Bochum. Bewegte Zeiten erlebt Bernd Rademacher im Ensemble des Schauspielhauses Bochum. Kaum einer kennt so viele Intendanten wie er. Ein Porträt.

Für einen Großen im Ensemble des Schauspielhauses Bochum brechen neue Zeiten an: Bernd Rademacher (68) ist seit Beginn dieser Spielzeit nicht mehr fest am Theater engagiert. Als Gast bleibt er dem Haus aber erhalten. Seine Rollen wie etwa den Polonius in „Hamlet“ und in der „Hermannsschlacht“ wird er weiterhin spielen, auch neue Projekte sind geplant. „Aber dass ich jetzt nicht mehr jeden Morgen auf der Probebühne stehen muss, ist schon ganz angenehm“, sagt er.

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Seit zwei Jahrzehnten im Dienst des Schauspielhauses Bochum

Rademacher gehört zu den dienstältesten und gewiss auch beliebtesten Darstellern in der Geschichte des Schauspielhauses, dem er seit 20 Jahren angehört. Von Claus Peymann bis Johan Simons hat er sechs Intendanten erlebt, so viele wie kaum einer vor ihm.

Die nächsten Spieltermine

Die nächste Gelegenheit, Bernd Rademacher auf der Bühne des Schauspielhauses zu erleben, bietet sich in „Die Hermansschlacht – Allerdings mit anderem Text und auch anderer Melodie“ am 14. und 23. Oktober. Die Vorstellung am 30. September fällt aus.

Den Polonius in der vielfach preisgekrönten „Hamlet“-Inszenierung von Johan Simons spielt er wieder am 24. und 25. September. Karten: 0234 33335555 und schauspielhausbochum.de

Sein Talent für die Bühne entdeckte er eher zufällig: Aufgewachsen in Recklinghausen, brachte sein Vater in jedem Sommer zahlreiche Theatergrößen zu Hause unter, die bei den Ruhrfestspielen auftraten. Peter Brogle oder Hartmut Reck: „Die übernachteten alle bei uns, was mir schon sehr imponiert hat“, erzählt Rademacher.

Erster Auftritt neben Diether Krebs

Dabei steckte eigentlich ein „mittelmäßig begabter Schlagzeuger“ in ihm: „Das hat für ein paar Bands gereicht.“ Trotzdem ging er zum Vorsprechen an die Essener Folkwang-Hochschule, malte sich unter 800 Mitbewerbern aber keine großen Chancen aus: „Dass ich direkt genommen wurde, hat mich selbst überrascht.“

Direkt sein erstes Engagement führte ihn 1980 nach Bochum, wo Claus Peymann kurz zuvor begonnen hatte: „Das Haus hatte einen wahnsinnigen Ruf, da wollte man unbedingt hin“, sagt er. Rademacher hatte hier seinen ersten Auftritt neben dem unvergessenen Diether Krebs, zog dann aber erstmal weiter: nach Essen, Karlsruhe und Mannheim. Zwölf Jahre spielte er in Wiesbaden, wo er Matthias Hartmann begegnete, der ihn 2002 zurück an die Königsallee holte.

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Erinnerungen an das „Wusical“

Schöne Rollen spielte Bernd Rademacher hier, wobei es oft die schrägen, leicht bräsigen Typen sind, denen er einen schillernden Anstrich verleiht. Gern erinnert er sich an „Mendy – Das Wusical“ 2003 in der Regie von Helge Schneider. „Das war ständig ausverkauft, wir haben einen irrsinnigen Applaus bekommen“, sagt er. Bei der Wiederaufnahme von „Hamlet“ neulich musste er daran denken: „Das war leider längst nicht so voll wie bei Mendy, aber die Leute haben auch gestanden und wunderbar applaudiert. Viel wärmer als früher. Das hat mir auch gefallen.“

In dem herrlichen Spaß „Die Hermannsschlacht – Allerdings mit anderem Text und auch anderer Melodie“ spielt Bernd Rademacher (Mitte mit Marius Huth, Michael Lippold, Veronika Nickl und Dominik Dos-Reis) den leicht bräsigen Hermann.
In dem herrlichen Spaß „Die Hermannsschlacht – Allerdings mit anderem Text und auch anderer Melodie“ spielt Bernd Rademacher (Mitte mit Marius Huth, Michael Lippold, Veronika Nickl und Dominik Dos-Reis) den leicht bräsigen Hermann. © Schauspielhaus Bochum | Birgit Hupfeld

Für viele ewig in Erinnerung bleiben wird seine Darstellung des demenzkranken älteren Herrn in „Vater“ 2016 neben Kristina Peters und Xenia Snagowski. „Das war eine harte Rolle, wobei unser Anspruch war, die Geschichte möglichst anrührend und auch lustig zu erzählen.“ Allzu nah an sich heran lässt Rademacher die Figuren, die er spielt, ohnehin nie: „Nach einer Vorstellung kam eine Frau auf mich zu, die Tränen in den Augen hatte“, erinnert er sich. „Das habe ich nicht verstanden. Ich habe es immer mit Marlene Dietrich gehalten, die mal so schön gesagt hat: ‚Ich mache am Abend meinen Job und gehe dann nach Hause‘.“

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Lampenfieber vor fast jeder Vorstellung

Ganz so cool ist der Job für ihn aber auch nicht: Rademacher erzählt, dass er nach all den Jahren noch immer unter riesigem Lampenfieber leidet. „Ich bin nervös vor beinahe jeder Vorstellung. Vor Premieren ist es besonders schlimm.“

Eine lebenslange Liebe verbindet Rademacher mit seinen Hunden. Oft sieht man ihn nach den Vorstellungen beim Gassigehen auf der Wiese hinter dem Schauspielhaus, wo er seinen Mischling Loukas ausführt, der im ganzen Theater beliebt ist.