Bochum. Regelmäßig springen junge Leute von zwei Brücken in Bochum-Dahlhausen in die Ruhr. Aus Spaß. Das ist lebensgefährlich. Die DRLG warnt davor.
Der Spaß ist den drei Jugendlichen in Badehose deutlich anzusehen, aber auch eine gewisse Anspannung. Sie stehen am späten Samstagmittag auf der Fußgänger- und Radfahrerbrücke, die in Höhe des Eisenbahnmuseums Bochum-Dahlhausen über die Ruhr führt. Einer klettert über das Geländer – und springt mit den Füßen voran in die Tiefe. Die anderen zögern noch etwas, einer ist vorher sogar noch nie gesprungen – doch dann folgen auch sie dem Vorspringer.
Glück gehabt! Nichts passiert! Alle drei schwimmen ans Ufer und trocknen sich ab. Nach einer kleinen Pause heißt es: Auf ein Neues.
Die Gefahr beim Springen in die Ruhr in Bochum wird verdrängt
Für die drei ist es ein Vergnügen, aber objektiv begeben sie sich in akute Lebensgefahr. Dass das Springen in Freigewässer sehr riskant ist, wissen sie. Sie räumen das ohne Herumdrucksen ein. Trotzdem springen sie. Einer sagt: „Ich habe vorher unten alles abgetaucht.“ Die Ruhr sei an der Sprungstelle drei bis vier Meter tief, das reiche ihm aus. Ein kleines Vorhängeschloss am Fuße des Geländer markiere die richtige Absprungstelle.
Sämtliche Behörden und der DLRG warnen vor solch einem Spektakel, solche einem Nervenkitzel. Auch Torsten Kelle, extrem erfahrene Rettungskraft beim DLRG Bochum: „Man kann den Leuten sagen, dass das Springen von der Brücke gefährlich ist, aber sie nehmen das nur zur Kenntnis und springen trotzdem. Die Leute wollen das nicht wissen.“ Einige würden sogar frech und aggressiv, wenn man sie anspreche. Sie seien uneinsichtig.
Ruhr ist in Bochum-Dahlhausen höchstens vier Meter tief
Die Absprungstelle ist mehr als fünf Meter hoch. Die Tiefe des Wasser an seiner tiefsten Stelle beträgt laut Kelle maximal vier Meter. Einige glauben, dass das nichts anderes sei als im Sprungbecken eines Freibades. Doch das könne man so nicht vergleichen, denn ein fließendes Freigewässer wie die Ruhr verändere immer wieder seine Beschaffenheit. Sei es durch Treibgut, ständig schwankender Pegelstand oder andere Einflüsse, die von oben nicht erkennbar seien. „Man weiß nie, was da unten liegt.“
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In der Nähe zum Ufer oder zum Mittelpfeiler der Brücke hin ist das Wasserstand auch deutlich niedriger, ohne dass man das sofort sieht. Einige junge Springer stürzen sich auch mit einem Köpper oder Salto in die Fluten.
Absperrung vor der alten Bahnbrücke ist ein Witz
Viele denken aber: Mir doch egal! Wird schon nix passieren! Regelmäßig bei schönem Wetter turnen sie nicht nur auf der Fußgänger- und Radfahrbrücke herum, sondern klettern auch streng verbotenerweise auf die nur wenige Meter entfernte Eisenbahnbrücke, die schon lange außer Betrieb und mit Stahlmattenzäunen abgeriegelt ist. Doch dieser Zaun ist ein Witz: Selbst Unsportliche kommen dort an einer Stelle mit zwei, drei Tritten und Griffen locker drüber.
Sie klettern sogar schräg hinauf auf den Bogen der Brücke, bestimmt zehn Meter hoch und springen in die Tiefe.
Durch Springen droht die Querschnittslähmung
Auch Ärzte warnen dringend vor diesem Brückenspringen. „Junge Männer riskieren mit Kopfsprüngen in Kanäle, Seen, Flüsse oder Pools häufig leichtsinnig ihr Leben“, sagt Privatdozent Dr. Mirko Aach, Leitender Arzt der Abteilung für Rückenmarkverletzte am Bergmannsheil Bochum.
Die Unfallklinik hat in diesem Jahr schon sechs Menschen aufgenommen, die nach einem Kopfsprung in unbekanntes Gewässer oder in einen zu flachen Swimmingpool querschnittgelähmt sind. 2018 waren es im gesamten Jahr nur drei Patienten, 2019 vier.
Einen tödlichen Badeunfall in Bochum gab es in diesem Jahr bisher nicht. Wohl aber in Witten: Ende Mai verletzte sich ein Mann mittleres Alters beim Sprung in einen Pool laut Polizei so schwer, dass er im Krankenhaus starb.
Torsten Kelle vom DLRG spricht noch ein weiteres Problem an: „Wir beobachten, dass vermehrt Brückenspringer direkt neben Wanderkanadier springen.“ Aus purem Spaß. Das sei besonders riskant für beide Parteien.
Ordnungsamt Bochum hatte schon größere Kontrolleinsätze
Die Ordnungsbehörden und wissen um das Problem, auch die Politik und die Bahn. Vor rund zwei Jahren gab es dazu bereits einen runden Tisch, woraufhin der Zaun verstärkt wurde. Allerdings nicht genug.
Das Ordnungsamt kontrolliert dort zwar, aber wegen Corona nicht so häufig wie früher. In der Vergangenheit gab es dort sogar schon größere Einsätze.