Bochum. Die Debatte um den Umbau des Ruhrstadions in Bochum hält an. Ein erster Blick in eine Studie zeigt jedoch, dass das schwierig werden könnte.

Die vielleicht überraschendste Nachricht aus den umfangreichen Studien, Bewertungen und Zusammenfassungen zum Ruhrstadion an der Castroper Straße in Bochum ist, dass ein Um- oder Neubau an dieser Stelle „völlig unrealistisch“ wird. Dies liege insbesondere an der Verkehrssituation, der Auslastung der Straßen, die nahe Wohnbebauung und nicht zuletzt an dem Zwang, schon bei mittleren Eingriffen in den Stadion-Bau ein neues Bebauungsplanverfahren mit vielen Risiken zu starten. Dies ist jedenfalls das Fazit der Wirtschaftsentwicklung Bochum.

Das haben wir bisher über die Ruhrstadion-Debatte berichtet

Die „theoretische“ Gesamtsumme für einen Umbau des Ruhrstadions läge bei rund 60 Millionen Euro, Würden jedoch, je nach Vorgaben, auch die Teuerungsraten der Baubranche eingerechnet, käme leicht eine Summe von bis zu 93 Millionen Euro heraus.

Die von der Wirtschaftsentwicklung Bochum vorgenommene Bewertung und Einordnung der Möglichkeiten am Standort Castroper Straße bezieht vor allem das Stadionumfeld mit der sehr nahen Wohnbebauung der Bereich Küpperskarree, Alexandrinen-/Küpperstraße, Vogelsiedlung und Quellenweg. In diesem Zusammenhang bekommt der Lärmschutz für die betroffenen Wohngebiete eine hohe Priorität.

Kritisch gesehen wird zudem die Straßenanbindung an die A 40 über nur eine Autobahnauffahrt, die mangelhafte Parkplatzsituation und nicht zuletzt die bereits jetzt bestehende problematische Anbindung an den öffentlichen Personennahverkehr.

Hauptproblem: Viele Hürden bei nötigem Bebauungsplan

Vor allem als schwerwiegendes Hemmnis erachtet wird außerdem die Tatsache, dass die Fachleute davon ausgehen, dass bei einem Um- und vor allem natürlich bei einem Neubau am Standort an der Castroper Straße ein Bebauungsplanverfahren auf den Weg gebracht werden müsste. Dabei hat die Stadt offenbar auch zumindest theoretisch mit der Möglichkeit gespielt, was wäre, wenn alle Wohngebäude im näheren und weiteren Umfeld angekauft würden. Dies wird jedoch als „wirtschaftlich nicht darstellbar und rechtlich nicht durchsetzbar“ erachtet.

Entscheidend für die Bewertung, dass eine Neu- oder Umbauplanung an der Castroper Straße „völlig unrealistisch“ sei, sei jedoch das Thema Bestandsschutz des Stadions. Dies bedeutet, dass bei größeren Änderungen eben dieser Schutz gefährdet sei. Dies gelte erst recht für die Option, dort ein um 90 Grad gedrehtes Stadion komplett neu zu bauen. Konkret bedeutet dies, dass Anwohner eine Aussicht auf Erfolg hätten, diese Planungen zu kippen.

Was an Material zum Ruhrstadion zur Verfügung steht

Die insgesamt 147 Seiten starke Dokumentation, die die WAZ jetzt einsehen konnte, gliedert sich in verschiedene Teile. Die Bewertung der Stadt bzw. der Wirtschaftsentwicklung geht aus von zwei umfangreichen Studien/Berichten des Frankfurter Planungsbüros Albert Speer & Partner.

Enthalten sind außerdem Bewertungen und Zusammenfassungen sowie Ausschnitte aus Präsentationen, die die Möglichkeiten einer Entwicklung an der Castroper Straße enthalten.

In unserer Berichterstattung gehen wir zunächst nicht ein auf ebenfalls in der Dokumentation enthaltene Finanzierungs- und Pachtmodelle des künftigen Stadions sowie auf die Entwicklungsmöglichkeiten des Nachwuchsleistungszentrums des Vereins.

Als großer Bestandteil der Kosten taucht die Summe zur Sanierung des Stadions ohne jedwede Neubauten in Höhe von rund 26 Millionen Euro in den Unterlagen auf. Grundlage dafür ist ein Projektbericht zur Darstellung des bautechnischen Zustands. Er listet akribisch Schäden und Erneuerungsbedarf auf. Das reicht von den zum Teil noch im Originalzustand 1978 befindlichen Sanitäranlagen bis zu modernen Brandschutzeinrichtungen und einer komplett neuen Bestuhlung.

Verworfene Idee: Riesige neue Osttribüne war angedacht

Die ursprüngliche Machbarkeitsstudie des Frankfurter Planungs- und Architekturbüros Albert Speer und Partner (AS + P) vom November 2021 hatte sich mit verschiedenen Möglichkeiten einer Entwicklung des Ruhrstadions am jetzigen Standort befasst. Dabei wurden verschiedene Möglichkeiten, von den Fachleuten Bausteine genannt, durchgespielt und -gerechnet.

Angefangen von einer verbesserten Zugangssituation zur Südtribüne (4,8 Mio. Euro Kosten), über den Neubau der Funktions- und VIP-Bereiche an der Haupttribüne (8,6 Mio. Euro) bis zu (theoretischen) Erweiterungen der Zuschauerkapazitäten. Hierbei wurde insbesondere der komplette Neubau, der dann deutlich größeren Osttribüne, mit einer Verschiebung des Spielfelds Richtung Osten durchkalkuliert (ca. 31 Mio. Euro).

Durch eine solche Maßnahme könnte eine theoretische Zuschauerkapazität von 33.320 Personen, 16.790 Sitz- und 14.900 Stehplätzen erreicht werden. Die Zahl sogenannter Business/VIP-Plätze auf der Haupttribüne wäre dabei auf 1300 Plätze gekommen. Doch folgt man der Bewertung der Stadt, sind all diese Prognosen und Ideen, jedenfalls was die Castroper Straße angeht, hinfällig.