Bottrop. Stadt bietet für neue Konzepte vergünstigte Ladenmieten an. Udo und Elke Gartmeier fordern Gleichbehandlung mit der direkten Konkurrenz.

Das Sofortprogramm zur Belebung der Innenstadt erhält von vielen Seiten Lob – aber nicht von allen. Udo und Elke Gartmeier, Inhaber der Boutique Alette Fine Clothing an der Hansastraße, befürchten, dadurch als etablierte Einzelhändler benachteiligt zu werden. Wenn es dazu komme, dass neue Geschäftsinhaber in der gleichen Branche wie sie selbst zwei Jahre lang in durch Steuergelder mietsubventionierten Ladenlokalen agieren könnten, sei das Wettbewerbsverzerrung.

Bis zu acht Ladenlokale an der Bottroper Hansastraße werden dank Förderung belebt

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Dank eines Förderprogramm des Landes kann die Stadt Unternehmern mit innovativen Konzepten leerstehende Ladenlokale im Hansaviertel zu vergünstigten Mietpreisen anbieten. Der Vermieter reduziert seine Forderung auf 70 Prozent, die Stadt übernimmt davon einen hohen Anteil, so dass die Mieter am Ende nur 20 Prozent selbst begleichen. Bis zu acht Ladenlokale sollen dadurch rund um die Hansastraße belebt werden.

Eine Jury wählte aus eingereichten Konzepten bereits elf als förderungswürdig aus. Darunter sind, wie die Wirtschaftsförderung bestätigte, grundsätzlich auch zwei aus dem Modebereich: MW Textilhandel UG und Fashion Star.

Händler: Subventionierte Unternehmen wirtschaften unter anderen Voraussetzungen

Und das treibt Udo Gartmeier auf die Palme. „Wir haben hier eine Einzelhandelsstruktur, die ist gewachsen. Wir haben unseren Laden seit 40 Jahren. Nun haben wir die besondere Situation der Pandemie, die uns erhebliche Schwierigkeiten in der Umsatzgenerierung macht. Da ist es extrem störend, dass gerade in dieser Zeit Unternehmen integriert werden sollen mit Subventionierung.“ Denn diese könnten unter ganz anderen wirtschaftlichen Grundvoraussetzungen arbeiten, im Zweifel das gleiche Mode-Stück zu einem viel günstigeren Preis anbieten.

Den Ansatz der Stadt, die Innenstadt mit neuen Konzepten zu beleben, loben die Gartmeiers grundsätzlich. „Aber wir wollen eine Gleichbehandlung haben. Alle, die im Hansaviertel sind, müssen den gleichen Mietzins haben“, fordert Elke Gartmeier mit Blick auf mögliche neue Anbieter aus der Modebranche. „Ich bin sofort bereit, auch nur 20 Prozent zu zahlen“, meint Udo Gartmeier.

Wirtschaftsförderung: Kein neues Modegeschäft im Bottroper Hansaviertel

Nun versichert Projektleiterin Dorothee Lauter von der städtischen Wirtschaftsförderung auf Nachfrage der WAZ, dass zumindest im Hansaviertel zunächst wohl kein neuer Modeladen im Rahmen des Sofortprogramms Innenstadt etabliert werde. Denn: In der Jurysitzung über die eingereichten Konzepte mit unter anderem Vertretern vom Einzelhandelsverband, von der IHK und den Interessengemeinschaften hätten diese Kriterien eine wichtige Rolle gespielt: die Ergänzung des bestehenden Sortiments und innovative Geschäftsmodelle bzw. Produkte.

„Die beiden Modegeschäfte sind da gar nicht so hoch bewertet worden“, erklärt Lauter. Sie wurden demnach als grundsätzlich förderfähig eingestuft, aber gehören nicht zu den ersten acht Konzepten, die priorisiert in den leerstehenden Ladenlokalen im Hansaviertel umgesetzt werden sollen.

Sofortprogramm-Förderung ist nun auch fürs Rathausviertel geplant

Und selbst, wenn ein Modehändler gewissermaßen als „Nachrücker“ auf die Liste der ersten acht käme: „Wir haben im Moment kein Ladenlokal in dem Viertel, das dafür in Frage kommen würde.“

Vielleicht eröffnet der Antrag auf eine zweite Förderung aus dem Sofortprogramm Innenstadt des Landes aber eine neue Möglichkeit: Davon soll das Rathausviertel inklusive der Gladbecker Straße profitieren. „Hinter Fashion Star steht ein junger Unternehmer aus Bottrop, der will in den ganz hochpreisigen Bereich gehen.“ Und sich gerne in Richtung Gladbecker Straße orientieren. MW Textilhandel UG wolle vom Konzept her auf hochwertige Mode setzen und mit Jungdesignern arbeiten.

Durchsetzung am Markt

Udo Gartmeier sieht das komplett anders, aber für Dorothee Lauter steht außerdem fest: „Mieten alleine sind nicht ausschlaggebend.“ Die Mieten in der kompletten Innenstadt seien jetzt schon sehr unterschiedlich, reichten von rund 10 bis 40 Euro pro Quadratmeter. Auch in der Hansastraße gebe es bereits ein Mietgefälle von 50 Prozent. Letztlich müsse sich das neue Konzept am Markt durchsetzen.

Die Besorgnis des etablierten Einzelhändlers könne sie aus seiner Sicht nachvollziehen, teilt sie aber nicht. Letztendlich gebe es ja auch positive Erfahrungen bei der Clusterbildung: Je mehr Modegeschäfte es in einer Stadt gebe, desto mehr Kunden würden angezogen.