Bochum. Im Rhein in Duisburg sind drei Mädchen ertrunken. Schwimmen in offenen Gewässern kann gefährlich sein. Viele Bochumer lassen sich nicht abhalten.

Anlauf, Kopfsprung, Erfrischung: So machen es in diesen heißen Tagen vielen am Ufer der Ruhr in Bochum-Dahlhausen. Die Liegewiesen sind voll, besonders junge Menschen sind gekommen. Doch was nach Badespaß aussieht, kann gefährliche Folgen haben. Erst 2019 ist hier eine Person ertrunken, am Rhein in Duisburg kamen am Mittwoch drei Mädchen ums Leben. Die DLRG in Bochum mahnt zu Vorsicht.

Manuel Feldmüller, Rettungsschwimmer bei der DLRG sagt über das Schwimmen an der Ruhr: „Das ist hier nicht wie im Schwimmbad, weder die Wassertiefe noch die Strömung kann richtig abgeschätzt werden“.
Manuel Feldmüller, Rettungsschwimmer bei der DLRG sagt über das Schwimmen an der Ruhr: „Das ist hier nicht wie im Schwimmbad, weder die Wassertiefe noch die Strömung kann richtig abgeschätzt werden“. © FUNKE Foto Services | Bastian Haumann

Manuel Feldmüller (34) und Rebecca Kelle (19) sind seit sie Kinder sind bei der DLRG Linden-Dahlhausen und seit einigen Jahren Rettungsschwimmer. Schon häufiger waren er und Kelle bei der Rettung von Schwimmern oder Kanu-Fahrern involviert.

Offene Gewässer: Tiefe und Strömung werden falsch eingeschätzt

Die beiden kennen die Tücken des Schwimmens in offenen Gewässern. „Das ist hier nicht wie im Schwimmbad, weder die Wassertiefe noch die Strömung kann richtig abgeschätzt werden“, erklärt Feldmüller.

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Wer sich trotzdem – auf eigene Gefahr – dafür entscheidet, schwimmen zu gehen, solle deshalb vorsichtig sein und sich an die allgemeinen Baderegeln halten. Das heißt: nicht einfach ins Wasser springen, sich vor der Sonne schützen, nicht mit vollem Magen oder unter Alkoholeinfluss schwimmen gehen.

Schwimmen in der Ruhr in Dahlhausen: eine Grauzone

Schwimmen in der Ruhr ist hier in Dahlhausen weder erlaubt noch verboten. Viele der Besucher nutzen das kühle Nass. „Das Baden gehört einfach dazu“, sagen zum Beispiel Julia (18), Leonie (18) und Linda (20). Die drei Mädels haben ihre Decken auf der Wiese an der Ruhr ausgebreitet. Trotzdem sind sie sich der Gefahr bewusst. „Man sollte nicht allein ins Wasser gehen und sich vor allem nicht überschätzen.“ Das rät auch die DLRG in Bochum.

Leonie, Linda und Julia genießen das Wetter an der Ruhr. Trotzdem: „Man sollte nicht allein ins Wasser gehen und sich vor allem nicht überschätzen“, wissen die drei Freundinnen.
Leonie, Linda und Julia genießen das Wetter an der Ruhr. Trotzdem: „Man sollte nicht allein ins Wasser gehen und sich vor allem nicht überschätzen“, wissen die drei Freundinnen. © FUNKE Foto Services | Bastian Haumann

Viele Besucher haben von dem Badeunglück in Duisburg gehört. So auch Musa (32), der gerne in der Ruhr schwimmt. Angst habe er dabei nicht, trotzdem sei auch er vorsichtig. „Ich gehe nicht alleine ins Wasser“, sagt auch er. Die Bochumerinnen Alex und Lisa erfrischen sich gerade am Rand der Ruhr, da wo beide gut stehen können. „Ich finde, dass man sich bei Flüssen schon mehr Gedanken macht als im Freibad“, sagt Lisa.

