Bochum. Der einsame Mieter an der Kohlenstraße sagt: Ich gehe nicht! Auch die Stadt bleibt hart. Eine Hausbesetzung durch Aktivisten könnte näher rücken.
„Klaus bleibt!“ Darauf beharrt der „Solidaritätskreis Kohlenstraße“. Bei einer Demonstration in der Innenstadt wurden weitere Forderungen an die Stadt gerichtet. Ob es zu einer Hausbesetzung kommen könnte, lassen die Aktivisten offen.
Mieter hat sein Geburtshaus seit 74 Jahren nicht verlassen
Seit seiner Geburt vor 74 Jahren lebt Klaus Schmitt an der Kohlenstraße 135. Mit weiteren drei Häusern im Besitz der Stadt Bochum soll es abgerissen werden. Pläne sehen eine „gewerbliche Nutzung“ vor. Von neuen Büroflächen ist die Rede.
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Juristisch gibt es keinen Zweifel: Schmidt muss als letzter Mieter sein Geburtshaus verlassen. Die Stadt hat in letzter Instanz eine Zwangsräumung erwirkt. Die Frist lief im Dezember 2023 ab. Doch der Rentner weigert und wehrt sich. Über seine Rechtsanwältin hat er einen Räumungsaufschub beantragt. Als Grund führt Schmidt seine „angeschlagene psychische Verfassung“ an. Zudem hat er der Stadt vorgeschlagen, das Haus für 50.000 Euro zu kaufen. Nach seinem Tod fiele die Immobilie sofort an die Stadt zurück.
Stadt Bochum lehnt Kaufangebot über 50.000 Euro ab
Die Reaktion im Rathaus fällt unverändert eindeutig aus. Ein Kauf des Hauses wird abgelehnt. „Das war und ist für uns keine Option“, bekräftigt Sprecher Thomas Sprenger auf WAZ-Anfrage. Für eine Räumung würden „alle Schritte eingeleitet“.
Klaus Schmidt gibt nicht klein bei. Er pangert an, dass die Stadt die Häuser bewusst heruntergewirtschaftet habe, und droht, seine Wohnung „nicht lebend zu verlassen“. Dankbar zeigt er sich über den Beistand des Bündnisses „Gutes Wohnen in Bochum“. Im Dezember wurde eine Online-Petition gestartet. Aktuell sind 1134 Unterstützer verzeichnet. Die Petition soll demnächst an Stadtbaurat Markus Bradtke übergeben werden.
Solidaritätskreis verlangt: „Zwangsräumung stoppen“
Am vergangenen Samstag veranstaltete der aus dem Bündnis erwachsene „Solidaritätskreis Kohlenstraße“ eine Kundgebung am Technischen Rathaus. Klaus Schmidt und weitere Redner forderten die Stadt auf, die vier Häuser zu erhalten. Die insgesamt 25 Wohnungen könnten „in maximal drei Monaten mit wenig Aufwand bewohnbar gemacht“ und preiswert vermietet werden.
„Zwangsräumung stoppen!“, verlangten die rund 30 Kohlenstraßen-Aktivisten. Ob auch über eine Hausbesetzung nachgedacht werde? Die Bereitschaft, an der historischen Stelle nahe des Heusnerviertels „ein Zeichen für eine soziale Wohnungspolitik zu setzen“, scheint vorhanden. Allerdings warnen Hinweistafeln an drei der vier Häuser vor einer akuten Einsturzgefahr.
Netzwerk: Häuserreihe steht nicht auf der „roten Liste“
Derweil äußert das „Netzwerk für bürgernahe Stadtentwicklung“ Zweifel an der Darstellung der Stadt, die Gebäude seien abrissreif. Im jüngsten Verdachtsimmobilien-Kataster sei die Häuserreihe nicht unter den rot markierten, als abrisswürdig erachteten 13 „Problemimmobilien“ gelistet, erklärt Sprecher Wolfgang Czapracki-Mohnhaupt. „Wir möchten von der Stadt wissen, wie diese Einstufung mit dem Vortrag im Räumungsverfahren vereinbar sein soll.“
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Stellung nehmen auch die Stadtgestalter. „Die Häuser an der Kohlenstraße werden als Wohngebäude so nah an der Autobahn realistisch leider langfristige keine Zukunft haben“, heißt es in einer Mitteilung der Wählergruppe. Eine Notwendigkeit, den Abriss zu forcieren, bestehe allerdings auch nicht: „Stadt und SPD sollten zu ihren Fehlern stehen, die selbst geschaffene Situation hinnehmen und die Bemühungen zur Zwangsräumung einstellen.“