Bochum. .
Erstmals nach langer Zeit hat das Landgericht am Freitag die Sicherungsverwahrung verhängt, die „ultima ratio“, das letzte Mittel der deutschen Strafjustiz für Wiederholungstäter. Die 3. Strafkammer ordnete sie für einen 52-jährigen Kinderschänder an. „Er ist für die Allgemeinheit gefährlich“, sagte Richter Johannes Kirfel.
„Der Schutz von Kindern erfordert das zwingend. Dieser drastische Schritt musste geschehen.“ Richter Johannes Kirfel hat „keine Zweifel“, dass sich der angeklagte Kinderschänder (52) aus Wattenscheid auch in Zukunft wieder an Kindern sexuell vergreifen werde, wenn er aus der Haft entlassen würde. Deshalb verhängte die 3. Strafkammer am Freitag nicht nur eine dreieinhalbjährige Haftstrafe, sondern auch für die Zeit danach die unbefristete Sicherungsverwahrung (SV). Damit ist völlig ungewiss, wann der Täter wieder freikommt.
Rund die Hälfte seines strafmündigen Lebens hat der äußerlich unscheinbare Mann hinter Gittern verbracht. Wegen Raubes, versuchten Totschlags, Drogendelikte, Missbrauchs und Vergewaltigung eines Kindes und anderer Straftaten haben ihn die Gerichte schon 19 Mal verurteilt. Rund 19 Jahre war er deswegen eingesperrt. Zuletzt, 2010, saß er sechs Monate wegen Besitzes von kinderpornografischen Fotos ein.
Angeklagter lockte Opfer mit Gummibärchen
Die jetzt in Rede stehenden Straftaten passierten vor gut anderthalb Jahren im Gertrudis-Center in Wattenscheid, an drei verschiedenen Tagen. Laut Urteil wollte der Mann das Kind mit dem Versprechen von Geld zu sexuellen Handlungen überreden („Komm her, mein Schatz - und hol dir das Geld!“). Er küsste das Mädchen auf den Mund, so dass es aus Ekel sofort auf eine Toilette lief und sich den Mund wusch. Ein andermal fasste er es oberhalb der Bekleidung in den Schritt und machte obszöne Gesten. Außerdem hatte er das Kind und eine Freundin mit Gummibärchen in seinen Wagen zu locken versucht.
Seit September 2010, nur kurz nach seiner vorerst letzten Strafhaft, sitzt der Mann bereits wieder im Gefängnis, in U-Haft. Er wollte jetzt einen Freispruch. Das Kind habe ihn verwechselt, er wisse gar nicht, warum er hier sitze. Richter Kirfel sagte aber: „Es gibt keinen Zweifel, dass Sie der Mann gewesen sind.“
„Eingeschliffener Hang zu Straftaten, Aggression und Sexualdelikten“
Vor wenigen Wochen hatte das Bundesverfassungsgericht die hohen Hürden für die Anordnung der SV noch weiter verschärft. Nur noch in unerlässlichen Fällen solle ein Täter in die Sicherungsverwahrung. Die Bochumer Richter sahen hier so einen Ausnahmefall. Der Angeklagte habe „einen eingeschliffenen Hang zu Straftaten, Aggression und Sexualdelikten“, sagte Kirfel. Ein psychiatrisches Gutachten hatte „pädophile Nebenströmungen“ beim Angeklagten festgestellt.
Staatsanwältin Dr. Susanne Folkers hatte bereits vor Jahren versucht, den Mann in die SV zu sperren. Damals lehnten die Richter aber noch ab.
Das jetzige Urteil ist noch nicht rechtskräftig.