Bochum. Der Kampf um das Antoniusstift in Bochum ist vorbei: Das Heim ist pleite und wird wohl noch in dieser Woche den Betrieb einstellen, die letzten verbliebenen Bewohner sollen bis Freitag in andere Einrichtungen umziehen. Eine Bestandsaufnahme und Bewertung der Situation.

Matt und ausgelaugt baumeln die alten Bettlaken aus den Fenstern. „Wir bleiben hier“, künden die Aufschriften vom längst erschlafften Widerstand. Matt und ausgelaugt: das sind auch die Akteure des monatelangen, beispiellosen Tauziehens um das Antoniusstift. Das Verwaltungsgericht hat die Schließung abgesegnet. Das Heim ist pleite. Der Kampf ist vorbei – und kennt nur Verlierer. Eine Bestandsaufnahme und Bewertung

Die Bewohner

„Wir sind doch kein Viehtransport! Da muss uns schon die Polizei rausholen“, tönte Heinz Rozinski. Das war vor sechs Wochen. Niemals, bekräftigte der Bewohnerbeirat damals, werde man das Altenheim freiwillig räumen. Zwar lebt der 88-Jährige noch immer an der Humboldtstraße. Doch es ist leer geworden. Nur noch fünf Zimmer waren am Montag belegt: Endzeitstimmung. „Ich sage nichts mehr“, ist Heinz Rozinski tief verbittert. Bis Freitag sollen die letzten der einst 50 Bewohner in andere Heime umziehen. „Dabei werden die Wünsche der alten Menschen berücksichtigt“, sichern das Antoniusstift und das Sozialamt zu.

Fazit: Viel zu lange ließ der Heimträger Bewohner und Angehörige wider besseren Wissens im Glauben, das Stift könne, ja werde fortbestehen. Viel zu lange herrschte Funkstille zwischen Stift und Stadt (was auch in persönlichen Animositäten begründet lag). Nun müssen die meist kranken und dementen Senioren im Hauruckverfahren verteilt werden. Statt Einzel- gibt’s mitunter Zweibettzimmer, Gemeinschaften zerbrechen. Der Trägerverein mit Propst Ludwig an der Spitze hat (zu) hoch gepokert – auch auf Kosten der Bewohner.

Die Mitarbeiter

23 der einst 43 Beschäftigten sind von der Insolvenz betroffen. Viele fühlen sich instrumentalisiert: „Die Leitung hat gewusst, dass es nicht weitergeht. Aber wir mussten bis zum Schluss malochen!“ Von der Pleite habe man aus der Zeitung erfahren. Die Insolvenz sei gezielt herbeigeführt worden, um „uns gut und günstig loszuwerden“: heißt: allein über das Insolvenzausfallgeld der Arbeitsagentur. Ohne Sozialplan. Ohne Abfindungen. Ohne Abgeltung der 5000 Überstunden, die die Beschäftigten exakt aufgelistet haben. Die Ersatzarbeitsplätze seien „ein Witz“. Der WAZ liegen zwei Ausschreibungen des St.-Mauritiustiftes vor: zwar exklusiv für die Antonius-Mitarbeiter, aber nur für 15-Prozent-Teilzeitjobs. „Wie soll man davon leben?“, fragt eine Pflegehelferin.

Fazit: Für die nicht examinierten Beschäftigten wird es schwer, einen neuen Job zu finden. Auch hier ist Zeit vergeudet worden. Immerhin: Das Insolvenzausfallgeld sichert die nächsten drei Monate.

Das Antoniusstift

...wird wohl noch in dieser Woche den Betrieb einstellen. Die Rücklagen sind wegen der ausbleibenden Pflegegelder und Sozialleistungen aufgebraucht. Das Insolvenzverfahren soll am 1. August eröffnet werden. Damit endet das fünfjährige Provisorium, noch bevor für den Neubau an der Bessemerstraße der erste Bagger angerückt ist.

Fazit: Zwei Fehler sind für die Misere ausschlaggebend: Die Stadt hätte den Heimbetrieb im Gewerkschaftshaus 2008 niemals genehmigen und später verlängern dürfen. Propst Ludwig gibt als Bauherr und Krisenmanager eine unrühmliche Figur ab. Er gilt vielen Akteuren als größter Verlierer. „Alles wird gut“, hatte er propagiert – und damit alles schlechter gemacht.

18 der zuletzt 23 Bewohner des Antoniusstiftes leben seit wenigen Tagen in verschiedenen Bochumer Heimen. Für sieben Senioren fand sich Platz in einer Einrichtung in Lütgendortmund.

Für das Gebäude gibt es nach WAZ-Informationen mehrere Interessenten. Sie wollen hier Wohnungen und ein Apartment-Hotel einrichten. Der Antoniusstift e.V. will das Haus nur verpachten.