Junge Bochumer springen von der Fußgänger- und Radfahrerbrücke

Doch so vernünftig sind längst nicht alle – das zeigt sich immer wieder, gerade zum späteren Nachmittag, als sich das Ruhrufer mehr und mehr füllt. Nur wenige hundert Meter entfernt befindet sich die Fußgänger- und Radfahrerbrücke in Dahlhausen. Auch hier springen gerade sehr junge Bochumerinnen und Bochumer regelmäßig ins Wasser.

Doch genau das kann sehr schnell lebensgefährlich werden. „An dieser Stelle schwimmt oft Schrott im Wasser, seien es Motorräder, Fahrräder oder Einkaufswagen, die jemand dort entsorgt hat“, so Kelle. Von oben und auch aus dem Wasser sei nicht ersichtlich – die Verletzungen, die drohen, sind dramatisch.

Rebecca Kelle ist Rettungsschwimmerin. Sie kennt die Gefahren der offenen Gewässer.
Rebecca Kelle ist Rettungsschwimmerin. Sie kennt die Gefahren der offenen Gewässer. © FUNKE Foto Services | Bastian Haumann

„Man muss davor warnen, insbesondere wenn ich die Brückenspringer sehe, die da in die Ruhr springen“, sagt auch Bezirksbürgermeister Marc Gräf (SPD). In den vergangenen Tagen hier wieder viel losgewesen. „Wir haben immer wieder zusammen mit Polizei, Ordnungsamt und DLRG runde Tische veranstaltet und zum Beispiel die Zaunlage an der Brücke verändert“, sagt er. Doch auch das helfe nicht, manche würden sich einfach entlang hangeln, um ins Wasser springen zu können.

Zu wenig Schwimmkurse für Kinder

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„Euch will keiner die Abkühlung nehmen, aber das Brückenspringen ist inakzeptabel“, so Gräf, der beobachtet, dass es vor allem Kinder und Jugendliche seien, die sich in Gefahr bringen. „Das sind auch die Eltern gefragt“, sagt der Bezirksbürgermeister. Denn es gebe auch Eltern, die einfach daneben sitzen Doch klar ist auch: Noch mehr könne man nicht tun, um die Problematik zu verhindern. Gräf: „Wir können keinen Zaun um die Ruhr ziehen.“

Drei Freunde paddeln und schwimmen auf beziehungsweise in der Ruhr in Bochum. Doch: Die DLRG warnt vor dem Badespaß in fließenden Gewässer, da diese sehr schwer einzuschätzen sind.
Drei Freunde paddeln und schwimmen auf beziehungsweise in der Ruhr in Bochum. Doch: Die DLRG warnt vor dem Badespaß in fließenden Gewässer, da diese sehr schwer einzuschätzen sind. © FUNKE Foto Services | Bastian Haumann

Badestelle an der Ruhr in Dahlhausen

An der Ruhr in Dahlhausen sollte in diesem Sommer eigentlich eine Badestelle eröffnet werden – allerdings ohne Umkleiden oder andere Gebäude. Doch Stadtsprecher Thomas Sprenger teilt auf Anfrage mit: „Wir hätten dieses Versprechen gehalten, wenn Corona nicht dazwischengekommen wäre. Die Badestelle kann in diesem Jahr nicht eröffnen.“

Die Idee zur Badestelle hatte Ratsmitglied Peter Reinirkens (SPD) bereits 2017: „Die Stadt Essen war damals grüne Hauptstadt Europas und hat gezeigt, dass Baden in der Ruhr ein Thema ist, das die Leute begeistert. Daraufhin habe ich die Anregung an den Linden-Dahlhauser Schwimmverein weitergeleitet, der sich schnell für eine Badestelle eingesetzt hat“, erklärte er im vergangenen Jahr.

Dass der Antrag am Ruhrufer so groß ist, schiebt die DLRG auch auf die aktuelle Corona-Situation. „Viele Freizeitangebote fallen weg, die Plätze in Freibädern sind begrenzt“, schildert Feldmüller. Problematisch sei auch, dass viele über ein Jahr nicht mehr schwimmen waren und dementsprechend unsicher im Wasser sein. Hinzu kommt, dass die Schwimmausbildung pandemiebedingt fast ein Jahr geruht hat. „Die Folgen davon werden wir wohl erst in drei, vier Jahren zu spüren bekommen“, so Feldmüller.