Bochum. Das DFB-Sportgericht verhandelt am Donnerstag über den Einspruch des VfL Bochum gegen die Wertung des Spiels bei Union Berlin.
Mit Spannung blickt Fußball-Deutschland am Donnerstag nach Frankfurt. Das Sportgericht des Deutschen Fußball-Bundes hat am 9. Januar ab 13.30 Uhr die mündliche Verhandlung am DFB-Campus angesetzt, in der es um die Wertung des Bundesliga-Spiels zwischen Union Berlin und VfL Bochum am 14. Dezember geht (1:1).
Der VfL hat Einspruch eingelegt und setzt auf drei Punkte. Im Erfolgsfall würde das Schlusslicht mit dann acht Punkten mit Kiel gleichziehen und den Rückstand auf den Sechzehnten Heidenheim auf zwei Zähler verkürzen. Einen direkt vergleichbaren Fall gab es bisher nicht.
VfL-Trainer Dieter Hecking erwartet zunächst einmal nur, „dass sich das Sportgericht durch die Anhörung aller Beteiligten noch einmal ein Bild machen will. Wir werden es genauso, wie wir es in Berlin empfunden haben, kundtun. Und dann wird es beim Gericht liegen. Wir brauchen uns nicht zu verbiegen, wir haben nichts zu verbergen. Im Gegenteil, wir werden authentisch erklären, was aus unserer Sicht da passiert ist“.
Die beteiligten Bochumer müssten das, was ihnen da an diesem Samstagnachmittag widerfahren sei, wiedergeben und müssten sagen, was möglich gewesen sei und was nicht. „Da gibt es keinen neuen Stand von unserer Seite“, sagte Hecking. „Wir hatten alles bereits schriftlich niedergelegt.“
Feuerzeug trifft Drewes - Partie nach Unterbrechung fortgesetzt
Torwart Patrick Drewes war kurz vor dem Abpfiff von einem Feuerzeug, geworfen von einem Union-Anhänger aus dem Fanblock der Berliner, am Kopf getroffen worden. Er konnte nicht weiterspielen. Die Partie wurde nach rund 30 Minuten Unterbrechung fortgesetzt, der VfL hatte sein Wechselkontingent aber bereits ausgeschöpft, musste mit einem Mann weniger weiterspielen. Es blieb beim 1:1.
„Patrick Drewes wurde getroffen. Punkt. Und dann gibt es ein Regelwerk, das angewandt werden muss“, erklärte Bochums Geschäftsführer Ilja Kaenzig gegenüber dieser Redaktion bereits kurz vor Weihnachten.
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Dabei dürfe dann unter anderem die Schwere der Verletzung, die kurze Restspielzeit und der Umstand, dass sich die Teams auf einen Nicht-Angriffspakt verständigt hatten, keine Rolle spielen, argumentierte Kaenzig. Die Fortsetzung der Partie samt Nichtangriffs-Pakt ist ein Punkt, der bei der Verhandlung eine zentrale Rolle spielen könnte.
Federführend verständigt darauf hatten sich in der langen Unterbrechung in den Katakomben des Union-Stadions VfL-Trainer Dieter Hecking, Unions Geschäftsführer Horst Heldt und Schiedsrichter Martin Petersen. Wobei Hecking bereits vor Ort betont hatte, dass der VfL nur „unter Protest“ weitergespielt habe. Hecking, Heldt und Petersen sind vom DFB-Sportgericht als Zeugen geladen, ebenso wie die Bochumer Spieler Patrick Drewes und Felix Passlack. Dies teilte die DFB-Pressestelle auf Anfrage dieser Redaktion mit.
Die Zeugen müssten grundsätzlich persönlich erscheinen, so der DFB, aber: „In begründeten Ausnahmefällen kann das DFB-Sportgericht auf entsprechenden Antrag der Anhörung per Videoschalte zustimmen.“
VfL Bochum: Drewes muss vor Ort erscheinen
Der VfL Bochum hat für alle drei Zeugen einen entsprechenden Antrag gestellt, teilte der Klub auf Nachfrage dieser Redaktion mit. Am Donnerstag ist Training in Bochum, zwei Tage später spielt der VfL in Mainz. Ergebnis: Patrick Drewes muss vor Ort erscheinen, er verpasst damit das Training am Donnerstag.
Dieter Hecking indes kann das Training am Vormittag leiten, er werde per Videoschalte zugeschaltet, heißt es vom VfL. Ebenfalls zugeschaltet wird Felix Passlack, so der VfL am Montagabend. Damit kann er trainieren. Der Rechtsverteidiger wurde vermutlich als Zeuge geladen, weil er auf dem Platz kurz nach dem Feuerzeugwurf mit Patrick Drewes, teils hinter vorgehaltener Hand, gesprochen hatte.
Die Vereine können weitere Zeugen benennen - der VfL Bochum macht von diesem Recht Gebrauch. Laut Klub wird auf Wunsch des VfL Mannschaftsarzt Mark Sandfort ebenfalls bei der Verhandlung Rede und Antwort stehen. Sandfort war in Berlin Bochums Teamarzt, behandelte Drewes zuerst, brachte ihn ins Krankenhaus und fuhr ihn nachts zurück.
Diese Juristen vertreten den VfL Bochum in Frankfurt
Rechtlich vertreten wird der VfL Bochum vom renommierten Anwalt Dr. Joachim Rain von der Kanzlei Schickhardt und von Bochums Vereins-Direktor Recht, Jonas Schlevogt.
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Die Sitzung leitet Stephan Oberholz, der Vorsitzende des DFB-Sportgerichts. Seine beiden Beisitzer sind Dr. Marcus G. Tischler (DFB-Beisitzer) und Maik Franz (DFL-Beisitzer), so der DFB. Nach dem Urteil kann eine Partei mit einer Frist von einer Woche in Berufung zum DFB-Bundesgericht gehen.
Hass, Häme und Spott gegen Drewes im Internet
Torwart Drewes war nach dem Feuerzeugwurf in einem Berliner Krankenhaus noch weiter behandelt und untersucht und nachts vom Vereinsarzt nach Hause gefahren worden. Laut VfL hatte Drewes über Kopfschmerzen, Übelkeit und Unwohlsein geklagt. Ein Test auf eine Gehirnerschütterung war unauffällig, erklärte der Klub einen Tag nach dem Skandalspiel.
Im Internet bekam der Keeper Zuspruch, aber auch viel Spott, Häme und Hass-Kommentare ab. Auch aus mentalen Gründen, wie Trainer Hecking erklärt hatte, setzte der 31-Jährige zunächst mit dem Mannschaftstraining aus, kehrte nach ein paar Tagen aber ins Teamtraining zurück und stand beim Ligaspiel des VfL gegen Heidenheim kurz vor Weihnachten wieder im Tor der Bochumer. Acht Tage nach dem Feuerzeugwurf wurde er von den eigenen Fans gefeiert, der VfL blieb erstmals ohne Gegentor, gewann mit 2:0.
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