattung mit Bodycams
Künftig werden die städtischen Einsatzkräfte mit 55 der rund 1000 Euro teuren Geräte auf Kontrollgang durch die Quartiere ziehen. Bis Mitte 2024 soll der KOD auf 100 Kräfte aufgestockt werden. Beim Schichtwechsel werden die Bodycams daher an die Kollegin und den Kollegen übergeben. Der KOD verfügt derzeit über 61 Mitarbeitende, die Verkehrsüberwachung über 37.
Zwei der drei Test-Modelle weisen im Unterschied zu den Bodycams der Polizei einen Bildschirm auf, die das Gegenüber der Einsatzkräfte zeigen. Der Gedanke dahinter: Es soll deeskalierend wirken, wenn potenzielle Aggressoren den „Spiegel“ vorgehalten bekommen und selbst sehen können, wie „daneben“ sie sich verhalten. Ob eines dieser Geräte dann den Zuschlag erhält, wird die Testphase zeigen.
Gelsenkirchen folgt mit der Einführung der Bodycams dem Beispiel anderer Kommunen wie Duisburg und Bonn, welche die Körperkameras bereits eingeführt haben und damit Möglichkeiten nutzen, die im Juni 2021 gesetzlich geschaffen wurden. Geregelt sind die Voraussetzungen zum Tragen von Bodycams im NRW-Ordnungsbehördengesetz sowie im Polizeigesetz.
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Der Einsatz der Körperkameras ist an enge gesetzliche Bedingungen geknüpft. Willkürlich gefilmt werden darf gar nicht, erlaubt ist es bei bedrohlichen Situationen. Zudem muss die Aufnahme angekündigt werden, dabei ertönt vom Gerät selbst ein akustisches Signal, ein optisches zeigt den Betrieb an.
Gespeichert werden die Aufzeichnungen 14 Tage, und zwar, wie die Stadt betont, nur das „strafrechtlich relevante Datenmaterial“. Die Einsatzkräfte selbst können die Daten nicht löschen. Im Zuge eines eingeleiteten Verfahrens wertet ein Richter die Aufzeichnungen letztendlich aus.