Bochum. Die Musical-Landschaft im Revier bröckelt. Der Starlight Express indes läuft und läuft und läuft. Von Krise ist im Bochumer Theater keine Rede.

Er läuft und läuft und läuft: Der Starlight Express strahlt seit mehr als 31 Jahren über Bochum. „Ein Wunder“, staunen Branchenkenner – vor allem seit in dieser Woche bekannt wurde, dass zwei Musical-Theater im Revier geschlossen werden.

Der Abgesang ist besiegelt: Der Hamburger Musicalbetreiber Stage Entertainment zieht sich aus dem Ruhrgebiet zurück. Der Spielbetrieb im Centro Oberhausen wird beendet, das Colosseum-Theater in Essen wird verkauft.

Die Besucherzahlen seien für einen rentablen Betrieb nicht ausreichend. Als nicht subventioniertes Privattheater konkurriere man im Ruhrgebiet mit einer der dichtesten Kultur- und Theaterlandschaften Deutschlands, heißt es bei der Stage-Gruppe. Derweil herrscht auch am Theater am Marientor in Duisburg Drama: Die Betriebsgesellschaft ist pleite, der Start des Musicals „Wallace“ ungewiss. Gerade mal 2000 Karten seien bislang für die 100 geplanten Shows verkauft worden.

410.000 Besucher werden bis Jahresende erwartet

Im Bochumer Starlight-Theater mag man man die jüngsten Entwicklungen bei der Konkurrenz nicht kommentieren. Das Sternen-Musical sei vom jüngsten Abwärtssog in der Heile-Welt-Branche aber keinesfalls erfasst, wird am Stadionring betont. Im Gegenteil: „Seit unserem Jubiläum zum 30-jährigen Bestehen 2018 haben wir stark wachsende Zuschauerzahlen zu vermelden. Das heißt: Unsere Entscheidung, die Show noch einmal zu überarbeiten und künstlerisch und technisch auf den neuesten Stand zu bringen, hat sich als richtig erwiesen“, erklärt Sprecherin Friederike Gerwe.

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Mit mindestens 410.000 Besuchern bis zum Jahresende rechnet die Mehr-BB Entertainment GmbH, die neben dem Starlight-Theater auch den Admiralspalast in Berlin, den Musical-Dome in Köln, das Capitol-Theater in Düsseldorf und das Mehr-Theater in Hamburg (ab Frühjahr 2020 mit Harry Potter) betreibt.

Produzenten betonen Identifikation mit der Stadt

„In Bochum sind wir außerordentlich zufrieden“, sagt Friederike Gerwe. Im Frühjahr wurde die 17-Millionen-Besucher-Marke durchbrochen.

Zahlen und Daten zum Starlight Express

89 Prozent aller Deutschen kennen den Starlight Express

Das wies 2017 eine Marktforschungsstudie aus. Die Allermeisten dürften das Musical mit Bochum in Verbindung bringen: beste Stadt- und Imagewerbung.

416.000 Besucher verfolgten in der vergangenen Spielzeit die Lok-Rennen

Bisher gab es 11.600 Shows. Über 16 Millionen Gäste waren es seit dem Start im Juni 1988: Weltrekord für ein Musical an einem Standort.

305 Mitarbeiter sind im Theater beschäftigt

Damit ist der Starlight Express auch ein bedeutender Arbeitgeber – auch wenn im Zuge der Jubiläumsshow einige Stellen im Orchester und in der Technik wegfallen.

49 Prozent der Besucher kommen aus NRW

Zehn Prozent kommen aus Baden-Württemberg, acht Prozent aus Bayern, jeweils sechs Prozent aus Hessen und Rheinland-Pfalz. Die meisten verbinden den Musicalbesuch mit mindestens einer Übernachtung. Der Trend geht zu Zwei- oder Drei-Tages-Touren. Dabei steuern die Musical-Touristen gern auch das Planetarium, das Bergbaumuseum, das Dreieck oder den Tierpark an.

60 Millionen Euro Jahresumsatz beschert Starlight der Stadt

Davon profitieren neben Handel und Gastronomie insbesondere die Hotels – vorneweg das Acora am Nordring: Mit 50.000 Gästen im Jahr ist es das führende „Starlight-Hotel“.

646.000 Übernachtungen gab es 2017 in Bochum

Zum Vergleich: 1987 waren es 166.000. „Diese enorme Steigerung ist nicht nur, aber vor allem Starlight zuzuschreiben“, sagt Stadtwerber Thomas Weckermann. Augenfällig: 2008 und 2013 gab es in der Hotellerie sprunghafte Zuwachsraten von acht Prozent: Es waren die Starlight-Jubiläumsjahre, in denen die Show – wie auch jetzt wieder – erneuert und aufgefrischt wurde.

88 Prozent der Gäste zeigen sich „sehr“ oder „voll und ganz“ zufrieden

So heißt es in einer Befragung aus dem Jahr 2018. 64 Prozent stehen einem erneuten Besuch offen gegenüber. Beste Voraussetzungen für eine erfolgreiche Zukunft des Musicals, das besonders viele Frauen anlockt: 61 Prozent der Besucher sind weiblich.

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Längst gilt der Starlight Express als weltweit erfolgreichstes Musical an einem Standort. Warum die Rollschuh-Produktion ein derartiger Dauerläufer ist? Von der „Einzigartigkeit der Bühnenkonstruktion“ schwärmen die Macher, von der Rasanz der Rennen der Lokomotiven und von einer Show, die alle Generationen erreiche: auch deutlich mehr Männer als bei Musicals üblich. „Hinzu kommt die hohe Identifikation der Stadt“, bekräftigt Friederike Gerwe: „Von den Stadtwerken über das Stadtmarketing bis zum Oberbürgermeister werden wir immer wunderbar unterstützt.“

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Gleichwohl bleibt Starlight ein Phänomen. Das, so wünscht man sich in Bochum, möge noch viele Jahre so bleiben. Denn das städtische Theater mit seinen sieben Shows pro Woche (in den Ferien acht) ist ein wichtiger Arbeitgeber. Zwar wurde zum 30. Geburtstag 2018 gespart – dank elektronisch gesteuerter Verfolgerspots braucht es nur noch einen statt sechs Beleuchter; die Starlight-Band schrumpfte von neun auf sieben Musiker. Über 300 Mitarbeiter vor und (meist) hinter den Kulissen sind es aber immer noch, die den Sternenhimmel anknipsen. So auch am Donnerstag zur Vorstellung Nummer 12.157.

Zum 30. Geburtstag wurde aus dem Starlight-Papa eine Mama (hier Reva Rice). Es ist eine der Änderungen, mit denen das Musical zukunftstauglich gemacht werden soll.
Zum 30. Geburtstag wurde aus dem Starlight-Papa eine Mama (hier Reva Rice). Es ist eine der Änderungen, mit denen das Musical zukunftstauglich gemacht werden soll. © Jens Hauer / Starlight

60 Millionen Jahresumsatz für Bochum

Ein bedeutender Wirtschaftsfaktor ist das Singspiel obendrein. 60 Millionen Euro Jahresumsatz beschert der Starlight Express der Stadt. Davon profitieren neben Handel und Gastronomie insbesondere die Hotels. Die meisten Gäste verbinden den Musicalbesuch mit mindestens einer Übernachtung.

Der Trend geht zu Zwei- oder Drei-Tages-Touren. Dabei steuern die Musical-Touristen gern auch das Planetarium, das Bergbaumuseum, das Bermudadreieck oder den Tierpark an.

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