Bochum-Grumme. Hunderte Menschen in Bochum-Grumme demonstrierten für Frieden in der Ukraine. Die Kette wurde nicht ganz geschlossen, aber das Zeichen war stark.
Es ist Jahrzehnte her, dass Klaus Held zum letzten Mal an einer Menschenkette teilgenommen hat. "Damals ging es um Atomkraft", erinnert er sich. Heute Abend ist er wieder Teil einer Menschenkette. Der Grund: Der Ukraine-Krieg, der Ende Februar mit der russischen Invasion begonnen hat.
"Das hat man sich nicht vorstellen können, dass in Europa noch einmal Krieg ausbrechen wird", sagt Brigitte Held, sichtlich betroffen. Das Ehepaar ist über den Krieg in der Ukraine bestürzt. "Wir haben Kinder und kleine Enkelkinder. Sie sollen in Frieden aufwachsen", sagen die Helds.
Initiiert von mehreren Akteuren im Bochumer Stadtteil
Deshalb war es für sie keine Frage, an der Menschenkette für den Frieden am Donnerstagabend (10.) teilzunehmen, die vom Verein "Leben im Stadtteil" im Stadtteilladen an der Ennepestraße sowie der Katholischen Kirchengemeinde Seliger Nikolaus Groß und der Evangelischen Kirchengemeinde Bochum initiiert wurde.
Die Aktion hatte sich wie ein Lauffeuer herumgesprochen: Über Mailverteiler von Kirchen, Aushänge in Kindergärten, Nachbarschafts-Apps, Zeitungsberichte oder eine Einladung der Nachbarn wurde der Stadtteil zusammengetrommelt. Halb Grumme kam so unter dem Motto "Zusammenstehen für den Frieden" an die Josephinenstraße.
Ursprünglicher Plan war es, eine geschlossene Kette von der katholischen St. Liborius-Kirche (Josephinenstraße 78) bis zur evangelischen Johanneskirche (Ennepestraße 15) zu spannen. Etwa 500 Menschen wären benötigt worden, um die Kette entlang der etwa einen Kilometer langen Strecke zu schließen.
Wenn auch nur ein kurzer Abschnitt am Ende fehlte: Das klappte am Donnerstagabend zum Bedauern vieler Teilnehmer nicht - und das, obwohl sich mehrere Vereine aus dem Stadtteil beteiligten. Mit von der Partie waren etwa der Lauftreff der DJK Preußen 1911 und der Kindergarten "Schatzinsel". Größtenteils kamen aber Privatleute zu den zwei Treffpunkten. Mit Schals jeder Couleur - um den Abstand zu wahren.
Teilnehmer wollen ein klares Zeichen setzen
Auch Familie Dohmen war dabei. Simeon (5) und Matheo (7) haben bereits geholfen, Hilfspakete für die Ukraine zu packen, auch in der Grundschule war der Krieg ein Thema. "Wir wollen den Kindern zeigen, dass wir selbst aktiv etwas tun können", sagen die Eltern.
Mit dem, was Putin veranstalte, sei man nicht einverstanden. Das Zeichen müsse deutlich sein. "Wir wären bereit, noch weitere Sanktionen mitzutragen. Auch, wenn das weiter steigende Preise zur Folge hat", sagt die Familie.
Beten und Spenden
Das trifft auch auf Karina Bandlow zu. "Frieden ist das Wichtigste in der Welt", sagt sie. Der Krieg sei in ihrem Umfeld ein großes Gesprächsthema. "Da kommen ganz neue Fragen hoch. Was tun wir, wenn hier so etwas passiert? Wohin gehen wir dann?", sagt die Bochumerin.
"Uns sind die Hände gebunden, wir können nur beten und spenden", sagt Brigitte Mühlberg, die extra ein Schild mit einer Friedenstaube gebastelt hat, welches sie nun um den Hals trägt. Wolldecken, Jacken und Geld habe sie bereits zur "Gesellschaft Donezk" gebracht. "Auch, wenn wir wenig Einfluss haben: Es ist wichtig, Menschlichkeit zu zeigen", ist sie sich sicher.
Frieden zu schätzen wissen
So sehen es auch Anke und Jil Koßmann. "Wir wollen heute einen Gemeinschaftssinn zeigen, den Putin nicht zu kennen scheint", sagen Mutter und Tochter. Man müsse zu schätzen wissen, dass man selbst in Frieden leben könne. Natürlich sind aus Sicht der Bochumer die symbolischen Aktionen nicht ausreichend. "Die wirtschaftlichen Sanktionen sind auch richtig und wichtig", sagt Jil Koßmann.
Luise Kalkof hofft noch auf einen weiteren Effekt: "Vielleicht würde Putin endlich umdenken, wenn das gesamte russische Volk auf die Straße ginge", sagt sie. Wegen der starken Repressionen sei ein solcher Schritt für die russischen Bürger aber natürlich mit viel mehr Mut verbunden. "In meinem Bekanntenkreis gibt es viele mit Angst vor einem Atomangriff", sagt sie. Tun sollte man aus ihrer Sicht vor allem eins: Auf die Straße gehen. "Je mehr das machen, desto besser".
Nachahmer willkommen
Um 18.15 Uhr läuteten zum Zeichen der Solidarität die Kirchenglocken der beiden Gemeinden. Im Anschluss hatten beide Kirchen eine Stunde lang für stille Friedensgebete und zum Anzünden von Kerzen der Hoffnung geöffnet.
Menschenketten gegen den Krieg in der Ukraine werden aktuell in ganz Deutschland gebildet: Vergleichbare Aktionen gab es beispielsweise auch in München, auf Helgoland oder durch Hildesheim. Auch die Menschen in Bochum-Grumme hoffen auf weitere Nachahmer.